Holunderblut
geküsst hat, und sein Geruch hat sich mit dem Duft vom Caffè vermischt, der in der Kanne hochgebrodelt ist. Und weil ihr dieser Moment dermaßen unter die Haut gegangen ist vor lauter Liebe und Familie und Geborgenheit und allem, hat sie sich alles inklusive dem flüchtigen Gedanken eingeprägt wie ein Bild, und das hat sie später noch sehr gut brauchen können.
»Ja, Chefermittlerin, hinter jedem Indiz herjagn wiar a Windhund, aber ned zuhörn und ned mitdenga!«, hat der Brunner jetzt gelacht am anderen Ende der Verbindung. »Du woaßt doch, dass i zwoa Briader hab und a kloane Schwester, und
die
is mit dem Fischhaber Florian verheirat’, und die Anni is ihr Tochter. Du hast friara doch aa amoi kindst bei der Anni!«
»Da hat s’ no Anita ghoaßn und Windeln oghabt!«, hat sich die Katharina zu Recht verteidigt, jetzt, wo der Brunner sie an ihre alten Babysitterzeiten erinnert hat. Und nebenbei versucht, den Matteo sanft abzuschütteln, weil sein Dreitagebart an ihrem Nacken hat sie ziemlich gekitzelt.
»Und wen bringst du jetz mit?«, hat der Brunner nachgehakt.
»Des siggst na scho. Und wenn mir jetz no lang weitertelefoniern, dann kimm i z’ spaad mit meim –
Freind
.«
Und deswegen haben sie aufgehört, und die Katharina ist auch erst einmal nicht dazu gekommen, ihrem Freund zu erklären, wo er jetzt gleich mit ihr mit hinkommt, weil sie ihn ja nicht hat abschütteln können und eigentlich auch nicht
wollen
und er sie ein bisschen, aber sanft, gegen den Kühlschrank gedrückt hat mit seinen Annäherungsversuchen und seinen Küssen, und an ihrem Rücken die kalte Kühlschranktür und vor ihr, ganz nah, Matteo Lucarelli, der noch immer nicht genug hatte.
»Ja, und Anni, warum hast
du
nix gsagt? Die ganze Zeit nennst du deinen Onkel nur den Brunner, da kimmt ma ja ned drauf«, hat die Katharina jetzt zur Anni gesagt, quer über den Tisch hinweg, und die Anni hat geantwortet, dass das in der Dienststelle halt schon professioneller daherkommt als ein Onkel Josef, oder Sepp am End, und da hat sie auch wieder recht gehabt.
Neben der Katharina am Tisch ist der Matteo gesessen, gegenüber die Anni, neben der wiederum der Hansi, also offiziell, dass die beiden ein Paar waren, am schmalen Ende vom Tisch der Hausherr, also der Brunner Josef, und am anderen Ende die Resi. Das heißt, die Resi ist eigentlich mehr herumgesprungen als gesessen, weil so eine plötzliche, unverhoffte, nette Großfamilie will ja auch ordentlich bedient sein. Eine Familie, durch und durch aus Polizei bestehend, da ist es freilich nebenbei auch um diverse Delikte und Kriminalgeschichten gegangen. Und halt ganz viel Privates.
»Mecht no oana was zum Dringa?«, hat die Resi zwischendurch immer wieder fürsorglich gefragt.
»Jetz wo sd’ scho grad stehst, bring mir doch bittschee no a scheens, koids Weißbier, Resi, und hock di wieder zuawe da, des macht mi ganz verruckt, du und dei ewige Ummanadaspringerei!«, hat der Brunner liebevoll längs über den Tisch hinweg gerufen.
»I daad no a Alkoholfreies dringa«, hat der Hansi sich gemeldet.
»Kathi,
du
?«, hat die Resi nachgefragt, aber die Katharina hat nur den Kopf geschüttelt, weil sie erstens mit Wasser vorliebgenommen hat, wegen ihren Kopfschmerzen, da muss ja nicht unbedingt ständig Alkohol draufgeschüttet werden, und zweitens, weil sie gerade mit der Anni, respektive Anita, über alte Zeiten geredet hat.
»Und dei
Freind
?«, hat die Resi nicht lockergelassen, und sich dann direkt an den Matteo gewandt. »Herr Lucarelli, möchten Sie noch ein Birra?« Und weil die Resi recht wild gestikuliert hat mit einer Bierflasche in der Hand, hat der Matteo sie dann doch auch verstanden, obwohl Deutsch für ihn ein Buch mit sieben Siegeln war und Bairisch eines mit mindestens vierzehn.
»Troppo gentile, ma grazie, no. Sono a posto così.«
»Was? Ah, na Schmarrn,
wie bitte? Prego?
«, hat die Resi noch einmal nachgefragt, weil sie gerade abgelenkt gewesen ist, weil sie dem Josef das Bier eingeschenkt hat, und so ein Weißbier gehört schön langsam eingeschenkt, mit Konzentration, damit es nicht zu viel und nicht zu wenig Schaum gibt und die ganze Hefe mit reingeht ins Glas.
»Passt scho, Resi«, hat die Katharina beiläufig für den Matteo geantwortet, zwischen zwei Sätzen, die sie gerade an die Anni und den Hansi gerichtet hat.
Ein bisschen verloren hat der Lucarelli gewirkt in dieser zusammengewürfelten bayerischen Großfamilie, woer kein Wort verstanden hat. Den
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