Holy Shit
der WM schrieb Materazzi jedenfalls ein humorvolles Büchlein darüber, dessen Einnahmen UNICEF bekam. Der schöne Titel: »Che cosa ho detto veramente a Zidane«, also »Was ich Zidane wirklich gesagt habe«.
Im Herzen der Heimat Materazzis treiben frommere SeelenBallsport, die so etwas niemals täten und schon gar nicht tätlich würden. Auch im Vatikan wird gekickt, und zwar unter dem Motto: »Ein neuer Fußball ist möglich.« Alle dürfen sie mitmachen in diesem Kleinstaat, Priester und solche, die es werden wollen, Wachhabende aus der Schweiz, und, wenn er denn wollte, sogar der Herr mit der Nummer sechzehn. Zu den üblichen Regeln kommen im Vatikan weitere, die Fluchen, Schimpfen, Meckern und Widerspruch gegen Schiedsrichterentscheidungen verbieten. Aber auch erzkatholische Spieler sind nur Menschen. Ein Priester aus Burkina Faso konnte sich nicht beherrschen, fluchte auf den Schiedsrichter, warf sogar sein Hemdchen nach ihm. Nicht nur er selbst, auch seine Mannschaft wurde daraufhin gesperrt. Bitter! Aber, meint Mario Galgano, der als Redakteur für Radio Vatikan arbeitet: »Wenn es um grobe Fehler, also um Sünden geht, dann muss der entsprechende Spieler schon sein Gewissen überprüfen.«
Daran werden sich die Fußballer weltweit vielleicht ein Beispiel nehmen. Die Zuschauer garantiert nicht. Ob es um die eigene oder die gegnerische Mannschaft geht, Beschimpfen gehört zum Fan-Dasein und hat eine durchaus unterhaltsame Seite. Das zeigen zwei Beispiele aus Irland, wo offenbar selbst in Bordellen gekickt wird und selbst behinderte Prostituierte recht gut spielen: »They couldn’t score in a fucking brothel and they call themselves the national team!« Oder: »I’ve seen onelegged, drunken whores at the docks playing better football than this.«
Keuchmiezen, Schlägertypen, Linienpisser. Das edle Tennis
Ab 2012 soll das Stöhnen, Kreischen und Keuchen aufhören, zumindest bei den Frauen und im Tennis. Als »Kreischsägen« hatte man die Spielerinnen beschimpft, manchmal sogar als »Keuchmiezen« und – wesentlich netter – als »Sirenen«. Ob es Monica Seles war, Maria Scharapowa, Wiktoria Asarenka oder viele weitere, sie erschienen mit ihren Lautäußerungen nicht mehr tragbar. Bei Männern, die seit Jimmy Connors Zeiten mindestens genauso laut ächzten, hatte das selten jemand moniert. Stört es das edle Tennisspiel wirklich? Eher nicht. Denn so edel ist es seit Jahrzehnten nicht mehr, wie schon wenige Beispiele belegen. Berühmt für seine fürchterlichen Wutausbrüche ist bis heute John McEnroe. Die Ziele der Attacken? Hauptsächlich Linien- und Schiedsrichter. Das klingt dann so: »Beantworte meine Frage! Die FRAGE, TROTTEL! Du kannst das nicht ernst meinen, Mann! DU KANNST DAS NICHT ERNST MEINEN!«; »Ach geh und fick deine Mutter!«
Bei Jimmy Connors hörte es sich nicht wesentlich netter an, wenn er den Schiedsrichter auf dessen Hochsitz anschrie: »Raus aus deinem Stuhl! Raus aus deinem Stuhl! Du bist ein Penner! Du bist ein Penner! Ich bin neununddreißig Jahre alt und racker mir hier den Arsch ab, und du machst so was! Ganz klar: meinen Arsch! Meinen Arsch!«
Wer sich auf dem Platz ungerecht behandelt fühlt, der kann wie der Spieler Jeff Tarango schon auf solche Gedanken kommen: »Sie sind der korrupteste Schiedsrichter im Spiel, und Sie können das nicht tun!«
Bei den US-Open machte Serena Williams einer Linienrichterin 2009 solche Angst, dass die bei der Schiedsrichterin Hilfe suchte. Ob Williams wirklich Folgendes gesagt hatte? »Ich schwöre bei Gott, ich werde diesen Ball nehmen und ihndir in deinen verdammten Hals stecken, hast du mich verstanden?« Zwei Jahre später schimpfte sie bei den US-Open wieder mit einer Offiziellen, diesmal war es die Schiedsrichterin. Klüger geworden, erging sie sich zumeist in allgemeinen Formulierungen, sagte aber immerhin: »Sehen Sie mich noch nicht einmal an. Sie sind ja außer Kontrolle. Sie sind voller Hass und ein abstoßender Charakter.«
Dass man auf dem Center-Court auf Schlägertypen trifft, verwundert grundsätzlich nicht, was die mit ihren Schlägern anstellen, jedoch zuweilen schon. Den Rekord in Sachen Zerstörung dürfte seit Januar 2012 Marcos Baghdatis aus Zypern halten, der aus Wut vier Schläger, zwei davon noch in der Plastikhülle, innerhalb von 30 Sekunden zertrümmerte. Das nächste Spiel gewann er, doch dann half der Furor wohl nicht mehr, und er verpasste den Einzug in die nächste Runde der Australian Open.
Die positive
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