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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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konnte.
Domenicus rief noch einmal: »Malthusl«, und endlich ließ der Ritter den Dolch sinken. Gleichzeitig versetzte er Frederic einen Stoß, der diesen nach vorne taumeln und unmittelbar vor Andrej auf die Knie fallen ließ.
»Ich freue mich schon auf unser nächstes Zusammentreffen, Delãny«, höhnte er. »Ich hoffe für dich, daß du dann auch wieder eine junge Frau bei dir hast, hinter der du dich verstecken kannst.«
Die Verachtung, die er in seine Stimme legen wollte, war jedoch nicht echt. Andrej verstand zwar nicht, warum, aber er spürte ganz deutlich, daß sich hinter dem aufgesetzten Spott im Tonfall seines Feindes nichts anderes als Furcht verbarg. Vielleicht lag das daran, daß bei Delãnys letztem Zusammentreffen mit den Goldenen einer von ihnen tot zurückgeblieben war - zwar durch Sergés und nicht durch seine eigene Waffe gefällt, aber das konnte Malthus ja nicht wissen; wahrscheinlich ging er davon aus, daß Andrej den Ritter in einem Handgemenge nach dem Wirtshausbrand getötet hatte.
»Gilt Euer Wort, Andrej Delãny?« fragte Domenicus.
Andrejs Schwert blieb weiterhin einen halben Finger breit vor Marias Kehle liegen, aber er ließ mit der anderen Hand ihren Arm los und half Frederic auf die Füße. Der Schnitt am Hals des Jungen blutete nicht mehr, aber zwischen seinen Fingern quollen einige zähe Tropfen hervor, die die gleiche Farbe hatten wie Domenicus Mantel.
»Delãny!«
Andrej wandte sich wieder dem Inquisitor zu. »Eurer Schwester wird nichts geschehen«, sagte er. »Ich lasse sie frei, sobald wir in Sicherheit sind.«
Er trat einen Schritt zurück. Domenicus versuchte nicht, ihn aufzuhalten. Der Geistliche war klug genug, die Situation richtig einzuschätzen. Aber er sagte: »Ihr kommt niemals aus der Stadt heraus, das ist Euch doch klar?« »Wir werden sehen«, antwortete Andrej und machte einen weiteren, vorsichtigen Schritt zurück. In dieser Sekünde trat Frederic neben ihn, zog den schmalen Dolch aus Marias Gürtel und schleuderte die Waffe nach Vater Domenicus. Der Junge handelte so schnell, daß Andrej nicht den Hauch einer Chance hatte, ihn noch aufzuhalten.
Der Dolch drang bis ans Heft in die Kehle des Inquisitors und fuhr im Nacken wieder heraus. Domenicus preßte beide Hände gegen den Hals, stieß einen gurgelnden Schrei aus und spie Blut. Maria kreischte schrill und wie unter Schmerzen und stürzte so ungestüm vor, daß Andrej gerade noch Zeit fand, das Sarazenenschwert zur Seite zu ziehen, damit sich die junge Frau nicht selbst enthauptete. Malthus riß mit einem zornigen Knurren das Schwert aus dem Gürtel, prallte aber in seiner Hast gegen einen der Soldaten und fiel mit einem gellenden Wutschrei zu Boden.
Endlich überwand Andrej sein Entsetzen, drehte sich auf der Stelle herum und schleifte Frederic mit sich fort. Er sah noch, daß Maria von ihrem Bruder mit zu Boden gerissen wurde, als dieser zusammenbrach - dann tauchten die beiden Fliehenden in die auseinanderstiebende Menge ein. Rings um sie herum gellte erneut ein Chor entsetzter Schreie auf.
Andrej verschwendete keine Zeit darauf, sich nach möglichen Verfolgern umzublicken, sondern bahnte sich rücksichtslos einen Weg durch die Menge. Als sie auf eine schmale Gasse zwischen zwei weiß getünchten Häusern zustürmten, blickte er schließlich doch über die Schulter zurück. Sie wurden tatsächlich verfolgt, wenn auch nicht von Malthus oder einem der Gefolgsmänner des Inquisitors, sondern von einem halben Dutzend Soldaten des Herzogs von Constãntã. Die Männer in den orange-weißen Uniformen drängten weit skrupelloser durch die Menge als Frederic und er und machten notfalls auch von ihren Waffen Gebrauch, um schneller voranzukommen. Tatsächlich verringerte sich der Abstand zwischen ihnen von Sekunde zu Sekunde.
Andrej schwenkte nach links, rannte mit weit ausgreifenden Schritten auf einen Marktstand mit Gemüse zu und führte drei blitzartige Hiebe mit dem Sarazenenschwert aus. Der Marktstand brach augenblicklich zusammen und löste sich in eine Lawine aus rollenden Kohlköpfen, Lauchstangen und Rüben auf, über die Andrej und Frederic mit einem gewaltigen Sprung hinwegsetzten. Nachdem er dieses Manöver an einem weiteren Marktstand durchgeführt hatte, sah Andrej beim Blick über die Schulter, wie die Hälfte ihrer Verfolger auf einem Sturzbach zerbrechender Tontöpfe und Trinkbecher ausglitt und die andere Hälfte unter einem flatternden Tuch von der Größe eines kleinen Segels begraben wurde. Er

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