Home Run (German Edition)
jede Menge Souvenirs. Mein Vater hatte mir widerwillig erlaubt, an der Veranstaltung teilzunehmen. Ich hatte mich mit Willie Mays, Tom Seaver, Rusty Staub und den meisten anderen Spielern der Mets zusammen fotografieren lassen. Meine Mutter ließ die Fotos vergrößern, und ich hatte sie in meine Scrapbooks geklebt. Die Alben für Tom Seaver und Willie Mays – die einzigen Spieler der Mets, die es je in das All-Star-Team geschafft hatten – waren besonders dick.
Während ich mir das Spiel ansah, fragte ich mich, was sie wirklich von Warren Tracey hielten. Sicher, sie waren Mannschaftskameraden, doch ich bezweifelte, dass sie viel für meinen Vater übrighatten. Ich versuchte zwar ständig, ihm etwas aus der Nase zu ziehen, doch er sprach nur selten über die anderen Spieler. Mit zwei von den Relievern aus dem Bullpen ging er manchmal abends weg, und hin und wieder erzählte er eine lustige Geschichte über etwas, das im Klubhaus oder bei einem Auswärtsspiel passiert war – Geschichten, die für unsere Ohren geeignet waren. Yogi Berra, der Manager, war immer für einen Lacher gut. Doch die richtig bekannten Spieler der Mets – Tom Seaver, Willie Mays, Jerry Koosman, Rusty Staub – waren tabu. Ich glaube, er neidete ihnen den Erfolg.
Für die American League hatten die Fans so großartige Spieler wie Brooks Robinson, Reggie Jackson und Rod Carew ausgewählt. Catfish Hunter war der Starting Pitcher. Im Team der National League waren drei Spieler der Reds, Pete Rose, Joe Morgan und Johnny Bench. Von den Cubs waren es zwei, Ron Santo und Billy Williams. Hank Aaron war der First Baseman. Für das Spiel waren vierundfünfzig Spieler – so viele wie noch nie – aufgestellt worden, und ich hatte von jedem einzelnen die Topps-Baseballkarte. Ich kannte ihr Alter, ihren Geburtsort, ihre Größe, ihr Gewicht und sämtliche Stats. Diese Informationen brauchte ich nicht auswendig zu lernen – ich sog sie einfach auf. Baseball war meine Welt, und die Spieler waren meine Idole.
Mein Sport hatte mir jedoch gerade eine herbe Enttäuschung bereitet, und ich war schwer getroffen. Die rechte Seite meines Gesichts war dick angeschwollen, und das Auge bekam ich gar nicht mehr auf. Ich war so froh, dass mein Vater nicht im All-Star Game spielte, denn das hätte ich nicht ertragen. Er war nicht mal in die engere Auswahl gekommen, doch mit seinem verdrehten Ego fühlte er sich übergangen. Es war eine Erleichterung, dass er nicht zu Hause war.
Meine Mutter, die in der Nähe saß, las ein Taschenbuch und achtete nicht auf das Spiel, doch sie blieb bei mir. Nachdem mein Vater hinausgestürmt war und sich alles wieder beruhigt hatte, sagte sie zu mir, dass er mich nie wieder schlagen werde. Für mich war das ein sicheres Zeichen dafür, dass sie ihn oder er uns verlassen würde oder dass es sonst irgendwie zum Bruch kam. Das flüsterte ich Jill zu, und zuerst freuten wir uns. Dann begannen wir uns zu fragen, wo wir leben würden. Was würde aus ihm werden? Wie würde Mom ohne sein Geld zurechtkommen? Während wir uns die verschiedenen Szenarien ausmalten, kamen uns immer mehr Fragen in den Sinn. Ich glaube, jedes Kind möchte, dass seine Eltern zusammenbleiben, doch im Laufe des Tages fühlte ich mich hin und her gerissen zwischen den Unsicherheiten einer Scheidung und dem angenehmen Gedanken an ein Leben ohne meinen Vater. Ich tendierte dazu, Letzteres zu bevorzugen.
Als Ron Santo im zweiten Inning an die Plate trat, fingen Curt Gowdy und Tony Kubek sofort damit an, von Joe Castle zu erzählen. Die beiden waren zehn Tage zuvor bei dem historischen Ereignis im Wrigley Field dabei gewesen und fassten alles noch einmal zusammen, während das Duell Santo gegen Catfish Hunter lief. Nach elf Spielen hatte Joe inzwischen vierzig At Bats, neunundzwanzig Hits, zwölf Home Runs und vierzehn gestohlene Bases. Er hatte in jedem Spiel Safe Hits geschlagen, und – was noch wichtiger war – die Cubs hatten neun der elf Spiele gewonnen und standen an erster Stelle der National League East. Das Wrigley Field war nicht nur bei jedem Heimspiel mit Joe ausverkauft, sondern auch für alle weiteren Spiele bis nach dem Labor Day.
Kubek stellte die gleiche Vermutung an, die bereits die Runde machte. Die Weisen des Baseballs und mein Vater waren der Meinung, dass die Pitcher Joe schon sehr bald durchschauen und seine Schwächen finden würden. Sein Trefferdurchschnitt lag zurzeit bei . 725 , was geradezu lächerlich war, und würde mit Sicherheit wieder
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