Hohle Köpfe
bald aufbrechen wol te.«
»Es war offensichtlich, nicht wahr?«
»Und die Antwort lautet nein. Ich wünschte, ich könnte dir ein ›Ja‹ an-
bieten.«
Karotte wirkte verblüfft. »Ich habe nie an die Möglichkeit gedacht, daß
du nein sagen könntest«, erwiderte er. »Ich meine, aus welchem Grund?«
»Meine Güte, du erstaunst mich immer wieder«, sagte Angua. »Im
Ernst.«
»Ich dachte, du hättest vielleicht Freude daran«, fügte Karotte hinzu.
Er seufzte. »Nun ja, im Grunde genommen ist es nicht weiter wichtig.«
Angua glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. »Es ist nicht weiter wichtig ?«
wiederholte sie.
»Ich meine, es wäre sicher nett gewesen, aber ich habe deshalb be-
stimmt keine schlaflosen Nächte.«
»Nein?«
»Nein, natürlich nicht. Du hast andere Dinge zu tun, in Ordnung. Ich
dachte, es hätte dir gefallen. Na ja, dann kümmere ich mich eben alleine
drum.«
»Was? Aber wie…« Angua holte tief Luft. »Wovon redest du eigentlich, Karotte?«
»Vom Zwergenbrotmuseum. Ich habe Herrn Hopkinsons Schwester
versprochen, dort al es in Ordnung zu bringen, das Brot zu sortieren und
so. Es geht ihr nicht besonders gut, und ich dachte, ich könnte etwas
Geld für sie auftreiben. Unter uns gesagt: Es gibt da einige Ausstel ungs-
stücke, die besser hervorgehoben werden sol ten. Herr Hopkinson hat
al es ein wenig zu konservativ gesehen. Bestimmt hätten viele Zwerge in
der Stadt Interesse, das Museum zu besuchen, wenn sie davon wüßten.
Nicht zu vergessen die vielen Zwergenkinder, die von ihrem stolzen Er-
be erfahren sol ten. Ordentlich saubermachen und frische Farbe machen
bestimmt einen Unterschied, besonders bei den älteren Laiben. Mir
macht es nichts aus, meine Freizeit dafür zu opfern, aber ich weiß natür-
lich, daß sich nicht alle Leute von Zwergenbrot faszinieren lassen.«
Angua starrte ihn groß an. Solche Blicke erntete Karotte oft. Sie glitten
durch sein Gesicht, suchten nach einem Hinweis darauf, daß er sich ei-
nen Scherz erlaubte, sich über andere Leute lustig machte. Mit jeder Fa-
ser ihres Seins wußte Angua, daß er es nicht ernst meinen konnte, doch in den Zügen des jungen Mannes entdeckte sie nur unschuldige Aufrichtig-keit.
»Ja«, sagte sie und musterte ihn noch immer. »Ich schätze, das Museum
könnte sich in eine kleine Goldmine verwandeln.«
»Heutzutage müssen Museen einfach interessanter gestaltet werden«,
meinte Karotte. »Und weißt du was? Es gibt da ein großes Sortiment von
Guerilla-Pfannkuchen, die noch nicht einmal katalogisiert sind. Außer-
dem einige frühe Versionen von Verteidigungsbrötchen…«
»Meine Güte«, sagte Angua. »Warum hängst du nicht ein großes Schild
über den Eingang mit der Aufschrift: ›Einmalige Zwergenbrot-
Erfahrungen‹?«
»Davon lassen sich Zwerge nicht anlocken«, sagte Karotte. »Zwergen-
brot-Erfahrungen sind meist von sehr kurzer Dauer. Aber offenbar ist
deine Phantasie jetzt erwacht!«
Ich muß weg, dachte Angua, als sie über die Straße schlenderten. Frü-
her oder später begreift er, daß es nicht gutgehen kann. Werwölfe und
Menschen… Wir haben beide zuviel zu verlieren. Früher oder später
muß ich ihn verlassen.
Aber laß es, Tag für Tag, morgen sein.
»Möchtest du die Kleider zurück?« fragte Genie hinter ihr.
»Vielleicht das eine oder andere«, antwortete Angua.
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