Hokus Pokus Zuckerkuss
Schlüsseln, laufe aus dem Apartment und die Stufen hinab – ein bisschen beunruhigt, weil ich Ava in meinen vier Wänden sich selbst überlasse, aber auch erleichtert, weil ich ein paar Sekunden allein bin. Obwohl ich mich in einer knappen Minute mit Luke auseinandersetzen muss …
… der »Oh« sagt, als ich die zahlreichen Haustürschlösser aufgesperrt habe und in die warme Abendluft hinausgetreten bin. »Eigentlich dachte ich, du würdest mich mit dem Summer reinlassen.«
»Geht nicht«, entgegne ich, ohne zu lächeln, »ich habe Besuch.«
Erstaunt hebt er die Brauen. Er lächelt auch nicht, und das freut mich. Wenigstens nimmt er die Situation ernst. Wenn wir streiten, scheint er meinen Zorn meistens amüsant zu finden, als wäre ich ein Kätzchen, das sich aufregt, weil jemand seine Katzenmaus versteckt hat. Aber ich bin kein Kätzchen.
Und ich hab’s satt, wie eins behandelt zu werden.
»Besuch?«, wiederholt er. Jetzt lächelt er. »Hast du mit dem Mädchen aus der Limousine ein paar Matrosen auf Landgang aufgegabelt?«
»Nein.« Ich lächle noch immer nicht. »Ava wird für die nächsten Tage bei mir wohnen. Sie hat mit ihrem Verlobten Schluss gemacht. In ihr eigenes Apartment kann sie nicht zurück, weil sie von Paparazzi verfolgt wird.«
Da erlischt sein Lächeln. »Und deshalb nimmst du sie bei dir auf? Großer Gott, Lizzie, warum geht sie nicht in ein Hotel?«
»Weil …« Ich unterbreche mich und starre ihn an. »Was interessiert dich das? Sie bleibt bei mir. Wieso machst du so ein Theater?«
»Sie ist eine Kundin. Und du verhätschelst sie wie eine Freundin. Dein Privatleben solltest du aus deinen geschäftlichen Belangen raushalten. Darüber haben wir heute Abend ja schon im Restaurant geredet.«
»Ach, wirklich?« Mühsam ignoriere ich einen Mann, der mit einem angeleinten italienischen Windhund an uns vorbeigeht und so tut, als würde er sich nicht um unser Gespräch kümmern. Aber er belauscht uns, das merke ich. Im Grunde ist es mir egal. Nur – dieser Hund irritiert mich. Er ist so – dünn. Klar, das gehört zu seiner Rasse. Trotzdem finde ich es unheimlich. Wie kann er mit diesem winzigen Magen sein Futter verdauen? »Und wie genau hängt das Alkoholproblem meiner Großmutter mit den Brautkleidern zusammen, die ich herrichte?«
Luke umfasst meine Schultern und schüttelt mich behutsam. »Hey«, sagt er in sanfterem Ton als bisher. »Das tut mir wirklich leid. Okay? Ich weiß, das war nicht richtig. Dafür entschuldige ich mich. Schon vor dem Lokal wollte ich dich um Verzeihung bitten. Ich bin dir nachgelaufen. Aber du bist in dieses Auto gesprungen und verschwunden. Hätten mir die Leute vor der Tür gesagt, du wärst mit Ava Geck weggefahren … Nun, ich hätte geglaubt, du wärst gekidnappt worden.«
»Nein, ich wurde nicht gekidnappt, Luke.« Ich versuche zu ignorieren, wie gut sich seine Hände auf meiner Haut anfühlen. Von solchen Emotionen darf ich mich nicht ablenken lassen. »Ich will nur …«
Was sage ich? Was will ich?
Wohin wird das alles führen?
Warum geht der Mann mit seinem Hund nicht woanders hin? Die Seventy-eighth Street ist lang genug. Muss sein Hund ausgerechnet vor meinem Laden das Bein heben?
»Luke, ich habe nachgedacht. Und ich glaube …« Plötzlich dringen Worte aus meinem Mund, über die ich gar nicht nachgedacht habe – zumindest erinnere ich mich nicht daran. Sie sprudeln einfach heraus. Wie Luft. »Ich glaube, wir brauchen eine Auszeit.«
O mein Gott.
EINE KURZE GESCHICHTE DER EHE
Im Mittelalter schrieben kalligrafisch begabte Mönche die Hochzeitseinladungen, beauftragt von Aristokraten. Später zog man Stahlstiche vor, die man mit Seidenpapier schützte, damit die Druckerschwärze nicht verschmierte. Diese Methode ist immer noch beliebt (deshalb findet man bei besonders edlen Einladungen ein Seidenpapier). Das traditionelle Doppelkuvert, in dem Hochzeitseinladungen oft verschickt werden, stammt aus der Zeit, wo die Post von berittenen Boten zugestellt wurde, und die Empfängerinnen sollten ihre zarten Hände nicht beschmutzen, wenn sie die Briefe öffneten. Vermutlich entfernte ein Butler das verschmutzte äußere Kuvert und überreichte seiner Herrin das saubere.
Wie traurig, dass wir modernen Frauen keine Butler beschäftigen und unsere Hände mit den unzähligen Keimen beschmutzen müssen, die an den Briefumschlägen haften!
WIE MAN KATASTROPHEN AM HOCHZEITSTAG VERMEIDET
Bedenken Sie – versenden Sie Ihre
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