Hokus Pokus Zuckerkuss
Hochzeitseinladungen nicht in letzter Minute! Aber schicken Sie sie auch nicht zu früh ab. Der ideale Zeitpunkt liegt zwischen acht Wochen und einem Monat vor dem Ereignis. Sechs Wochen davor sind perfekt.
Und bitte – benutzen Sie bei Ihrem Briefkopf keinen Computerausdruck, das würde man geschmacklos finden. Nur handgeschriebene Einladungen! Ja, für diese Aufgabe dürfen Sie einen Architekturstudenten mit untadeliger Handschrift engagieren.
LIZZIE NICHOLS DESIGN ®
12
Eine gute Ehe ist die, in welcher jeder den
anderen zum Wächter seiner Einsamkeit bestellt.
RAINER MARIA RILKE (1875 – 1926),
DEUTSCHER DICHTER
Luke starrt mich an. » Was , glaubst du, brauchen wir?« Seine Hände auf meinen Schultern lockern sich.
» Oh !« Atemlos dringt der Laut aus meiner Kehle. Zumindest vermute ich, dass ich ihn hervorgestoßen habe. Ich bin nicht einmal mehr sicher, was aus meinem Mund herauskommt und was nicht. So schwach ist meine Selbstkontrolle.
Ich sinke auf die oberste Stufe der Eingangstreppe, schlinge die Arme um meine Knie und presse sie an meine Brust. Inzwischen ist der Mann mit dem Hund weitergegangen, und ich nehme an, die Show interessiert ihn nicht mehr – die Show einer jungen Frau in einem Vintage-Shaheen-Kleid, die vor seinen Augen den Verstand verloren hat.
»Was meinst du, Lizzie?« Luke setzt sich zu mir. »Wieso brauchen wir eine Auszeit?«
»Keine Ahnung«, stöhne ich in meine Knie. O Gott, was geschieht mit mir? »Ich – meine nur, du
fliegst ja ohnehin für drei Monate nach Frankreich. Also liegt eine Auszeit vor uns, ob wir’s wollen oder nicht.«
Was sage ich da? Was kommt aus meinem Mund? Ich will keine Auszeit. Weil ich Luke liebe.
Oder nicht?
»Es ist nur…«, höre ich mich sagen. Kein einziges meiner Worte formuliere ich in meinem Gehirn, bevor ich es ausspreche. »Ich weiß, du liebst mich, Luke. Aber du weißt so wenig über mich – nicht mal, dass ich Spanx-Wäsche trage. Und manchmal habe ich das Gefühl, du würdest mich nicht respektieren. Oder meinen Job … Vielleicht glaubst du, das ist ein Hobby und ich mache es nur zum Spaß, bis ich mir einen richtigen Beruf suche. So ist es nicht. Ich nehme meine Arbeit ernst. Und ich möchte für den Rest meines Lebens alte Brautkleider aufarbeiten – und neue entwerfen.«
»Das verstehe ich, Lizzie«, beteuert er und blinzelt mich mit seinen hinreißenden Schlafzimmeraugen an. »Natürlich respektiere ich, was du tust, und ich weiß nicht, wieso du den Eindruck gewonnen hast, es wäre anders. Was ich über Ava sagte – damit wollte ich nur darauf hinweisen, dass ich jahrelang in der Geschäftswelt gearbeitet habe. Und wir haben uns von unseren Klienten nie so ausnutzen lassen wie du von deinen Kundinnen.«
»Was du über Ava gesagt hast – darum geht es nicht. Sondern um deinen Vorschlag, ich soll dich im Sommer nach Paris begleiten. Damals, als du mir von deinem Job erzählt hast.«
»Im letzten Januar ?« Verwirrt runzelt er die Stirn. »Du bringst was aufs Tapet, was ich im Januar gesagt habe? Jetzt ?«
Ich nicke. »Und vielleicht wickle ich meine Geschäfte auf andere Art ab als du«, betone ich. »Ich bin nicht du. Und wenn man was anders macht, muss es nicht falsch sein.«
»Natürlich nicht. Hör zu, Lizzie …«
»Und …«, fährt mein Mund fort. Warum, oh, warum schließt er sich nicht? »Und ich glaube, meine Familie respektierst du auch nicht besonders. Klar, meine Verwandten sind nicht so kultiviert wie deine. Aber du hast sie nie kennengelernt. Wie kannst du irgendwas über sie wissen? Das ist ein weiteres Problem. Seit einem Jahr sind wir zusammen, seit sechs Monaten verlobt. Und du hast nie versucht, auch nur ein einziges Mitglied meiner Familie zu treffen. Trotzdem machst du Bemerkungen wie heute Abend …«
»Dafür habe ich mich schon entschuldigt«, unterbricht er mich und legt einen Arm um meine Schultern. »Was deine Großmutter dir bedeutet, weiß ich. Und lass dir sagen – Chaz hat mir im Restaurant ganz gehörig die Leviten gelesen. Aber eins musst du zugeben, Lizzie, du beschwerst dich ziemlich oft über deine Schwestern. Deine Großmutter – nun ja, jeder redet über ihre Trunksucht. Und warum ich deine Familie noch nicht kenne – du weißt doch, wie beschäftigt ich mit meinem Studium war …«
Jetzt falle ich ihm ins Wort. »Zu Weihnachten hättest du mich nach Hause begleiten können, statt zu
deiner Familie nach Frankreich zu fliegen. Oder in den
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