Höllgasse - Thriller (German Edition)
sie ahnte damals nicht, wie besessen er von ihr war. Ja, er war eifersüchtig gewesen, aber das waren viele Menschen. Erst als sie sich trennten und er ihr auflauerte und sie belästigte wurde ihr bewusst, welch ein Psychopath er wirklich war. Er kam nicht mit der Trennung klar. Er schickte ihr Liebesgedichte, Geschenke, Blumen. Er flehte sie auf Knien an, ihm noch eine Chance zu geben. Doch für Tamara gab es nur noch Tobias. Sie hatte sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Er war einfach alles für sie. Er war perfekt.
Auch Tobias legte sich wieder hin. Ihm war nicht heiß. Er spürte die Hitze nicht, denn er zitterte. Er stand unter Schock. Er konnte nicht fassen , in was für einer Lage sie sich befanden. Es war einfach unglaublich. So etwas gibt es doch nicht. Es konnte nur ein Alptraum sein. Doch die höllischen Schmerzen versicherten ihm, dass es Realität war. Er war in einem Kellerloch gefangen, war seinem Peiniger gnadenlos ausgeliefert. Normalerweise hätte er einen Typen wie Toni leicht fertiggemacht. Er war durchtrainiert und gut in Form. Toni hingegen war ein Lüftchen im Wind, ein Computerfreak. Er hatte noch nie verstanden, was Tamara an ihm gefunden hatte. Doch er hatte den Typen ehrlich unterschätzt. Nie wäre er auf die Idee gekommen, dass Toni eine Gefahr war. Im Gegenteil. Er und seine Freunde hatten sich über ihn lustig gemacht. Er las alle Briefe und SMS, die er an Tamara schickte und machte sich lustig darüber. Jetzt schämte er sich ein wenig dafür. Er hatte diesen Mann verletzt. Einen Mann, der zu allem fähig war. Wie würde es weitergehen? Was für Spiele hatte er noch auf Lager? Tobias versuchte, die Decke über den Körper zu ziehen, doch seine gesamte Hand schmerzte so sehr, dass er nach wenigen Sekunden aufgab. Er hörte Tamara laut atmen und hoffte, sie konnte ein wenig schlafen.
Ein Stockwerk über ihnen feilte Toni bereits an einem neuen Plan. Er wollte Tamara und das unbedingt. Er wollte sie wieder komplett haben. Mit allem, was dazugehört. Doch er wollte auch, dass sie ihn wollte. Er würde einen Weg finden. Von einem schwulen Freund hatte er von „Poppers“ gehört. Das war ein Medikament, das enthemmend wirkte. Schwule Männer benutzen diese Droge oft, um weniger Schmerz zu spüren. Doch die Wirkung dauerte nur zehn Minuten. Das reichte ihm nicht. Er wollte mehr. Im Internet fand er Informationen über eine andere Partydroge, die ihre Opfer wehr- und willenlos machte. Im Netz nannte man sie auch die Vergewaltigungsdroge. Er kannte sich im Internet gut aus und hatte viele Kontakte. Er würde jemanden finden, der ihm diese Droge besorgte. Ganz sicher. Toni fühlte sich wie ein anderer Mensch. Es fühlte sich gut an, die Macht zu haben. Die hatte er noch nie in seinem Leben gehabt. Er gehörte eher zu den Außenseitern. Umso erstaunter war er damals, als Tamara sich in ihn verliebte. Er gehörte plötzlich dazu. Er hatte eine tolle Freundin und endlich ein Leben. Doch wie es sich herausstellte, hatte Tamara die Macht. Als sie ihn nicht mehr wollte, gehörte er auch nicht mehr zur Clique dazu. Alle schlugen sich auf ihre Seite. Sogar der neue Typ wurde akzeptiert. Toni war vergessen. Als hätte er nie dazugehört. Doch jetzt hatte er das Sagen. Er konnte bestimmen, wo es langging.
Emilia gab ihre Täterbeschreibung beim Polizeichef ab. Somit war ihre Arbeit getan. Sie konnte Horst nicht mehr helfen. Sie musste zurück nach München. Es waren Tage vergangen, ohne jeglichen Fortschritt. Es würde hart werden für Horst, das wusste sie, doch sie hatte damit nichts mehr zu tun. Sie verabschiedeten sich kurz und kühl.
Horst saß an seinem Schreibtisch und kaute auf einem Bleistift herum. Emilia war weg. Er hätte ihr sagen sollen, dass es ihm leid täte, was er damals gemacht hatte. Doch er konnte wie immer nicht über seinen eigenen Schatten springen. Er hatte Angst davor, sich diese Blöße zu geben. Das war schon immer sein Problem. Lieber fraß er alles in sich hinein, als nur einmal mit der Wahrheit herauszurücken. Ungefähr ein Jahr nach der Trennung damals bekam er das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Er träumte von Emilia, er dachte an die schöne Zeit zurück. Er wollte sie wieder haben und er hoffte, sie würde zu ihm zurückkommen, doch sie kam nicht. Nie hätte er selbst zugegeben, dass er etwas falsch gemacht hatte. Nie wäre er auf die Idee gekommen, sie um Verzeihung zu bitten. Was war er nur für ein bemitleidenswertes Arschloch geworden? Er
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