Höllgasse - Thriller (German Edition)
keine Angst. Das musste sich ändern. Der Schuss, der sich löste, hallte durch den Raum. Und der Schrei, den beide ausstießen, ging Toni durch Mark und Bein. Er sah wie sich Tobias zusammenkrümmte und zitterte. Der Schuss ging nur in die Decke, doch er hatte seine Wirkung nicht verfehlt.
„Bist du wahnsinnig.“ Tamara schrie ihn an.
„Ich mache es. Ich mache es. Ich mache es.“ Fast hätte Toni den Moment verpasst. Sie legte ihre rechte Hand auf die heiße Herdplatte. Die linke presste sich auf die rechte. Die Platte zischte. Fleisch verbrannte. Sie schrie und schrie und schrie.
Der grelle Schrei hallte durch den Raum. Tobias und Toni standen stocksteif da und beobachteten das Schauspiel. Sie drückte die Hand fest auf die heiße Herdplatte. Es tat Toni in der Seele weh, das zu sehen. Der Schrei strömte durch seinen Körper. Sie hörte nicht mehr auf. Plötzlich schrie Tobias.
„Nimm die Hand weg verdammt nochmal. Nimm sie weg.“ Doch sie hörte ihn nicht. Sie hörte nichts mehr. Sie spürte nur noch den Schmerz. Sie hatte so etwas noch nie zuvor gespürt. Es fühlte sich an , als würden ihre Knochen verbrennen. Der Schmerz durchfuhr ihren ganzen Körper. Doch sie konnte die Hand nicht wegnehmen. Sie würde die Hand nicht wegnehmen. Nein, sie würde diesem Arschloch beweisen, dass sie Tobias liebte und ihn selbst hasste. Nichts würde er gegen diese Liebe tun können – nichts. Plötzlich wurde der Schmerz weniger. Sie fühlte sich leicht und beschwingt. Sie spürte nichts mehr.
Toni war zu ihr gestürzt und hatte ihr die Hand weggerissen. Das verbrannte Fleisch roch übel. Als er die Hand von der Platte zog , blieb eine ganze Hautschicht darauf kleben. Es war ekelhaft. Tamara fiel einfach zur Seite und blieb liegen. Sie war bewusstlos. Das war eine Schutzreaktion des Körpers. Toni schwitzte. Er konnte nicht glauben, dass sie es wirklich getan hatte. Es hatte sich nicht so gut angefühlt wie gedacht. Er ließ sie liegen. Als er sich umdrehte sah er, dass Tobias die Hand auf die Platte legte. Er schrie nicht. Er biss sich auf seine linke Hand bis sie blutete. Seine Augen traten weit hervor. Dieses Bild fühlte sich gut an. Er sah seinen Nebenbuhler leider. Er sah das schmerzverzerrte Gesicht des Mannes, der ihm seine Tamara genommen hatte. Seine Augen tränten. Es musste die Hölle sein, doch das war erst der Anfang. Toni sagte nichts, er drehte sich um und ging. Er fühlte sich so gut wie lange nicht mehr. Toni litt und das wollte er. Und wenn Tamara wieder erwachte, würde sie ebenfalls leiden. Er hatte auch gelitten. Monatelang. Keinen hatte es interessiert. Neben der Befriedigung fühlte er noch etwas anderes. Er war erregt. Und es war das erste Mal, seit sie ihn verlassen hatte, dass er ein Gefühl des Verlangens ins sich trug.
Tamara spürte ein Pochen in ihrer rechten Hand. Es wurde immer schlimmer und schlimmer. Langsam kam sie wieder zu sich. Was war geschehen? Warum tat ihre Hand so weh? Doch dann fiel es ihr schlagartig wieder ein. Die heiße Herdplatte. Der Gestank von verbranntem Fleisch. Die Hitze. Die Schreie. Toni, der sie anstarrte. Sie sah ihre Hand an, die wie rohes Fleisch aussah. Sie konnte sie nicht bewegen, dieser Schmerz war unbeschreiblich. Sie versuchte sich aufzusetzen. Dann sah sie zu Tobias. Er lag auf dem Rücken. Seine Hand lag neben ihm. Er hatte es also auch getan. Emilia versuchte, ihre Hand zu einer Faust zu machen, doch es ging nicht. Es war so wahnsinnig heiß. Sie sah, dass die Herdplatten noch an waren. Sie kam an den Schalter von ihrer Platte, doch die von Tobias konnte sie nicht erreichen.
„Tobias? Bist du wach?“
Er drehte sich zu ihr.
„Ja, wie geht es dir?“
Sie fing an zu weinen. Sie konnte nicht glauben, in was für eine Hölle sie geraten waren. Nie hätte sie Toni das zugetraut.
„Hör auf zu weinen, Schatz. Ich bin bei dir. Wir schaffen das.“
Doch sie konnte nicht aufhören zu weinen. Es war, als sei ein Damm gebrochen. Sie konnte nicht aufhören. Es tat so gut zu weinen. Es lenkte sie von ihrem Schmerz ab. Was würde noch alles kommen? Zu was war er fähig?
Sie schwitzte am ganzen Körper. Es war ein grauenhaftes Gefühl. Als wäre sie in ihrem eigenen Körper gefangen. Sie legte sich wieder auf den Rücken. Versuchte ihre Hand zu vergessen. Sie dachte an die Jahre, die sie mit Toni verbracht hatte. Es war schön gewesen, ja, aber geliebt hatte sie ihn nie wirklich. Sie wusste immer, dass sie nicht zusammenbleiben würden. Doch
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