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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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Gespräch ausgewichen, das über allgemeine Fragen hinausging.
Frederic zog die Hand zurück, und Andrej steckte das Sarazenenschwert mit einem erleichterten Seufzen wieder ein. Er wußte nicht, was er getan hätte, hätte der Junge nach der Waffe gegriffen.
»Es ist im Grunde nichts anderes als ein Spiel«, knüpfte er an das unterbrochene Gespräch an, leiser und in ruhigem, fast resigniertem Ton. »Es gibt Regeln, Frederic. Man gibt sein Wort, und man hält es, ganz gleich, was geschieht. Indem du Domenicus getötet hast, hast du Malthus und den anderen einen Freibrief gegeben, zu tun und zu lassen, was immer sie wollen.«
»Das tun sie doch ohnehin!« entgegnete Frederic zornig.
»Nicht so«, beharrte Andrej. Aber er spürte selbst, daß er nicht in der Lage war, dem Jungen zu erklären, was er wirklich meinte. Trotzdem fuhr er fort: »Sie werden Rache nehmen, Frederic. Vielleicht werden sie einige von deinen Leuten töten. Vielleicht alle. Und wenn wir ihnen das nächste Mal gegenüberstehen, dann wird es kein Verhandeln mehr geben.«
»Dann töte ich sie ebenfalls!«
Andrej resignierte. Es war sinnlos. Frederic konnte oder wollte nicht verstehen, was er ihm zu vermitteln versuchte. Für einen Moment hatte Andrej fast Angst vor diesem Kind.
Da er nicht wollte, daß Frederic dieses Gefühl in seinen Augen las, drehte er sich mit einem Ruck herum und trat wieder ans Fenster. Seine Gefühle waren in Aufruhr. Er hatte die Wahrheit gesagt, als er behauptete, niemals zuvor einen Menschen getötet zu haben, und er hatte mehr als die Wahrheit gesagt, als er behauptete, daß es ein schreckliches Erlebnis gewesen war. Er hatte sein Leben, beziehungsweise das Frederics, verteidigt, und das konnte er verantworten. Aber trotzdem wusch es nicht das Blut von seinen Händen.
Das Treiben draußen auf der Straße hatte sich inzwischen verändert. Die Menschen hasteten nicht mehr herum, sondern standen in kleinen Gruppen beieinander und redeten erregt über das, was sie gehört oder vielleicht sogar gesehen hatten. Der Lärm vom Marktplatz her hatte sich gelegt, aber über der ganzen Stadt schien nun eine Atmosphäre beinahe greifbarer Spannung zu liegen.
Frederic hatte viel mehr getan, als einen Mann zu töten. Er hatte einen Inquisitor umgebracht, einen Kirchenfürsten, der noch dazu Gast des Herzogs gewesen war. Andrej wußte nicht viel über die Macht und den Einfluß, die die Kirche in diesem Teil des Landes besaß, aber sie konnten nicht gering sein, sonst hätte Domenicus niemals so auftreten können, wie er es Andrej gegenüber getan hatte. Der Herzog mußte nun auf diese Herausforderung reagieren, ob er wollte oder nicht - gerade auch angesichts der Türken, die womöglich schon für einen Angriff auf Constãntã rüsteten. In solch einer prekären Lage konnte sich der Herzog nicht die geringste Schwäche leisten.
Andrej hörte, wie sich Frederic von ihm entfernte und die morsche Treppe ins obere Geschoß hinaufstieg, aber er sah ihm nicht nach. Einen Augenblick lang wünschte er sich, alles ungeschehen machen zu können, die Zeit zurückzudrehen bis zu jenem Punkt, als er - Jahre nach seiner Vertreibung - ins Borsã-Tal zurückgekehrt war. Im nachhinein betrachtet schien ihm jeder Schritt, den er seither getan hatte, jedes Wort, das er seither gesprochen hatte, falsch gewesen zu sein.
Kurz darauf erregte eine Bewegung auf der Straße seine Aufmerksamkeit. Zwei Soldaten in den Farben des Herzogs näherten sich mit schnellen Schritten dem Haus. Zwischen ihnen bewegte sich eine Gestalt in dunkelgrünem Samt. Die drei schritten in scharfem Tempo auf der gegenüberliegenden Straßenseite dahin, und die Menschen traten hastig zur Seite, um ihnen Platz zu machen.
Als sie genau gegenüber seinem Versteck waren, drehte Maria den Kopf und sah ihn an.
Andrejs Herz raste wie wild.
Natürlich sah die junge Frau nicht direkt ihn an - es war völlig unmöglich, daß sie ihn wirklich sah oder auch nur ahnte, daß er hier war.
Tatsächlich verlangsamte sie nicht einmal ihren Schritt, sondern eilte, ohne zu zögern, weiter, und doch glaubte Andrej für einen Moment den Blick ihrer dunklen Augen wie die Berührung einer unsichtbaren Hand auf seinem Gesicht gespürt zu haben.
Selbst über die große Entfernung hinweg konnte er sehen, wie bleich Maria war. Ihr Gesicht war ein einziger weißer Fleck, der selbst vor der gekalkten Wand dahinter noch hell wirkte. Sie preßte ein weißes, blutgetränktes Taschentuch gegen den Hals, und in der

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