Hokus Pokus Zuckerkuss
Problem, das wir mal hatten, darf sich nicht wiederholen.«
Entschieden schüttle ich den Kopf. »Nie wieder werde ich was ausplaudern, das ich verschweigen muss, Ava. Das schwöre ich beim Grab meiner Großmutter.«
Diesmal meine ich es ernst. Wirklich.
»Gut«, sagt sie sichtlich erfreut und holt ihr Handy hervor. »Ich rufe Daddy an.«
»Moment mal – jetzt ?«
»Ja.« Ava beginnt, die Nummer zu tippen. »Wieso nicht?«
»Hm …« Ich spähe zu Chaz hinüber, der grinsend einen Daumen hochreckt. »Okay, nur zu …«
Einige Sekunden später nimmt sie ihren Kaugummi aus dem Mund und murmelt »Sorry« in meine Richtung. »Daddy? Ich bin’s … Ja, hi. Also, ich will in unserem Laden eine Brautmodenlinie starten … Was? Die Reality-Show? Ach, das ist dermaßen out . Jedenfalls arbeite ich mit Lizzie zusammen, die mein Kleid für die Hochzeit mit Alex entworfen hat … Ja, genau. Die mich den Paparazzi ausgeliefert hat. Aber es war nicht ihre Schuld. Ihre Schwester hat’s vermasselt, eine Kuh mit fetten Oberarmen. Nun möchte Lizzie … Das soll sie dir selber erklären.« Zu meinem Entsetzen hält sie mir ihr rosarotes, mit Swarovski-Steinen besetztes Handy hin. »Erzähl ihm von den Kleidern, die auch arme Mädchen bezahlen können.«
Als ich nach dem Handy greife, wird mein Mund staubtrocken. »Äh … Hallo, Mr. Geck?«
»Ja?«, fragt eine ungeduldige Stimme, heiser und kratzig von jahrelangem Zigarrenkonsum.
Ich wiederhole, was Luke über die schönen, bezahlbaren Brautkleider für die Mädchen von nebenan gesagt hat. Dann füge ich hinzu, was ich Ava vorhin erklärt habe, über die Arbeitskräfte und
die Materialien, die Geck’s zur Verfügung stellen müsste. Nichts Minderwertiges! Ich entwerfe die Kleider, Ava vermarktet sie. Erstaunlich, wie das aus mir hervorsprudelt …
Und in diesem Moment, im Sonnenschein am Fluss, von der Avas Sklaven -TV-Crew umschwirrt, während ich mit Henry Geck telefoniere und Chaz ein paar Dutzend Meter entfernt wie ein Schäferhund über mich wacht, gerate ich in einen körperlosen Schwebezustand. Wann immer ich ein Geheimnis unabsichtlich ausgeplaudert oder Intimitäten enthüllt habe, die besser ungesagt geblieben wären, musste ich meinen ganzen Charme aufbieten, um das wiedergutzumachen. Jetzt hilft mir diese Fähigkeit, mit laserscharfer Intensität auf ein einziges Ziel konzentriert – den Mann am anderen Ende der Leitung. Ich bin nicht mehr Lizzie Nichols, eine fast zertifizierte professionelle Spezialistin für modernisierte Brautkleider, Verlobte von Luke de Villiers, den sie (übrigens) mit seinem besten Freund betrügt, derzeit vermutlich auf Position zwei in der Skala böser Mädchen, arbeits- und obdachlos, drauf und dran, den Sinn ihres Lebens zu verlieren.
Nein, ich bin Elizabeth Nichols, die kühle, gelassene Designerin für Braut- und Hochzeitsmode (für Brautjungfern, Blumenmädchen und Hunde), die schöne, bezahlbare Kleider produzieren wird.
Plötzlich scheinen Flammen in meiner Brust zu lodern. Ich bin unbesiegbar, alle Kameras richten sich auf mich. Obwohl Ava die Beine auseinandernimmt, während sie mich anstarrt, und sich herausstellt,
dass sie kein Höschen trägt. Und sie hat sich eine Intimrasur gegönnt.
»Nun …«, beginnt Mr. Geck, nachdem ich verstummt bin, um Atem zu schöpfen. »Ich muss sagen, das klingt sehr interessant. Darüber würde ich gern etwas mehr hören. Besuchen Sie mich heute Abend mit meiner Tochter. Beim Dinner besprechen wir alles. Geben Sie mir Ava noch einmal.«
Während ich ihr das Handy hinhalte, fühle ich mich wie betäubt. »Er möchte mit dir reden.«
»Oh, sehr gut. Hi, Daddy. Gefällt dir Lizzies Idee? Ja, mir auch. Okay. Um acht…? Ja, wir kommen. Bye.« Sie klappt das Handy zu und wendet sich zu mir. »Hast du ein paar Skizzen, die du mitbringen kannst? Er will sie sehen.«
Mir wird übel. Aber es ist eine angenehme Übelkeit – sogar eine großartige Übelkeit. »Bis um acht Uhr habe ich genug Skizzen beisammen«, verspreche ich leicht benommen.
»Also wirst du eine Brautmodenlinie für Geck’s entwerfen?«, fragt Chaz, als wir die Seventy-eighth Street hinablaufen, in Richtung Chez Henri. »Und Ava wird – was genau tun?«
»Sie ist für die PR zuständig und repräsentiert die Firma.«
»Bekommt man bei Geck’s überhaupt hübsche Kleider?«
»Das wird man, wenn meine erst im Laden hängen, und Ava wird dafür sorgen. Meine Mode soll ihren Namen tragen.«
Skeptisch schaut er
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