Hokus Pokus Zuckerkuss
würde. Es sei denn, er wäre schwul und hätte Angst, jemand könnte es merken.
O ja, das habe ich vergessen. Schwule Jungs sind mit mir ausgegangen. Sogar viele. Immer war ich das dicke Mädchen, mit dem sich schwule Jungs trafen, um ihre Mütter glücklich zu machen.
Und was habe ich vorhin getan? Habe ich diesem Mann, den ich so sehr liebe und der – noch wichtiger – meine Gefühle erwidert, wirklich erklärt, wir würden eine Auszeit brauchen? Bin ich verrückt?
Warum konnte ich nicht, ein einziges Mal in meinem Leben, den Mund halten?
Doch die Worte sind einfach aus mir herausgeströmt. Und sobald sie ausgesprochen waren, ließen sie sich nicht zurücknehmen. Nun ja, es wäre möglich gewesen, aber …
Ich wollte es nicht.
Und das finde ich am unheimlichsten an der ganzen Sache.
»O mein Gott!«, japst Ava. »Wie hat er denn darauf reagiert?«
»Ich glaube, für ihn war’s okay.« Vielleicht ist das noch unheimlicher. »Er hat mir versichert, er würde verstehen, dass meine Arbeit im Moment an
erster Stelle steht und dass mir die Zeit für Hochzeitsvorbereitungen fehlt. Trotz allem fliegt er nach Frankreich. Er hat mir nicht angeboten hierzubleiben. Obwohl ich sagte, ich wäre mit einer kleineren Hochzeit genauso glücklich. Die würde viel weniger kosten. Und er müsste nicht in Paris dafür arbeiten. Aber – er will den Sommer dort verbringen.« Warum stört mich das so sehr? Ist das falsch?
Angewidert schneidet Ava eine Grimasse. »Die Männer sind ja solche Trottel.«
Alles klar – es ist nicht falsch.
»Würdest du mich etwas genauer über dieses Thema informieren?« Ich schaue das Telefon an, das sie ans Ohr hält. »Redest du immer noch mit dem Sistina?«
»O nein, die sind in einer halben Stunde mit dem Essen da. Jetzt habe ich deine Großmutter am Apparat. Sie will wissen, wie man irgendwas mit einem Saisonabo auf TiVo aufzeichnet. Ich habe es ihr erklärt. Ziemlich kompliziert. Dann sagte sie, wie gut ihr Byron Sully aus dieser alten Serie Dr. Quinn, Ärztin aus Leidenschaft gefällt. Deshalb habe ich ihr empfohlen, eine Wunschliste für diesen Schauspieler zu erstellen, dann wird alles mit ihm aufgezeichnet. Dafür war sie mir ganz wahnsinnig dankbar. Ich habe ihr erzählt, dass du unten bist mit Luke. Da wollte sie dranbleiben, bis du zurückkommst. Möchtest du mit ihr reden?«
Verwirrter denn je, nehme ich ihr das Telefon aus der Hand. »Klar… Hallo?«, murmle ich in die Sprechmuschel.
»Nun?«, gackert Grans Stimme aus dem Hörer. »Hast du’s noch immer nicht mit ihm getrieben?«
Beinahe verschlucke ich mich an meiner eigenen Spucke, so schockiert bin ich. »Wie bitte?«
»Ich meine diesen Chaz. Warum hast du’s noch immer nicht mit ihm getrieben?«
»Weil ich zufällig mit seinem besten Freund verlobt bin«, erwidere ich entsetzt.
»Erkundigt sie sich nach Chaz?«, fragt Ava. »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Wann kommt ihr zwei endlich zur Sache? Jetzt, wo du dir diese Auszeit genommen hast?«
» So eine Auszeit ist das nicht«, betone ich irritiert.
»Was für eine denn sonst? Ich meine, wenn du nicht mit anderen Leuten fi… – Sex haben kannst, welchen Sinn hat so eine Auszeit dann?«
»Äh – es ist …« Mit leerem Blick starre ich den Bildschirm des TV-Geräts an. Ava sieht gerade die Wiederholung eines alten Celebrity Pit Fight . Da ringt sie mit Da Brat in einem Puddingfass. »Wir nehmen uns diese Auszeit, damit wir uns erst mal auf unsere beruflichen Ziele konzentrieren können, ohne die Belastung romantischer Probleme.«
»O Gott«, ächzt Gran am Telefon.
»Oh!« Avas Augen leuchten auf. »Wie ich und Alex. Das heißt – nur ich .«
»Genau«, bestätige ich. »Aber Luke und ich haben nicht Schluss gemacht, wir brauchen nur eine Denkpause.«
»Wer ist denn die Frau, mit der ich gerade geredet habe?«, fragt Gran.
»Die kennst du nicht. Eine Freundin. Sie heißt Ava.«
»Also, die klingt wie Ava Geck«, schnauft Gran geringschätzig. »Du weißt schon, diese ätzende Crack-Hure. Was macht Ava Geck in deinem Apartment?«
»Sie wohnt nur ein paar Tage bei mir.« In diesem Moment blinkt das Anklopfsignal. »Wartest du ein paar Minuten, Gran? Da ruft jemand an.«
»Ich habe ja sowieso nichts anderes zu tun.«
Ich drücke auf die Taste für den anderen Anruf. »Hallo?«
»Lizzie?« Sharis Stimme. »Alles okay? Soeben hab ich’s gehört.«
Ich blinzle. Auf dem Bildschirm packt Da Brat eine dicke Strähne von Avas blondem Haar
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