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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Brinkmann
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können.
    Leicht ist es nicht gewesen, den Fundort auf Spuren zu untersuchen, geschweige denn zu sichern, weil am Vormittag jede Menge Schaulustige an den Derdorfer Weiher gepilgert sind. In Windeseile hat es sich herumgesprochen, dass die Polizei ein Auto aus dem Moorgewässer gezogen hat, und da weiß ein jeder gleich, es muss ein Kapitalverbrechen passiert sein.
    Jetzt haben sie noch vier Polizeibusse Verstärkung an den Weiher gefahren mit jeder Menge Polizisten drin, die die Schaulustigen zurückgedrängt haben.
    Es war nämlich so, dass die Anne-Marie und der Vinzenz nach dem polizeilichen Verhör ganz aufgekratzt nach Hause gekommen sind, und jeder von den beiden hat es den Eltern erzählt. Die Anne-Marie ist ab in der Früh nur noch am Telefon gehangen und hat alle ihre Freundinnen angerufen, weil wenn du eine Schauergeschichte zwanzigmal erzählst, dann wird sie erst begreifbar und erträglich. Beim Vinzenz das Gleiche, nur sind die jungen Männer oftso technikbegeistert, dass ihnen ein Telefon einfach zu unwirtschaftlich erscheint. Also hat er es schnell über Twitter verbreitet, da erreichst du halt am ehesten auf einen Schlag die ganze Welt, und per Massenmail hat er dann seinem gesamten Adressbuch minutiös den ganzen Abend und das nächtliche Verhör dargelegt, dass es fast den Server seines E-Mail -Anbieters gesprengt hätte, Handyfotos und -videos inklusive versteht sich.
    Die Eltern der beiden haben es ihrer Generation erzählt, ganz konventionell in Form von Mundpropaganda, beim Metzger, beim Bäcker, beim Zahnarzt, beim Friseur und quer über jeden Gartenzaun hinweg.
     
    Die Leiche haben sie nach dem ersten Augenschein von der Spurensicherung nach München in die Rechtsmedizin gebracht, der Aigner und ein Kollege sind als Zeugen zur Obduktion mitgefahren, man gibt ja ungern das Spannendste an einem Kriminalfall aus der Hand. Vom Wagen ist jeder Fitzel fotografiert worden, und dann ab nach Mühldorf damit, in die Abteilung vom Rudi, weil er hat gewusst, am Weiher, mit den ganzen Gaffern drum herum, da kommt er nicht weiter.
    Den Halter des Wagens haben sie ratzfatz über das Kfz-Bundesamt ermittelt gehabt, und das war, keinen hat es mehr gewundert, der Altmann Thomas.
    Also hat das Gerücht geheißen: Der Altmann ist tot, ertrunken im Derdorfer Moorweiher, eine schiache aufgequollene Leiche, entstellt bis zur Unkenntlichkeit, von Fischen angenagt, et cetera, et cetera, so ist es dann um elf Uhr Vormittag auf Twitter zu lesen gewesen.
    Auf jeden Fall sind dann ein paar Anrufe beim Brunner und bei der Katharina eingegangen. Zum Beispiel dieAltmann Clara, die hat ganz erschüttert geklungen. Ob es wahr ist, was man sich erzählt.
    Man könne zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Aussage über die Identität des Toten machen, so die Katharina, aber da hat sie schon eine Teilaussage gemacht, nämlich: Der Tote ist ein Mann. Also soweit man es erkennen hat können.
    Die Tierärztin ist persönlich erschienen, aber durch die Absperrung ist sie natürlich nicht gekommen, da hat sie die Katharina per Handy angerufen und gesagt, sie rührt sich nicht vom Fleck, sie will jetzt auf der Stelle Klarheit über die Identität des Toten, auf der Stelle. Hätten wir auch gerne, wir von der Polizei, hat die Katharina geantwortet, aber wir alle müssen auf die Rechtsmedizin warten.
    Der Hafner hat sich nicht persönlich gemeldet, aber seine Sekretärin, die Susi, die war ganz neugierig, wie der Altmann es wohl geschafft hat, sich mitsamt seinem schönen Wagen im Derdorfer Weiher zu versenken, und was ihn wohl dazu veranlasst haben mag. Aber Gott sei Dank hat die Katharina nicht mehr antworten müssen, weil ihr Akku war schon wieder aus.
    Dafür hat es vor Ort noch eine kurze Unterhaltung gegeben zwischen dem Brunner, dem Moser und der Katharina. Der Moser hat nämlich Lackspuren an der Fichte ganz am Ende vom Parkplatz gefunden, dunkelgrüne, und eine fetzen Delle ist auch gewesen in der hinteren Stoßstange und am Heck von dem Jaguar, im Kies ein paar undefinierbare Reifenspuren, aber alles könnte sich laut Moser wie folgt zugetragen haben: Der Fahrer ist zuerst zügig im Rückwärtsgang ans Ende des Parkplatzes gerauscht, die Fichte hat ihm gesagt, wo der Parkplatz aufhört, und dann hat er Anlauf genommen und ist quer über die Zufahrt unddie Wiese gebrettert, und ab in den Weiher. Und das alles im ersten Gang. Selbstmord wahrscheinlich, warum lässt einer sonst die Fenster offen, vielleicht um sicherzugehen, dass

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