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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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Demagyar. »Ein Mann mit verbranntem Gesicht und ein berufsmäßiger Dieb und Mörder. Beide hätten früher oder später ohnehin am Galgen geendet. Darüber hinaus hätten sie Euch ohne zu zögern geopfert, Delãny, glaubt mir.«
»Und Frederic?« fragte Andrej.
»Der Junge?« Der Herzog zögerte einen ganz kurzen Moment. Dann sagte er: »Es war besser so für ihn.«
»Ihr habt auch ihn … getötet?«
»Unser Freund hier …« Demagyar deutete mit einer Kopfbewegung auf Malthus. »… sowie eine gewisse, sehr zornige junge Dame haben mit Nachdruck auf seiner Auslieferung bestanden. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, warum. Gegen das, was ihn erwartet hätte, war ein schneller Stich ins Herz eine Gnade, glaubt mir.«
»Ihr … Ihr habt Frederic getötet?« murmelte Andrej noch einmal. Und dann, urplötzlich, brach es mit solcher Wucht aus ihm heraus, daß er fast vor sich selbst erschrak.
»Du Mörder!« brüllte er. »Du verdammtes, blutrünstiges Ungeheuer! Warum hast du das getan?!«
Er tobte. Er schrie, er brüllte, warf sich mit aller Macht gegen seine Fesseln und schrie seinen Schmerz und seine Wut hinaus, bis seine Kräfte versagten und er erschöpft und atemlos in sich zusammensank.
Der Herzog schüttelte den Kopf und sah ihn mit einem Ausdruck an, der echtes Bedauern hätte sein können, wäre Ják Demagyar nicht der gewesen, der er nun einmal war. »Ihr müßt diesen Jungen sehr geliebt haben, Delãny«, sagte er. »Glaubt mir: Ich habe ihm großes Leid erspart.«
Frederic geliebt? Oh ja, das hatte er. Und zwar viel intensiver, als ihm das bisher auch nur annähernd bewußt gewesen war. Andrej schwieg, starrte zu Boden und kämpfte mit aller Macht gegen die Tränen an. Sein Schmerz war unbeschreiblich. Dieser Junge war alles gewesen, was ihm noch geblieben war - die einzige Erinnerung an seine Familie, das einzige Verbindungsglied zu seinem früheren Leben. All das hatte Demagyar ihm genommen, nicht aus Grausamkeit oder Berechnung, sondern aus einem viel banaleren und schlimmeren Antrieb: aus reiner Bedenkenlosigkeit.
»Ich werde dich töten«, sagte Andrej leise, ausdruckslos und so kalt, daß ihm vor seiner eigenen Stimme schauderte. »Ich weiß noch nicht, wie oder wann, aber ich verspreche dir: Ich werde dich töten! Und wenn ich von den Toten zurückkehren müßte, um dich in die Hölle zu schicken.«
Ják Demagyar starrte ihn fassungslos an. Er versuchte zu lachen, aber der Laut, der über seine Lippen kam, geriet allenfalls zur Andeutung eines Lachens, das ihm jäh auf den Lippen erstarb.
Malthus streckte wortlos den Arm aus, nahm Demagyar das Sarazenenschwert aus den Händen und lehnte es an den Balken, an den Andrej gefesselt war.
»Was für eine Verschwendung«, seufzte Demagyar. »Aber wie Ihr meint… Wo bleibt denn nur dieser …«
»Mohr?« fiel ihm eine Stimme von der Tür her ins Wort. Eine hochgewachsene, vollständig in schwarze Tücher gehüllte Gestalt betrat die Lagerhalle. Der Mann war mindestens zwei Meter groß, dabei aber nicht so breitschultrig wie Malthus, sondern schlank; sein Gesicht war dunkelbraun, fast schwarz. Der Fremde trug einen ebenfalls schwarzen Turban, so daß einzig die schweren Ringe an seinen Fingern und der juwelenbesetzte Griff des Krummsäbels, den er an der Seite trug, dieser düsteren Erscheinung etwas Farbe verlieh. Während er mit langsamen Schritten näher kam, fuhr er fort: »Pirat? Heide? Sprecht es getrost aus, Herzog. Nichts davon wäre falsch.«
»Abu Dun.« Malthus senkte andeutungsweise den Kopf. »Pünktlich wie immer.«
»Was man von Eurem Geschäftspartner nicht behaupten kann«, entgegnete der Muselman, ohne seinen Blick von dem Herzog abzuwenden. Abu Dun hatte sonderbare Augen, tiefblau und durchdringend, wobei die Farbe des einen leicht von der des anderen abwich.
»Die Männer sind unterwegs«, sagte der Herzog. Seine Stimme klang ein wenig verunsichert. »Es ist nicht leicht, fünfzig Männer und Frauen durch die halbe Stadt an diesen Ort zu bringen, ohne daß es auffällt. Aber sie werden pünktlich hier sein.«
»Das hoffe ich«, sagte Abu Dun. »Wir müssen mit der Flut auslaufen. Das Schiff kann nicht bis Tagesanbruch im Hafen bleiben.«
»Sie werden pünktlich hier sein«, versicherte Demagyar noch einmal. »Vorausgesetzt, wir haben unseren Handel bis dahin abgeschlossen.«
Abu Dun warf Malthus einen fragenden Blick zu, aber der Ritter zuckte nur gleichmütig mit den Achseln. »Er
bekommt ein Drittel der vereinbarten Summe«, sagte er.

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