Hokus Pokus Zuckerkuss
ihren Shari-Duft ein – Grapefruit-Bodylotion gemischt mit Labrador-Retriever. Dann lasse ich sie los. »Und jetzt muss ich endlich arbeiten, ich entwerfe eine Brautmodenlinie für Geck’s.«
»Geck’s?«, wiederholt sie. »Verkaufen die auch Brautmoden?«
»Von jetzt an«, antwortet Chaz. »Oder sie werden sich dazu entschließen, wenn sie Lizzies Skizzen sehen. Lizzie und Ava Geck werden Geschäftspartnerinnen.«
»Ist das eine gute Idee?«, fragt Shari zweifelnd.
»Warum werde ich das immer wieder gefragt? Ja, es ist eine gute Idee. Und jetzt – bye, ich muss loslegen.«
Ich küsse die beiden – Shari auf die Wange, Chaz auf den Mund – und laufe in den Laden, wo Monique die neueste Ausgabe der Vogue liest.
»Ah, da sind Sie ja, Lizzie!« Erleichtert blickt sie auf. »O Gott, endlich! Alle Leute suchen Sie.«
»Nehmen Sie die Nachrichten entgegen, ich habe oben zu tun. Für den restlichen Tag bin ich verschwunden.«
»Aber Lizzie, wissen Sie denn…«, beginnt Monique verstört.
»Natürlich weiß ich alles. Und ich bemühe mich nicht nur, meine eigene Haut zu retten, sondern auch eure. Also bleiben Sie am Telefon, und halten mir den Rücken frei, ja?«
»Okay, aber …«
»Danke!« Ich stürme zur Seitentür hinaus und zu meinem Apartment hinauf, schalte die Klimaanlage ein und schlüpfe aus meinem klebrigen, verschwitzten Sommerkleid. Dann nehme ich die letzte Diät-Cola aus meinem Kühlschrank – hoffentlich beeilt sich Chaz mit der Lieferung – und mache mich an die Arbeit.
EINE KURZE GESCHICHTE DER EHE
Seit dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts lädt die Braut ihre weiblichen Familienmitglieder und ihre Freundinnen vor der Hochzeit zu einer Brautparty ein. Dabei regnen kleine Geschenke aus einem aufgespannten, umgedrehten Schirm auf sie herab und sollen ihr Glück bringen.
Warum sich diese reizvolle Tradition zu den aberwitzigen Brautpartys entwickelt hat, die man heutzutage veranstaltet, wird auch in künftigen Jahrhunderten ein Rätsel bleiben.
WIE MAN KATASTROPHEN AM HOCHZEITSTAG VERMEIDET
Die Toiletten. Niemand will daran denken oder darüber reden, bis sich herausstellt, dass es nicht genug davon gibt – oder bis sie während Ihres Hochzeitsempfangs überquellen.
Wir wissen, Sie haben genug andere Sorgen. Aber wenn Sie den Schauplatz Ihrer Hochzeitsfeier wählen, achten Sie auf die Kleinigkeiten – eben zum Beispiel, wohin Ihre Gäste gehen können, wenn sie mal müssen. Denn das wird zweifellos passieren.
Und Sie wollen ihnen doch nicht sagen, dass sie es zurückhalten sollen?
LIZZIE NICHOLS DESIGN ®
22
Die Ehe ist die Mutter der Welt, bewahrt Königreiche,
füllt Städte und Kirchen und sogar den Himmel.
JEREMY TAYLOR (1613 – 1667),
ENGLISCHER GEISTLICHER
Kurz vor Mitternacht steige ich aus der Limousine der Gecks, dermaßen verwirrt, dass ich das Licht im Treppenhaus des Henri-Gebäudes erst bemerke, nachdem ich durch die Tür gestolpert bin. Ich hatte es ausgeschaltet, als ich wegging – obwohl ich in Panik war wegen der Skizzen, die teilweise nur halb fertig waren. Aber jetzt brennt das Licht. Wer hat es angeknipst? Sicher kein Einbrecher. Warum sollte er aller Welt seine Anwesenheit verraten?
Chaz? Natürlich hat er einen Schlüssel.
Aber er würde niemals mein Apartment betreten, wenn er weiß, dass ich nicht da bin. Schon gar nicht, nachdem ich ihm erklärt habe, ich würde ihn anrufen, wenn ich ihn sehen will. Der Typ, der unangemeldet irgendwo eindringt, ist er nicht.
Und obwohl Sylvia und Marisol oft Überstunden machen – so spät am Abend haben sie noch nie gearbeitet. Sie antworten auch nicht, als ich die Tür der Schneiderwerkstatt öffne und nach ihnen rufe.
Großartig. Das ist der einzige Minuspunkt, wenn man allein lebt. Jede Nacht könnte ich ermordet werden, und niemand würde mein Geschrei hören. Weil ich ganz allein im Haus bin.
Ich umklammere meine Schlüssel, sodass sie zwischen den Fingerknöcheln hervorragen. Jetzt gleicht meine Hand jener von Wolverine aus X-Men . Während ich die Stufen hinaufsteige, lausche ich angespannt auf keuchende Atemzüge oder scharrende Freddy-Krueger-Klauen. Solche Geräusche würden mich wenigstens vorwarnen, falls da oben tatsächlich jemand wartet, der mich erwürgen will.
Doch ich höre nichts. Tiefe Stille erfüllt das Treppenhaus. Vielleicht täusche ich mich auch und habe nur vergessen, das Licht zu löschen, bevor ich wegging.
Beinahe kann ich mir das einreden, ehe ich
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