Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)
lieben deine Leute, aber unter diesen Voraussetzungen kommen wir nie mehr nach Kuba.«
Das war ein Schlag für mich. Wieder einmal hatte ich die Erfahrung gemacht, dass sich bei aller Freiheit, die ich gewonnen hatte, nicht wirklich etwas geändert hatte. Aber ich musste immer wieder nach Kuba, weil meine Familie dort lebte.
Kubanische Herzensbrecher
Viele Jahre hatte ich den Traum, meinen Eltern meine neue Heimat zu zeigen. Doch da Kubaner nur einen Personalausweis besaßen und damals nicht ohne spezielle Einladung und Bürgschaft ihres Gastgebers reisen durften, war die Realisierung gar nicht so einfach. Wir mussten viel bürokratischen Papierkram in der deutschen Botschaft und bei den kubanischen Behörden erledigen, bis es 2003 endlich so weit war. Meine Mutter rief an und schrie in den Hörer: » Mi negrito , stell dir vor, ich hab einen Pass in meiner Hand, wo mein Foto drin ist.« Meine Eltern wollten drei Monate bleiben und bei mir zu Hause wohnen. Außerdem planten wir eine Europareise zusammen mit meinem Partner und seinen Eltern.
Im April flogen sie via Paris nach Deutschland. Ich hatte eine Betreuung organisiert, die sie in Kuba ins Flugzeug brachte und am Ankunftsort wieder hinausbegleitete. Aber während des Flugs waren sie komplett auf sich gestellt. Es war ihre erste richtige Reise außerhalb von Kuba. Selbst einen Flughafen hatten die beiden bis dahin nur ein einziges Mal betreten: Um mir »Adiós« zu sagen, als ich mit gerade achtzehn Jahren zum Studieren in die Tschechoslowakei ging. Im Inneren eines Flugzeugs waren sie überhaupt noch nie. Hinzu kam, dass beide auch nicht mehr die Jüngsten waren, meine Mutter war siebenundsechzig und mein Vater stolze einundachtzig.
Als er während des Fluges den Kaffee probierte, den die Stewardess ihm brachte, spuckte er alles wieder aus und rief: »Was ist das?« Er hatte statt Zucker Pfeffer hineingetan, weil er die Aufschrift auf den verschiedenen weißen Päckchen, die er beim Essen bekommen hatte, nicht verstanden hatte. Auf der Toilette bekam er die Tür nicht auf, als er wieder raus wollte. Auch die Klospülung blieb meinen Eltern ein großes Geheimnis … Aber zum Glück nahmen die beiden alle Hindernisse mit Humor.
Ich holte meine Eltern am Flughafen von Paris ab, um zusammen mit ihnen nach Hamburg zu fliegen. Als wir dort ankamen, begrüßte uns wunderschönes Wetter. Goldtage … Und das Ende April! Mama und Papa waren begeistert von Deutschland: Ihr Sohn fuhr sie in einem modernen Auto herum, das sich auf Kuba nur Touristen leisten konnten. Die Menschen waren ganz anders, die Straßen so sauber und die Luft so frisch. Schon der Flughafen, sagte mein Vater, käme ihm so groß vor wie ganz Jatibonico. Auf der Fahrt schauten sie nach links und rechts und bewunderten die schön renovierten Häuser. In Kuba gibt es zwar viele tolle alte Häuser und Paläste, aber sie sind längst nicht in einem so guten Zustand wie in Deutschland.
Ich hatte in meinem Lieblingscafé eine leckere Torte mit der Aufschrift »Willkommen in Hamburg« bestellt. Die Wohnung sah aus wie eine Sommerwiese, überall standen Vasen und Töpfe voller bunter Blumen – Rosen, Tulpen, Orchideen –, weil meine Mutter Blumen so liebte. Sie war bereits auf der Fahrt vom Flughafen nach Hause ganz verzaubert von den gepflegten Grünanlagen und Gärten. Besonders angetan war sie von den Tulpen, die sie bis dahin noch nie gesehen hatte.
Am Tag der Ankunft haben wir alles gemacht, was man so tut, wenn man sich nach langer Zeit das erste Mal wiedersieht: gemeinsam essen, Fotos anschauen, immer wieder Händchen halten und reden, reden, reden. Am nächsten Tag sind wir an der Alster spazieren gegangen. Meine Mutter war hin und weg von den Enten. »In Kuba wären die schon längst aufgegessen worden«, sagte sie fassungslos.
Ich zeigte meinen Eltern die Agentur, die mein Partner und ich aufgebaut hatten, und stellte ihnen im Laufe der Zeit meine Freunde vor. Und so fingen sie nach und nach an zu verstehen, warum ich so glücklich in Deutschland war. Endlich durften sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass ich mich hier gefunden und mir ein Nest gebaut hatte.
Natürlich war ich mit meiner Mama auch beim Shopping in den Einkaufspassagen. Sie fiel von einer »Ohnmacht« in die andere. Als wir das erste Mal mit der Rolltreppe fuhren, konnte sie es kaum fassen. Und in einem Küchenladen war sie ganz verzückt beim Anblick all der elektrischen Geräte, der Töpfe und Pfannen in allen
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