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HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

Titel: HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JOANNA MAITLAND
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ihres weinroten Reitkostüms hoch und eilte den Pfad entlang auf ihn zu. Sie wusste, dass sie in dem neuen Kleid mit dem passenden kleinen Hut blendend aussah, und sie hatte nicht die Absicht, diese zweite Begegnung zu verderben.
    „Major Stratton.“ Hugo wirkte angespannt, und sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Bei ihrem Anblick war er stehen geblieben. Sie trat näher und streckte ihm ihre behandschuhte Hand entgegen. „Guten Morgen“, begrüßte sie ihn.
    Es dauerte eine Weile, bis Hugo seinen Stock in die Linke nahm und Emmas Hand schüttelte. „Guten Morgen, Madam“, erwiderte er.
    Emma entdeckte in seiner tiefen Stimme keinen Hauch von Wärme und auch kein Zeichen dafür, dass er ihre Begegnung zu verlängern wünschte. Aber sie würde auf keinen Fall nachgeben. „Ich sehe, ich hätte Ihnen gestern nicht so leichtherzig glauben sollen, Sir“, begann sie heiterer, als ihr zumute war.
    Er betrachtete sie skeptisch, ehe er sich wieder mit seinem Spazierstock beschäftigte.
    „Sie sagten, Sie könnten nicht sehr weit laufen, oder? Und nun treffe ich Sie hier in beträchtlicher Entfernung vom Haus. Mir scheint, Sie haben mich zum Besten gehalten, Sir.“ Sie sah ihm direkt in die Augen, damit er das herausfordernde Funkeln darin bemerken konnte.
    Er hielt ihrem Blick lange Zeit stand, doch sie konnte nichts darin lesen.
    „Sogar Krüppel machen Fortschritte, Madam“, versetzte er leise. „Je mehr ich mich bewege, desto besser werde ich. Wäre es Ihnen lieber, wenn ich mich niederlege und langsam dahinwelke?“
    „Ganz gewiss nicht. Wie kommen Sie darauf?“
    Die Andeutung eines Lächelns erschien auf Hugos Gesicht, während sie sprach.
    Emma verlor die Beherrschung. „Sie sind unmöglich, Hugo Stratton! Dünnhäutig und dickköpfig. Sie sind überzeugt, jeder freut sich an Ihrem Unglück und fühlt sich von Ihren Narben abgestoßen. Sie glauben, ich hätte Sie eingeladen, um meinen Gästen billige Unterhaltung zu bieten. Sie denken …“ Sie schüttelte so heftig ihren Kopf, dass die lange rote Feder an ihrem Hut ihre Wange streifte. „Was immer Sie auch denken mögen, Sie irren sich“, fuhr sie ruhiger fort, als er etwas äußern wollte. „Als ich ein Kind war, waren Sie mein Freund. Und gestern wünschte ich mir so sehr, dass Sie es noch wären, dass ich einfach nach draußen stürmte, sobald ich erfuhr, wer da bei Richard und Dickon saß, ohne abzuwarten, was Jamie mir sagen wollte. Ja, ich war sehr erschrocken, als ich Sie dann sah. Und ich … ich möchte mich für mein schlechtes Benehmen entschuldigen. Ich hoffe, Sie verzeihen mir.“
    Wirkte Hugos Miene etwas weniger abweisend? Emma wagte ein kleines Lächeln. „Ich hoffe, wir können wieder Freunde sein.“
    Hugo seufzte. „Ich bin nicht länger der Junge, den Sie einst kannten, Miss Fitzwilliam“, erklärte er schließlich.
    „Nein“, entgegnete Emma. „Aber ich glaube nicht, dass das einen Unterschied macht.“
    Hugo zog eine Braue hoch, die unverletzte. „Nicht?“
    Diese kleine Bewegung erinnerte sie an etwas – damals, vor Jahren, da war diese Geste stets von einem leisen Lachen begleitet gewesen …
    „Major Stratton!“ Emma schaute Hugo misstrauisch an. „Mir scheint, Sie machen sich über mich lustig.“
    Nein, sie musste sich täuschen, denn sein Gesicht zeigte keine Spur von Heiterkeit, als er einen Schritt auf sie zu machte. Automatisch trat Emma zurück, doch der Absatz ihres Reitstiefels blieb am Saum ihres langen Kleides hängen, und sie verlor das Gleichgewicht.
    Sie wurde von starken Armen vor einem Sturz bewahrt, und im selben Moment hörte sie, wie Hugos Stock klappernd auf die Steine am Wegesrand fiel.
    Emma stockte der Atem. Im Vergleich zu Hugos so schwächlich wirkender Gestalt war der Griff, mit dem er sie hielt, erstaunlich kräftig. Stark, und trotzdem sanft. Wie seltsam, dass …
    „Alles in Ordnung, Madam?“
    Seine Frage brachte sie wieder zur Besinnung. Wenigstens hatte jetzt seine Stimme den kalten, harten Klang verloren.
    Mit ihrer freien Hand zog Emma den Saum der Schleppe unter ihrem Fuß hervor. Sie spürte Hugos Wärme überdeutlich durch den Stoff ihres Ärmels. Nie zuvor hatte sie etwas Derartiges empfunden.
    „Miss Fitzwilliam?“
    Emma errötete. Was dachte sie da nur? „Vielen Dank, Major.“ Sie lächelte ihn von unten herauf an und zwang sich, das Lächeln beizubehalten, als er sie losließ. „Gestatten Sie mir eine Bemerkung, Sir. Sie sind weitaus stärker, als Sie

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