Home Run (German Edition)
Grund, den niemand – und Joe schon gar nicht – verstehen oder erklären oder rekonstruieren konnte, verlor er den Ball einfach aus den Augen. Er hatte einmal gesagt, dass er lieber von links schlage, da sein rechtes Auge die Pitches schneller erkenne, doch in diesem entscheidenden Sekundenbruchteil ließen ihn seine Augen im Stich. Vielleicht war etwas hinter der Begrenzung am Center Field. Vielleicht ein plötzlicher Schatten. Vielleicht hatte er den Ball aus den Augen verloren, als dieser zwischen dem weißen Trikot meines Vaters und der Home Plate durch die Luft raste. Vielleicht hatten ihn die Bewegungen von Felix Millan, dem Second Baseman, abgelenkt. Niemand würde es je erfahren, denn Joe sollte sich später an nichts erinnern können.
Das Geräusch, wenn ein Baseball aus Leder auf einen Schlaghelm aus Kunststoff trifft, ist unverkennbar. Ich hatte es bei meinen Spielen schon mehrmals gehört, unter anderem zweimal, als ich einen Batter aus Versehen getroffen hatte. Ich hatte es vor einem Monat im Shea Stadium gehört, als Bud Harrelson einen Beanball abbekommen hatte. Ich hatte es im Sommer zuvor bei einem Minor-League-Spiel gehört, das ich mit Tom Sabbatini und seinem Vater besucht hatte. Es ist kein scharfer Knall, sondern eher so, als würde ein stumpfer Gegenstand auf eine harte Oberfläche treffen. Es ist ein furchtbares Geräusch, doch wenn man es hört, denkt man sofort, dass der Helm schwere Verletzungen verhindert.
Aber das Geräusch, als Joe getroffen wurde, war anders. Was wir hörten, war der dumpfe Aufschlag eines Baseballs, der Fleisch und Knochen zermalmt. Zuschauer, die nahe genug am Feld saßen, um das Geräusch zu hören, sollten es nie wieder vergessen.
Ich konnte es hören. Und heute höre ich es immer noch.
Der Ball traf Joe am rechten Augenwinkel und riss ihm den Helm vom Kopf, als er nach hinten kippte. Beim Fallen stützte er sich mit beiden Händen ab und lag eine Sekunde mit offenen Augen da, bevor er das Bewusstsein verlor.
Was dann passierte, ist mir in vielen einzelnen Bildern in Erinnerung geblieben. Die Zuschauer waren fassungslos, viele riefen »O mein Gott!«. Der Schiedsrichter an der Home Plate winkte Unterstützung herbei. Jerry Grote stand hilflos vor Joe. Die Bank der Cubs war kurz davor zu explodieren; mehrere Spieler waren bereits aus dem Dugout gestürmt und brüllten Warren Tracey an. Die Fans der Cubs buhten laut. Die Fans der Mets waren verstummt. Mein Vater ging langsam zu einer Stelle hinter dem Wurfhügel und nahm den Handschuh ab. Dann stemmte er beide Hände in die Hüften und starrte auf die Home Plate. Ich hasste ihn.
Während sich die Trainer über Joe beugten und wir warteten, schloss ich die Augen und betete, dass er aufstehen würde. Dass er es einfach so abschütteln würde. Dass er zur ersten Base laufen würde. Und dass er irgendwann in diesem Spiel den Wurfhügel stürmen und meinem Vater eine verpassen würde wie Dutch Patton. Meine Mutter starrte fassungslos auf das Spielfeld, dann auf mich. Mir standen die Tränen in den Augen.
Minuten verstrichen, doch Joe stand nicht auf. Wir konnten seine Stollenschuhe und seine Hose von den Knien abwärts sehen, und einmal schienen seine Füße zu zucken, als hätte er einen Anfall. Die Fans der Cubs fingen an, Abfall auf das Spielfeld zu werfen, was die Wachleute aktiv werden ließ. Jerry Grote ging am Wurfhügel vorbei und stellte sich neben seinen Pitcher. Ich beobachtete meinen Vater, und plötzlich bemerkte ich etwas, was mich nicht überraschte. Während Joe am Boden lag, bewusstlos, schwer verletzt und von Krämpfen geschüttelt, sah ich meinen Vater lächeln.
Am Right Field wurde ein Tor geöffnet, und ein Rettungswagen fuhr herein. Er blieb in der Nähe der Home Plate stehen, eine Trage wurde herausgeholt, und plötzlich entstand noch größere Unruhe unter den Ärzten, Sanitäter und Trainer. Wie auch immer es Joe gerade ging, sein Zustand verschlechterte sich. Schnell wurde er in den Rettungswagen geladen und weggefahren. Alle fünfundfünfzigtausend Fans im Stadion erhoben sich von ihren Sitzen und applaudierten, obwohl Joe nichts hörte.
Während der Spielunterbrechung hatten die Cubs Zeit, die verschiedenen Möglichkeiten zu überdenken. Warren Tracey hatte in der zweiten Hälfe des zweiten Innings drei Strikes kassiert und war damit out gewesen, daher würde er erst im fünften Inning wieder am Schlag stehen. Weil Ferguson Jenkins für die Cubs pitchte, zweifelte niemand, der etwas
Weitere Kostenlose Bücher