Holunderblut
Land rund um die Villa herum.
Und dann war er plötzlich ganz still, der Matteo, und die Katharina hat ja gewusst, wie man sich ohne Eltern fühlt, da ist es vollkommen egal, wie alt man selber ist, und dann hat sie ihn umarmt und nicht weiter gefragt, denn eigentlich hat sie es gleich gespürt gehabt, dass seine Eltern nicht eines natürlichen Todes gestorben sind, aber manchmal darf man fragen und manchmal muss man still sein, und ganz still und umschlungen sind sie jetzt dagelegen, und dann ist die Dunkelheit ins Zimmergekrochen und ein kühler Wind, der die Abendwärme vertrieben hat, und der Geruch von gemähten Wiesen. Und ganz heimlich und ganz nebenbei ist es Herbst geworden.
»Herr Hafner, einen schönen guten Morgen.«
Nach ihrem ersten Caffè hat die Katharina sich bereit für ihr vertagtes Tagesprogramm vom Sonntag gefühlt. Das sie jetzt auch schnell noch vor Dienstbeginn anleiern wollte. Also halb acht. Der Matteo ist unter der Dusche gewesen, sie selbst praktisch abflugbereit.
»Aaah die Frau Berger!«
»Ja,
die Frau Berger
«, hat die Katharina bestätigt, ein bisschen genervt von der aufgesetzten ewig guten Laune vom Hafner. »I hab denkt, Sie wojten Eana zruckmejdn bei mir? Gestern!«
»Echt? Hab i des gsagt? Mei … duad ma leid, aber … Des ganze Wochaend hab i mit ana Importgschichtn zum Doa ghabt, und jetz hab i an recht an dahauden polnischen Jaguar aufm Hänger, der ned amoi d’ Hojfdn wert is vo dem, was i zoit hab!«
Armer Mann, hat die Katharina sich mit unverhohlenem Spott gedacht und gesagt: »Ja aber Herr Hafner, den fahrn S’ schnoj durch d’ Waschanlag, und dann verkaffn S’n fürs Doppelte!«
»Mei, Sie habn aber guade Ideen, Frau Berger, so machmas, wojn S’ ned mei Business-Beraterin wern?«
»Geht doch ned, Herr Hafner, i bin ja mit dem Polizeidienst vollends ausgelastet!«
»Ah ja, stimmt ja. Sie sand ja bei der Polizei. Oiso dann –«
»Ja hoit! Ned auflegn, Herr Hafner! I hab a Anliegen!«
Er hat ganz genervt und gestresst geseufzt. »Ja, was is’n?«
»Jetz, wo Sie grad no so polnisch eingstimmt sand vo Eana Ihrm Wochaend, Herr Hafner, daad i gern heit no mit Eana über a paar Polen sprecha, unter anderem über den Polen am Steuer vom Altmann seim Jaguar. Woher haben S’ denn
des
schon wieder gwusst?«
»Hab i genauso wenig gwusst wia Sie, Frau Berger. Bloß geraten.«
»Wann habn S’n Zeit?«
»Ja mei, Zeit wenn i hätt! Was i dann ojs daad!«
»So, Herr Hafner. I sag Eana, was
i
dua: I kimm heit so ummara sechse auf d’ Nacht bei Eana vorbei, und Sie sand dann bittschee da!«
»Ja, aber versprecha kann i nix.«
Ein Versprechen hat die Katharina gar nicht gebraucht, weil sie ist davon ausgegangen, dass der Hafner jetzt, am Morgen, da ist. Und deswegen hat sie sich vom Matteo den sauteuren 507-PS-schweren BMW M5 mit italienischem Kennzeichen ausgeliehen und ist als erste montägliche Amtshandlung um Punkt acht mit genau diesem Wagen beim Hafner in Halling auf dem Hof vorgefahren, in voller Uniform und mit der Pistole im Holster.
Was natürlich ein mords Aufsehen erregt hat. Bei der Susi, beim Jakob und beim Hafner erst recht.
Autos sprechen halt immer eine deutliche Sprache, und dieser Wagen hat quasi gesagt:
don’t mess with the police
, oder besser:
non attaccare briga con la polizia
.
»Einen schönen guten Morgen allerseits«, hat die Katharina die versammelte Mannschaft begrüßt, die mit großen Augen geschaut hat, wie sie aus dem M5 ausgestiegen ist.
»Ja, Frau Berger, i hab Eana heit friar no gar ned erwart«, hat der Tandler mit ehrfürchtigem Blick auf das italienische Auto gesagt.
»Ach wissen S’, i hab mir denkt, was du morgens kannst besorgen … Und deswegen mein Vorschlag, Herr Hafner. Mir zwoa redn jetzt in Eana Ihrm Büro oder, wenn Eana des liaber is, in der Polizeidienststelle in Weil.« Und dann hat die Katharina recht freundlich in die Runde gelächelt.
»Da parken S’ a bisse unguad«, hat der Hafner nur gesagt.
»Der Jakob kann den Wagen ja schnell besser parken«, war die Antwort von der Katharina, während sie dem Jakob den Schlüssel zugeworfen hat, und der hat ihn gefangen und sich gefreut, sich in den Karrn setzen zu dürfen.
»Sand S’ jetz unter die Italiener ganga?«, hat der Hafner wissen wollen, während sie zu zweit ins Büro rein sind, die Sekretärin hat draußen bleiben müssen.
»Herr Hafner, i hätt a paar Fragen.«
»Also dann fragen S’ – aber bittschee schnoj, weil
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