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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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weiß nicht, wie lange noch. Wenn er stirbt, dann Gnade Euch Gott, Andrej Delãny. Von mir jedenfalls habt Ihr keine Gnade zu erwarten.« Sie wandte sich wieder an den Herzog. »Und für Euch gilt dasselbe, Ják Demagyar. Ich weiß, daß ihr hier nicht allzuviel von der römischen Kirche haltet, aber mein Bruder ist kein gewöhnlicher Geistlicher. Er hat mächtige Freunde, die sich fragen werden, wie er zu Schaden kommen konnte, während er sich im Schütze Eurer Gastfreundschaft befand. Und bedenkt: Wenn die Türken wirklich zum Schlag gegen Constãntã ausholen, werdet auch Ihr Freunde brauchen!«
Demagyar erwiderte nichts auf diese Drohung, aber man sah ihm deutlich an, wie wenig sie ihn beeindruckte. Die junge Frau hatte wohl unbeabsichtigt die Wahrheit gesagt: Das Wort des Vatikans galt in diesem Teil des Landes nicht besonders viel. Rom war zwar mächtig, aber Rom war auch sehr weit entfernt. Und wenn die Türken wirklich versuchen sollten, Constãntã einzunehmen, würde der Papst sie nicht daran hindern können - selbst wenn er wollte.
»Wenn ich Euch nun bitten dürfte zu gehen«, sagte er nach einer Weile, freundlich, aber in wesentlich kühlerem Ton. »Ich werde mich später gerne mit Euch unterhalten.«
»Vergeßt nicht, was ich Euch gesagt habe«, sagte Maria. Sie drehte sich herum, streifte Andrej mit einem eisigen Blick und verließ in Begleitung der beiden Goldenen den Raum.

16
    Das absurde Verhör dauerte noch annähernd zwei Stunden und endete damit, daß Demagyar Andrej einschärfte, bis zum nächsten Morgen noch einmal in sich zu gehen. Anschließend wurde der Gefangene nicht wieder in seine Zelle im tiefsten Kerker des Turmes gebracht, sondern in ein winziges Zimmer im Palas, das zwar kaum größer als das Turmverlies war und eine ebenso massive Tür hatte wie dieses, aber über ein Fenster und eine spärliche Möblierung verfügte. Es gab auch hier einen massiven eisernen Ring an der Wand, an den er gekettet wurde; allerdings schränkte die Kette ihn hier in seiner Bewegungsfreiheit weit weniger ein. Offensichtlich wurde Demagyars Gerichtssaal oft genug benutzt, daß sich ein solches Zwischenlager für Gefangene lohnte.
    Außerdem bekam er etwas zu essen und eine Schale mit Wasser. Kaum eine halbe Stunde, nachdem man ihn wieder eingesperrt hatte, wurde die Tür plötzlich aufgerissen, und Maria sowie einer der beiden goldenen Ritter betraten den Raum.
    Andrej war überrascht. Nach ihrem Auftritt im Gerichtssaal hatte er nicht damit gerechnet, die junge Frau so schnell wiederzusehen; und wenn überhaupt, dann allerhöchstens mit einem Messer in der Hand, um ihm die Kehle durchzuschneiden.
    Zorn und Haß waren jedoch vollkommen aus ihrem Gesicht gewichen. Sie wirkte traurig, vielleicht ein bißchen verbittert, aber nicht mehr zornig.
Andrej erhob sich von seiner Liege, so weit seine Kette das zuließ. »Komteß.«
»Laßt den Unsinn, Delãny«, sagte Maria müde. »Ich bin keine Adlige.« Sie schloß die Augen, schwieg einige Sekunden, die Andrej wie eine Ewigkeit erschienen, und fragte dann ganz leise: »Warum?«
Er verstand sofort, was sie meinte, aber er antwortete nicht gleich, sondern starrte den Goldenen an. Der Mann hielt seinem Blick mit scheinbar ungerührter Miene stand, aber in seinen Augen stand ein düsteres Versprechen geschrieben, und die Kälte, die Andrejs Seele berührte, schien für einen Moment noch an Intensität zuzunehmen.
»Ich möchte allein mit Euch reden«, sagte er schließlich.
Der Ritter lachte hart auf und sagte etwas in einer Sprache, die Andrej fremd war.
»Sprecht so, daß er uns versteht«, antwortete Maria und ohne sich zu ihrem Begleiter umzudrehen. »Laßt uns allein.«
»Ich bitte Euch, Maria!« widersprach der Goldene. »Dieser Mann ist…«
»An Händen und Füßen gefesselt und zusätzlich
an die Wand gekettet, Kerber! Was soll er mir schon tun?«
Kerber schürzte wütend die Lippen. »Er ist ein Mörder!« sagte er. »Und er ist gefährlich, in Ketten oder nicht.«
»Was soll er mir schon tun?« wiederholte Maria scharf. »Seine Ketten zerreißen? Oder sich in einen Wolf verwandeln, um mir die Kehle durchzubeißen? Geht, Kerber! Ich befehle es Euch!«
Der Blick des Ritters machte zumindest Andrej klar, daß sie ihm eigentlich nichts zu befehlen hatte. Dennoch zuckte er mit den Schultern, drehte sich auf dem Absatz herum und schlug mit der geballten Faust gegen die Tür. Als sie geöffnet wurde, sah Andrej, daß draußen auf dem Gang mehrere Soldaten

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