Home Run (German Edition)
eingestimmt, doch ich saß zwischen den Fans der Mets. Außerdem war mein Vater der Pitcher der gegnerischen Mannschaft, und es schien einfach nicht richtig zu sein.
Als mein Vater in der ersten Hälfte des ersten Innings zum Wurfhügel ging, bereiteten ihm die Fans ein lautstarkes Willkommen. Das Stadion war bis auf den letzten Platz besetzt, und seit über einer Stunde hatten sich die Fans der Cubs und der Mets gegenseitig angebrüllt. Als Rick Monday beim ersten Pitch einen Line Drive zum Shortstop schlug, gab es donnernden Applaus im Stadion. Zwei Pitches später schlug Glenn Beckert einen Pop-out ins Right Field, und Warren Tracey kam langsam in Fahrt.
»Am Schlag und an der ersten Base jetzt die Nummer 15 , Joe Castle«, verkündete der Stadionsprecher.
Ich holte tief Luft und fing an, auf meinen Fingernägeln herumzukauen. Ich wollte zusehen, dann wieder wollte ich die Augen schließen und nur zuhören. Meine Mutter tätschelte mir das Knie. Ich beneidete sie um ihre Teilnahmslosigkeit. In einem entscheidenden Moment in meinem Leben, im Leben ihres Mannes, im Leben zahlloser Fans der Mets und Cubs im ganzen Land, in einem der spannendsten Momente in der Geschichte des Baseballs war es meiner Mutter völlig egal, was als Nächstes passieren würde.
Der erste Pitch kam hoch und schnell, was keine Überraschung war. Joe, der mit links schlug, duckte sich, stürzte aber nicht. Mein Vater bekam auch keinen wütenden Blick ab. Es war ein einfacher Brushback. Willkommen in New York. Der zweite Pitch war ein Called Strike, der ziemlich niedrig aussah, doch Joe reagierte nicht. Der dritte Pitch war ein Fastball, den er auf die Tribüne in unserer Nähe schlug. Der vierte Pitch kam niedrig und nah an den Körper. Der fünfte Pitch war ein Changeup, der Joe in die Irre führte, doch er schaffte es, einen Foul Ball daraus zu machen.
Ich hielt bei jedem Pitch den Atem an. Ich betete um einen Strikeout, und ich betete um einen Home Run. Warum konnte ich nicht beides haben? Jetzt einen Strikeout für meinen Vater, später einen Home Run für Joe? Im Baseball bekommt man immer eine zweite Chance, richtig? Zwischen den Pitches dachte ich darüber nach, und nach kurzer Zeit war ich ein nervliches Wrack.
Der sechste Pitch war ein Curveball, der auf dem Boden abprallte. Drei Balls, zwei Strikes. Billy Williams als Nächster am Schlag. Das Shea Stadium tobte. Die Cubs standen mit zehn Spielen Vorsprung an erster Stelle der East Division. Die Mets lagen zehn Spiele zurück, waren aber am Gewinnen. Mein Vater gegen meinen Helden.
Joe schlug die nächsten acht Pitches aus dem Feld heraus, und aus dem At Bat wurde ein dramatisches Duell, in dem keiner der beiden Spieler auch nur einen Zoll nachgab. Warren Tracey würde keinen Walk abgeben. Joe Castle würde keinen dritten Strike kassieren. Der fünfzehnte Pitch war ein Fastball, der ziemlich niedrig aussah, doch in letzter Sekunde riss Joe den Schläger herum, ging den Ball an und hämmerte ihn ins Right Center, wo er zehn Meter hoch über die Begrenzung flog. Aus irgendeinem Grund sah ich wieder zum Wurfhügel, als ich wusste, dass der Ball draußen war, und beobachtete meinen Vater. Sein Blick folgte Joe, während dieser die erste Base umrundete. Als der Ball über den Zaun flog, stieß Joe kurz die Faust in die Luft, wie um zu sagen: »Gut gemacht!« Es war nicht arrogant oder unverschämt, es sollte den Pitcher nicht schlecht aussehen lassen.
Doch ich kannte meinen Vater, und ich wusste, dass es Ärger geben würde.
Dies war Joes einundzwanzigster Home Run in achtunddreißig Spielen, und es sollte sein letzter sein.
Es stand 1 : 1 , als Joe in der ersten Hälfe des dritten Innings bei zwei Outs und leeren Bases an die Plate trat. Der erste Pitch war ein Fastball, der außerhalb der Strike Zone war. Als ich das sah, wusste ich, was passieren würde. Der zweite Pitch wurde genauso geworfen wie der erste, schnell und dreißig Zentimeter außerhalb. Ich wollte aufstehen und »Pass auf, Joe!« brüllen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Als mein Vater vom Wurfhügel aus zu Jerry Grote, dem Catcher, sah, setzte mein Herzschlag aus, und mir stockte der Atem. »Er wird ihn treffen«, sagte ich zu meiner Mutter.
Der Beanball schoss direkt auf Joes Helm zu, und eine Sekunde lang, eine unendliche, furchtbare Sekunde lang, über die Fans und Reporter noch Jahrzehnte später sprechen und diskutieren sollten, bewegte sich Joe nicht. Er verlor den Ball aus den Augen. Aus irgendeinem
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