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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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»Genießt den Ritt lieber. Es könnte nämlich gut Euer letzter sein … Es sei denn, Ihr nehmt endlich Vernunft an und sagt uns, in wessen Auftrag Ihr gekommen seid.«
Andrej blickte ihn fragend an. Er verstand wirklich nicht, was Graf Bathory meinte, aber er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache.
»Wir werden Euch mit einigen Eurer Opfer konfrontieren, Delãny«, fügte Demagyar hinzu. »Es ist leicht, einen Mann aus dem Hinterhalt zu töten, aber nun werden wir sehen, wie Ihr Euch fühlt, wenn Ihr einem Eurer Opfer in die Augen sehen müßt.«
»Ich halte es immer noch für einen Fehler«, sagte Graf Bathory, während er sich zu seinem Pferd herumdrehte und aufsaß. »Wir hätten ihn besser herbringen sollen.«
»Ihr habt gehört, was der Arzt gesagt hat«, entgegnete Demagyar. »Der Mann würde den Weg in die Stadt nicht überleben. Es ist ein Wunder, daß er überhaupt so lange durchgehalten hat.« Er warf Andrej einen vorwurfsvollen Blick zu. »Ein weiteres unschuldiges Opfer, das diese Nacht womöglich nicht überleben wird, Delãny.«
»Ich verstehe nicht, wovon Ihr redet«, sagte Andrej.
»Wir reden davon, daß Ihr nicht gründlich genug wart, Delãny«, erwiderte der Herzog. »Eines Eurer Opfer hat überlebt. Vor einer Stunde erreichte uns eine Nachricht aus dem Gasthaus, das Ihr niedergebrannt habt. Ihr hättet Euch überzeugen sollen, daß auch wirklich alle tot sind, Delãny.«
»Von wem … redet Ihr?« fragte Andrej verwirrt.
»Von einem der anderen Gäste, Delãny«, sagte Graf Bathory ernst. »Er hat Euch und Eure Komplizen belauscht. Ihr wart etwas zu leichtsinnig, scheint mir.« Er sah Andrej einige Sekunden lang durchdringend an, ehe er leiser und in verändertem Tonfall hinzufügte: »Es ist ein weiter Weg dort hinaus, Delãny. Warum erspart Ihr uns und Euch nicht die Unbequemlichkeit und sagt uns endlich die Wahrheit?«
»Ihr meint, ich soll Euch verraten, wer mich wirklich zu dem Einbruch ins Schloß angestiftet hat?«
Während er diese Frage stellte, blickte Andrej den Herzog scharf an, und diesmal hatte sich Demagyar nicht so vollständig in der Gewalt wie noch am Nachmittag. Er schrak ein wenig zusammen, nicht sehr und auch nicht für lange, aber vielleicht doch lange genug, um Graf Bathorys Argwohn zu erwecken.
Und tatsächlich runzelte der Edelmann die Stirn und musterte den Herzog auf eine sonderbar nachdenkliche Art. Demagyar lächelte gequält. Andrej wußte von Graf Bathory wenig mehr als seinen Namen und daß Demagyar ihn offenbar nicht so einfach übergehen konnte. Der Eindruck, den Andrej schon am Nachmittag gehabt hatte, verstärkte sich: Graf Bathory war offensichtlich jemand, der dem Herzog an Rang und Einfluß kaum nachstand. Und er gehörte nicht unbedingt zu Demagyars Freunden.
»Spart Euch die Mühe, Graf Bathory«, sagte Demagyar schließlich. »Er versucht doch nur, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, das ist alles.«
Bathory antwortete nicht auf diese Bemerkung, aber sein Schweigen war auf eine Weise vielsagend, die Demagyar noch mehr zu beunruhigen schien. Der Herzog riß sein Pferd mit einer auffallend schnellen Bewegung herum und befahl in scharfem Ton: »Aufsitzen!«
Hinter Andrej stiegen vier Soldaten in die Sättel. Sie ritten los. Als sie das Tor erreichten, gesellten sich zwei weitere Männer in den Farben des Herzogs zu ihnen, und Sekunden später hatten sie die Schloßmauern hinter sich gelassen. Graf Bathory und Demagyar ritten an der Spitze der kleinen Kolonne, nebeneinander, aber in so großem Abstand, daß eine Unterhaltung praktisch ausgeschlossen war. Andrej fragte sich, welche Absichten Demagyar verfolgte. Irgend etwas hatte er vor, das stand außer Zweifel. Andrej war sicher, daß es bei dem Brand im Gasthof keine Überlebenden gegeben hatte; und selbst wenn: Er hatte mit niemandem etwas besprochen, was irgend jemand hätte belauschen können. Und Demagyar mußte das wissen. Wozu also dieser stundenlange, vollkommen überflüssige Ritt?
Er bekam die Antwort auf diese Frage, als sie ungefähr die halbe Strecke vom Schloß zur Stadtmauer zurückgelegt hatten. In Constãntã herrschte gespenstische Stille. Schon in der vergangenen Nacht war Andrej aufgefallen, wie wenig Lichter die Stadt nach Einbruch der Dunkelheit erhellten. Doch heute schienen die Straßen, durch die sie ritten, geradezu wie ausgestorben. Und die wenigen Menschen, auf die sie trafen, zogen sich so hastig in ihre Häuser zurück, daß es schon fast einer Flucht gleichkam. War es die

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