Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
Gebäuden? Was zum Teufel soll denn das sein? Ich bin Taxifahrer, keine Putzfrau. Aber sie ist natürlich an alldem nicht schuld, und es gibt ohnedies wenig Leute, die mir (oder wem auch immer) Hilfe anbieten … deshalb will ich nett zu ihr sein. Wenn ich den Zettel wegwerfe, dann so, dass sie es nicht sieht.
»Danke schön«, sage ich.
Sie blickt mich unsicher an. »Sie haben wirklich nichts …« – sie zeigt auf den Computer – »nichts von alldem getan, oder?«
»Hab ich nicht.«
Sie wirft mir denselben misstrauischen Blick zu, den ich von Inspektor Dave und Power-Grinser kenne, und auch von meinem Anwalt. Mir reicht das jetzt schön langsam, mir immer wieder den Arsch aufreißen zu müssen, um einen glaubwürdigen Eindruck zu machen. Jedes Mal, wenn ich diesen Blick jetzt sehe, muss ich das Bedürfnis unterdrücken, diabolisch zu lachen oder einen Robert-artigen Kommentar über die trivialen Beschwernisse des Mordgeschäfts vom Stapel zu lassen: Ich hasse es, wenn abgetrennte Arme partout nicht in ein Fünfzigliterfass passen, wie geht es Ihnen damit? Und lecken Sie mich am Arsch, wenn ich Ihnen unsympathisch bin. Ich bin jetzt ein freier Mensch.
Dort, wo früher mein Blinddarm war, fährt mir ein stechender Schmerz ein.
Verdammt. Ich hab keine herausnehmbaren Organe mehr. Haben die mich falsch zugenäht? Vielleicht nur eine Hoffnung.
»Vielen Dank nochmal«, sage ich mit vor Schmerzen heiserer Stimme. »Ich ruf ihn an.«
Wieder im Mercedes bei Brock, genieße ich die cremefarbenen Ledersitze, die Klimaanlage, das komfortabel dahingleitende Fahren. Aus dem kühlen und ruhigen Auto heraus beobachte ich durchs Fenster die in der Dallas-Hitze schwitzenden und dem Lärm der Presslufthämmer ausgesetzten Leute. Dazu ist Wohlstand wirklich gut: dir die Grobheit der Welt vom Leib zu halten.
»Fehler Nummer zwo«, berichte ich. »Offenbar bin ich ein Triebtäter.«
»Wir kümmern uns darum«, sagt Brock, der sich bei meiner Rückkehr ins Auto sehr verärgert über die Produzenten von Texas Today gezeigt hatte, weil sie mein Interview so kurz gehalten hatten. Während ich im Taxilenker-Verband war, erzählt er, hat er ihnen eine Entschuldigung abgepresst, und das Versprechen eines weiteren Auftritts in ihrer parallel laufenden Radiosendung. Ich sehe wenig Sinn darin. Eigentlich bin ich nicht wirklich überzeugt, dass Brock mich für unschuldig hält, der streitet nur gerne mit den Leuten und verdient gerne viel Geld, und ich biete ihm für beides die Gelegenheit. Mich bringt diese neue Dynamik dazu, mich wie ein verwöhnter Star aufzuführen.
»Apropos sich kümmern «, sage ich, bemüht, möglichst nicht wehleidig zu klingen. »Wann können wir was gegen diese Entführungsanklage tun? Schließlich müssten die Brightwell inzwischen verhört haben, und der hat ihnen doch gesagt, dass er mich gar nicht kennt …«
»Der Staatsanwalt hält sich das als Versicherung zurück«, antwortet Brock. »Ein Trumpf in seiner Hand. Er meint, wir werden unsere Entschädigungssumme senken, wenn er die Anklage fallenlässt.«
»Diese Anklage ist aber dafür verantwortlich, dass ich meine Taxilizenz nicht zurückbekomme. Der weiß ja ganz genau, dass ich niemanden entführt habe, dass Brightwell der Täter ist.« Jetzt klinge ich in der Tat weinerlich, und Brock reagiert entsprechend.
»Schauen Sie mal«, fährt er mich an, »warum entspannen Sie sich nicht einfach. Vor einigen Tagen waren Sie in der Todeszelle, jetzt logieren Sie im Plaza-Hotel. Mein Gott, Sie gehen nie aus, Sie sprechen mit keinem Menschen – genauso gut hätten Sie in der Zelle bleiben können.«
»Ich bin noch immer dort. Dreiundzwanzig Stunden täglich weiße Betonziegel anstarren! Wenn ich die Augen schließe, sehe ich noch immer die Ziegel vor mir. Das dauert schon eine Weile, bis das weggeht, verstehen Sie?«
Brock hat denselben Empathie-Quotienten wie Robert. Er ignoriert mich und wirft einen Blick auf den Zettel in meiner Hand. »Was ist denn das ? Etwa ein Jobangebot? Wozu wollen Sie arbeiten, Mann? Entspannen Sie sich. Gehen Sie zur Bar, zum Pool oder was weiß ich. Die meisten frisch aus dem Gefängnis kommenden Leute, mit denen ich zu tun habe, sind super drauf, wissen Sie? Die haben die beste Zeit ihres Lebens.«
»Die meisten von ihnen haben aber auch wirklich ein Verbrechen begangen.«
Ich habe recht. Selbst Brock sieht ein, dass das ein Unterschied ist. Auf unserer Fahrt ins Plaza-Hotel schaltet er das Radio ein, und wir hören
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