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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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versuchte sein Tempo noch einmal zu beschleunigen, aber es gelang ihm nicht. Die Menschenmenge durch die sie sich kämpfen mußten, bremste ihren Schritt.
Schließlich erreichten sie das andere Ende des Marktplatzes und liefen in eine schmale Straße hinein. Nach ein paar Metern erkannte Andrej diese Gasse; es war die gleiche, durch die sie schon am Vortag geflüchtet waren.
Nun hatten sie wenigstens eine Chance, ihren Verfolgern zu entkommen. Sie kamen rasch voran, niemand machte auch nur den Versuch, sie aufzuhalten. Obwohl sie immer wieder die Richtung wechselten, wußte Andrej genau, wo er hin wollte. Es mußte ihnen nur gelingen, ihre Verfolger in eine falsche Richtung zu locken, und sie würden frei sein - zumindest für den Moment. Um nicht unnötig aufzufallen und um wieder ein wenig zu Atem zu kommen verlangsamten sie ihre Schritte.
»Wo willst du hin?« fragte Frederic.
»Was glaubt du denn?« zischte Andrej. »Meinst du, nach deiner Glanzleistung können wir uns noch irgendwo blicken lassen?«
Obwohl ihnen die Menschen, an denen sie vorbeihasteten, aus dem Weg gingen oder sich zumindest bemühten, sie nicht zu auffällig zu mustern, spürte er ihr Mißtrauen. Es war kein Wunder, daß sie auffielen: Er trug das außergewöhnliche Sarazenenschwert deutlich sichtbar am Gürtel, und auch Frederics blutverschmierte Kehle war nicht gerade ein alltäglicher Anblick. Andrej war sich darüber im klaren, daß sie nur ein ungewöhnliches Versteck retten konnte, wenn sie nicht schon innerhalb kürzester Zeit denunziert werden wollten. Zumindest aber mußten sie unverzüglich die auffälligsten Spuren beseitigen, die die Ereignisse der letzten Minuten auf ihrer Kleidung und Frederics Körper hinterlassen hatten.
    Wenn sie Glück hatten, konnten sie ihren alten Unterschlupf noch einmal nutzen.
Vom Marktplatz her drang noch immer Lärm und ein Durcheinander aufgeregter Stimmen und Schreie zu ihnen herüber, und Andrej zweifelte nicht daran, daß die Jagd auf Frederic und ihn sich längst ausgeweitet hatte. Ein fast kahlköpfiger, in ein auffälliges Gewand gehüllter Fremder mit einem kostbaren Schwert und ein eben
falls seiner Haare beraubter Junge mit einer frischen Schnittwunde am Hals … Sie würden nicht schwer aufzuspüren sein, nicht einmal in einer Stadt dieser Größe.
Fast wäre Andrej an der Toreinfahrt vorbeigelaufen, die zu dem baufälligen Haus führte, doch dann entschied er sich anders; sie waren heute nacht hier nicht entdeckt worden und würden vielleicht nochmals für ein paar Stunden Schutz in dem alten Gemäuer finden. Der Lärm und die Schreie aus der Richtung des Marktes wurden lauter, aber zumindest hier schien im Moment niemand von ihnen Notiz zu nehmen. Er blieb stehen, sah sich noch einmal nach allen Seiten um. Als er sich sicher war, nicht beobachtet zu werden, packte er Frederic am Arm und zog ihn mit sich.
Raschen Schrittes eilte er zusammen mit dem Jungen durch den gemauerten Torbogen und dann zielstrebig auf die morsche Tür des verfallenden Hauses zu. Ein letzter sichernder Blick bestätigte ihm, daß sich hier tatsächlich niemand für sie interessierte. Er konnte den Lärm vom Marktplatz und die Geräusche der Straße noch immer deutlich hören, aber aus dem Haus selbst drang nicht der mindeste Laut; es hätte ihn auch gewundert, wenn sich hier in der Zwischenzeit jemand eingenistet hätte.
Nachdem er die morschen Türbretter beiseite gezogen hatte, schob er Frederic unsanft hindurch und gab ihm einen Stoß, der ihn regelrecht in den Raum purzeln ließ. Wie auch beim letzten Mal empfing sie staubiges Zwielicht und ein süßliche Gestank, der ihn fast zum Würgen brachte. Doch das war ihm im Moment vollkommen egal. Die Ruine erschien ihm ganz im Gegenteil wie ein altvertrauter, guter Freund, der ihnen in einer verzweifelten Situation uneigennützig zur Seite stand.
Er zog die morsche Tür hinter sich zu, eilte durch den Raum zu dem grob zugenagelten Fenster an der gegenüberliegenden Wand, von dem er wußte, daß es ihm einen Überblick über die Straße gestatten würde, und spähte durch die Lücke zwischen zwei Brettern hindurch. Es waren hier nur wenige Menschen unterwegs, und sie schienen so mit sich selbst beschäftigt zu sein, daß sie ihrer Umgebung kaum Aufmerksamkeit schenkten. Andrej konnte nur hoffen, daß sich keiner von ihnen Gedanken über zwei auffällige Fremde machte, die sich hier heimlich Zugang verschafft hatten.
Langsam drehte er sich zu Frederic um. Der Junge

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