Hokus Pokus Zuckerkuss
ihren Eltern auf den Zaun gehoben und kreischen entzückt, wann immer ein Spitz oder ein Zwergpinscher in ihre Richtung trippelt.
Auf Avas Schoß keucht völlig erschöpft Snow White. Offenbar ist der Chihuahua so oft hinter einem Tennisball hergerannt, dass er fast bewusstlos auf den glatten gebräunten Schenkeln seiner Herrin kauert. Diese Szene erregt das besondere Interesse
der Reality-TV-Crew, die Ava für ein Pilotprojekt namens Avas Sklaven filmt, von dem sie hofft, dass sich daraus eine Serie entwickelt. Obwohl sie sagt, ich soll sie nicht beachten, starre ich dauernd zu den Kameras hinauf, die über mir hängen.
»Nach einer Weile siehst du sie gar nicht mehr«, meint sie mit einem Gähnen, das dank ihrer aufgespritzten, mit Gloss bemalten Lippen umso elfenhafter und charmanter wirkt.
»Ava …« Da DJ Tippycat sich mit seinem französischen Bulldoggenwelpen auf der Rennbahn tummelt, ist es schwieriger denn je, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Alle fünf Sekunden starrt sie zu ihm hinüber. »Hör zu. Du wolltest doch was mit deinem Leben anfangen. Erinnerst du dich? Zumindest hast du das nach deiner Trennung von Prinz Alexandros behauptet. Und du hast sicher was anderes gemeint als eine weitere langweilige Reality-Show. Nun, das ist deine Chance. Du würdest der Welt beweisen, dass du keine hohlköpfige Erbin bist, und Millionen Bräuten helfen, die sich schöne, bezahlbare Kleider wünschen.«
Ohne auch nur das geringste Interesse zu zeigen, beobachtet sie durch die enormen schwarzen Gläser ihrer Sonnenbrille ein Schleppschiff, das den Fluss hinabgleitet. Ich schaue über meine Schulter zu Chaz hinüber. Etwas abseits wartet er auf mich, außerhalb der Kamera-Reichweite. Er weigert sich, die Verzichtserklärung zu unterschreiben, die mir jemand vom TV-Team vorgelegt hat. Ich musste es tun, um überhaupt mit Ava reden zu dürfen,
während die Kameras laufen. Deshalb wartet Chaz, bis ich fertig bin. Allzu unglücklich sieht er nicht aus, denn er hat einen Hotdog-Verkäufer gefunden. Zufrieden mampft er im Schatten vor sich hin und nippt zwischendurch an einem eisgekühlten Soda.
»Also, ich weiß nicht…«, sagt Ava schließlich. »Was verstehe ich denn von Modedesign?«
»Du musst die Kleider nicht entwerfen«, entgegne ich entschlossen. »Das übernehme ich. Du vermarktest sie nur. Und Geck Industries stellt die Arbeitskräfte und das Material zur Verfügung. Natürlich soll es kein Ausbeuterbetrieb werden, und wir verwenden auch keine minderwertigen Stoffe. Ich rede von Qualität. Von amerikanischer Wertarbeit. Die Kleider müssen traumhaft aussehen und sich angenehm auf der Haut anfühlen. Trotzdem dürfen sie nicht mehr als vierhundert Dollar kosten. Von mir entworfen, von dir vermarktet – die Lizzie-Nichols-Ava-Geck-Modelinie.«
Endlich horcht sie auf. »Hey, klingt gut, das gefällt mir.«
»Ja, das habe ich mir gedacht.« Unbehaglich mustere ich die Kameraleute, die um uns herumtänzeln.
»Lizzie und Ava. Oder Ava und Lizzie?«
»Wie auch immer.« Dass sie sich tatsächlich darauf einlässt, kann ich kaum glauben. Ich war schon total perplex, dass sie meinen Anruf entgegengenommen und sich bereit erklärt hatte, mich zu treffen. Von ein paar einleitenden Sätzen abgesehen, habe ich mir nicht zurechtgelegt, was ich sagen würde,
und vermutet, viel weiter würde ich ohnehin nicht kommen. »Beides würde funktionieren.«
»Oh, das ist so cool!«, jubelt sie überschwänglich, und Snow White fällt vor lauter Schreck beinahe von ihrem Schoß. »Verkaufen wir auch Brautjungfernkleider?«
»Warum nicht?« Eine Kamera nähert sich für eine Großaufnahme. Schmerzlich wird mir bewusst, dass ich meine Nase den ganzen Tag nicht gepudert habe und wahnsinnig schwitze. Ich kann nur hoffen und beten, dass diese Show bei keinem der größeren Sender läuft. Andererseits, wen kümmert’s, wenn Ava auf den Deal eingeht?
»Und Kleider für die Blumenmädchen?«, fragt sie.
»Klar.«
»Wie wär’s mit Brautmoden für Hunde? Wenn DJ Tippycat geschieden ist, wollen wir Snow White und Delilah bei unserer Hochzeit dabeihaben.«
Ich beobachte, wie Snow White damit kämpft, nicht von Avas Vinyl-Mini zu rutschen, und eine Kamera ihren Schritt fixiert. Hastig lenke ich mein Gebet in eine neue Richtung und hoffe inständig, dass sie einen Slip trägt. »Äh – ja, wir können auch Hochzeitsmode für Hunde anbieten.«
»Okay, das wird mir Spaß machen. Aber wenn wir zusammenarbeiten, Lizzie, dieses –
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