Hohle Köpfe
und beobachtete, wie das Werkzeug mit solcher Wucht gegen die Wand geschleudert wurde, daß es dort steckenblieb.
Anschließend folgten die Arbeiter dem Golem in sicherem Abstand. Dorfl schenkte ihnen keine Beachtung.
Der von den Pferchen aufsteigende Dampf vermischte sich mit dem Nebel. Hunderte von dunklen Augen blickten zu Dorfl, als er zwischen den Zäunen ging. Wenn ein Golem in der Nähe war, waren die Tiere immer sehr still.
An einem der größten Pferche blieb Dorfl stehen. Stimmen erklangen hinter ihm.
»Er hat doch wohl nicht vor, sie alle zu schlachten, oder? Wir schaffen es nie in einer Schicht, so viele Tiere zu zerlegen!«
»Ich habe von einem Tischler gehört, der überschnappte und in einer Nacht fünftausend Tische zimmerte. Verlor die Übersicht oder was weiß ich.«
»Der Kerl starrt nur…«
»Ich meine, fünftausend Tische? Einer von ihnen hatte siebenundzwanzig Beine, nicht nur unten, sondern auch oben…«
Dorfl schlug mit dem Hackbeil das Schloß vom Tor. Das Vieh beobachtete den Golem mit der abwartenden Haltung von Tieren, die darauf warten, daß sich hinter ihrer Stirn der nächste Gedanke manifestiert.
Dorfl schritt zum Schafgehege und öffnete auch dort das Tor. Dann kamen die Schweine und Hühner an die Reihe.
»Hat er es
auf alle
abgesehen?« brachte Herr Socke fassungslos hervor.
Der Golem ging ruhig an den Pferchen entlang und ignorierte die Zuschauer weiterhin. Er kehrte ins Schlachthaus zurück und kam kurz darauf mit der alten, haarigen Judasziege wieder heraus. Er führte sie an der Leine an den wartenden Tieren vorbei zum breiten Tor an der Straße. Dorfl öffnete es – und ließ die Schnur los.
Die Ziege schnupperte mehrmals und rollte mit den schlitzförmigen Augen. Dann kam sie zu dem Schluß, daß von den Kohlfeldern jenseits der Stadtmauern ein verlockenderer Duft ausging als von den nahen Schlachthäusern. Sie lief durch das offene Tor auf die Straße.
Die Tiere aus den Pferchen folgten ihr schnell, doch erstaunlicherweise machten sie kaum Geräusche dabei. Nur ihre Hufe klapperten. Sie drängten sich an Dorfl vorbei, der nun reglos dastand und ihnen nachsah.
Ein vom allgemeinen Aufbruch verblüfftes Huhn landete auf dem Kopf des Golems und begann sofort, dort zu brüten.
Ärger verdrängte Sockes Entsetzen. »Lieber Himmel, was fällt dir ein!« rief er und versuchte vergeblich, einige Schafe zurückzuhalten, die erst jetzt entschieden, ihren Pferch ebenfalls zu verlassen. »Da läuft eine Menge
Geld
durchs Tor, du…«
Dorfls Hand schloß sich plötzlich um Sockes Hals. Der Golem hob den Schlachter hoch, hielt ihn auf Armeslänge von sich gestreckt und neigte den Kopf von einer Seite zur anderen, als er ihn musterte – er schien zu überlegen, was er mit dem Menschen anstellen sollte.
Schließlich warf er das Hackebeil fort, griff unter das Huhn auf seinem Kopf und holte ein braunes Ei hervor. Wortlos schlug er es über Sockes Stirn auf und ließ ihm den Inhalt übers Gesicht tropfen. Dann gab er den Mann frei.
Die früheren Arbeitskollegen des Golems sprangen hastig aus dem Weg, als Dorfl wieder durchs Schlachthaus ging.
Am Eingang hing eine Hinweistafel. Dorfl warf einen kurzen Blick darauf, nahm die Kreide und schrieb:
Kein Herr…
Die Kreide zerbröckelte zwischen den Fingern des Golems, als er durch den Nebel davonstapfte.
Gertie blickte vom Untersuchungstisch auf.
»Der Docht ist
voller
Arsensäure«, sagte sie. »Diesmal liegen wir genau richtig, Herr Kommandeur! Diese Kerze wiegt sogar etwas mehr als die anderen!«
»Was für eine heimtückische Art, jemanden umzubringen«, meinte Angua.
»Heimtückisch und sehr schlau«, fügte Mumm hinzu. »Vetinari schreibt die halbe Nacht, und am Morgen ist die Kerze heruntergebrannt. Durch Licht vergiftet. Licht ist etwas, das man nicht sieht. Wer hält schon nach dem Licht Ausschau? Ein alter, schwerfälliger Polizist gewiß nicht.«
»Oh, so alt bist du gar nicht, Herr Kommandeur«, sagte Karotte.
»Und schwerfällig?«
»Du bist auch nicht schwerfällig«, erwiderte Karotte rasch. »Ich habe die Leute immer wieder darauf hingewiesen, daß du sehr zielstrebig und bedeutungsvoll gehst.«
Mumm musterte den Hauptmann, sah in seinem Gesicht jedoch nichts anderes als unschuldige Hilfsbereitschaft.
»Wir sehen nicht nach dem Licht, weil wir
mit
dem Licht sehen«, erklärte Mumm. »Na schön. Ich glaube, wir sollten jetzt der Kerzenfabrik einen Besuch abstatten. Du begleitest uns, Kleinpo. Bring
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