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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Brinkmann
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Uhrzeit auch noch, zehn nach sieben. Also ist sie drangegangen.
     
    »Ja?«
    »
Was
hab i ghert? Du bist scho wieder
da hoam
?!«
    Kein
Griaß de
, kein
Brunner
, kein gar nichts. Nur ein sehr strenger Ton in der Stimme ihres Ziehvaters.
    »I hab’s nimmer ausghoitn im Krangahaus.«
    »Aha. So ähnlich habns mir des aa grad gsagt, im Krangahaus, wiar i vorhin da ogruafa hab. Auf eigene Faust bist auße, und zwar
gestürmt
, hat die Schwester gsagt. Was war denn da jetzad scho wieder so wichtig, dass du di losreißt und ned amoi wartst, bis a Ansatz von Genesung eintritt?«
    »Ich hab’s nimmer ausghoitn im   –«
    »Des hast mir grad scho amoi gsagt. Aber woaßt
was
, du bist erwachsen, und des is
dei
Angelegenheit. Ned de meine. I mach mir nur Sorgn, Kathi, deim Vater warad des ned recht gwen.«
    »I woaß scho.«
    »Aber des soj jetz sowieso koa Kontrollanruf ned sei vo mir. Sondern was anders.«
    »Was is’n?«, hat die Katharina recht schwach und verschlafen rausgebracht.
    »Oiso, i woaß ja, dass du eigentlich freihast, weil i hab ja höchstpersönlich sejber dei Krankmeldung weidagebn. Aber die Anni und der Hansi sand heit bei ana Demo, oiso ned beim Demonstrieren, sondern als Polizeischutz in Minga, und den Merkl kann i dabei ned braacha.«
    »Bei was denn?«
    »I hätt hoit gern
di
dabei, so als oide Kriminalerin hast du hoit scho an wahnsinns guadn Blick für Details.« Die Spannung steigern und ein paar schmeichelhafte Komplimente einstreuen, da war der Brunner schon recht gut drin. Und im Drumherumreden.
    »Bei was denn?«
    Aber jetzt nichts mehr von wegen drum herum.
    »Die habn a Auto gfunden. Im Derdorfer Weiher. Und in einer hoibn Stund ziagn s’ an außa, den Karrn. Und jetz rat amoi, was für a Marke.«
    Raten hat die Katharina gar nicht müssen. Sie hat einfach das Nächstliegende gesagt.
    »An Jaguar?«
    »Genauso is’s.«
    Und jetzt war die Katharina natürlich gleich hellwach, Kopfweh hin oder her. Ruf der Verbrechensbekämpfung, Weckruf sozusagen.
     
    Gefunden hat den Wagen ein junges Pärchen gehabt, der Silbereisen Vinzenz und die Bauer Anne-Marie, beide Anfang zwanzig. Wenn du Anfang zwanzig bist und verliebtund es ist Sommer, dann schaust du, dass du mit deinem Freund oder deiner Freundin ganz viel draußen unternimmst.
    Der Vinzenz hat gerade Koch gelernt, und die Anne-Marie hat Hotelfachgehilfin im selben Betrieb gemacht, im Posthotel in Derdorf. Ein riesiger Familienbetrieb war das, Hotel und Gaststätte und ein traumhafter Biergarten drum herum, der im Sommer immer bis 23   Uhr gesteckt voll war, ohne Ausnahme, jeden Tag. Sogar aus München sind sie hergekommen, und das war mit Sicherheit auch das Verdienst der Köche, also unter anderem das Verdienst vom Silbereisen Vinzenz.
    Am Donnerstag sind also der Vinzenz und die Anne-Marie nach Schichtende um sieben an den Derdorfer Weiher hinaus. Es war noch richtig schön warm, das Moorwasser im Weiher ganz dunkelbraun und weich, das ist dann einfach herrlich, wenn du auf dem kleinen Wiesenstück zwischen dem Schilf dein Zeug ausziehst und hineinspringst, nackt, wie Gott dich schuf.
    Wahnsinns gut für die Haut ist so ein Bad im Moorweiher.
    Und dem Vinzenz hat es auch nichts ausgemacht, dass es in dem Weiher ein bisschen schlammig und sumpfig war, ist halt so, die Natur. Getaucht hat er ohnehin gerne, wenn man auch in so einem Weiher höchstens einen halben Meter weit sieht. Die Anne-Marie hat da eher ein bisschen Angst gehabt, weil sie einmal eine Gruselgeschichte mit einem Weiher gelesen hatte, aber mit dem Vinzenz zusammen hat sie sich schon reingetraut. Und dann sind sie bis zu der verankerten Plattform mitten auf dem Weiher geschwommen, haben sich drauf hingelegt, das Holz war ganz warm, und sie haben gekuschelt und gewartet, dasssie in den letzten Sonnenstrahlen noch trocknen. Aber dann ist die Sonne hinter den Fichten verschwunden, und der Vinzenz hat wieder mit seiner Taucherei angefangen, obwohl es der Anne-Marie inzwischen schon ein bisschen unwohl war. Aber der Vinzenz wollte halt endlich einmal ausprobieren, wie weit er runterkommt, weil er gedacht hat, so um die Plattform herum, das müsste doch eigentlich die tiefste Stelle von dem Weiher sein.
    War es schon auch, aber trotzdem ist der Vinzenz nach ein paar Metern an etwas angestoßen, was sich jetzt nicht wirklich wie Natur angefühlt hat. Sondern eher metallisch. Er ist rauf, noch einmal Luft holen, und dann wieder abgetaucht, um zu fühlen, und da hat er eine

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