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Home Run (German Edition)

Home Run (German Edition)

Titel: Home Run (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ist.
    Soweit ich das beurteilen kann, ist Clarence stocknüchtern. Seinen letzten Lemon Gin beim Essen hat er nicht ganz ausgetrunken, und er macht nicht den Eindruck, beschwipst zu sein. Das trifft auch auf mich zu – den letzten Schluck Alkohol (und den letzten Schluck Lemon Gin meines Lebens) habe ich vor zwei Stunden getrunken. Mein Körper ist noch auf die Ortszeit von Santa Fe eingestellt, und da wir in New Mexico eine Stunde hinter Arkansas zurückliegen, bin ich noch nicht richtig müde. Und ich würde Clarence gern noch eine Weile zuhören. »An was hätten Sie denn gedacht?«, frage ich.
    Er ist bereits aufgestanden. »Ozark Pfirsichbrandy«, sagt er und verschwindet aus dem Raum.
    Es handelt sich um eine klare Flüssigkeit, die leicht bernsteinfarben schimmert. Clarence gießt den Brandy aus einer Karaffe in zwei kleine Schnapsgläser, was nichts Gutes ahnen lässt. Als er sich setzt, stoßen wir an. »Prost. Seien Sie vorsichtig. Es ist besser, wenn Sie zuerst nur einen kleinen Schluck trinken.«
    Ich befolge seinen Rat. Eine Lötlampe würde meine Lippen und Zunge sicher nicht weniger stark verbrennen. Ich bemühe mich, das Gesicht nicht zu verziehen, und schlucke den Brandy hinunter, während Flammen meine Speiseröhre hinabschießen, bis der letzte Tropfen meinen arglosen Magen erreicht hat. Clarence sieht mich aufmerksam an und wartet offenbar auf irgendeine Reaktion. »Nicht schlecht, oder?«, sagt er, als ich Haltung bewahre.
    »Was ist das? Benzin?«
    »Ein Erzeugnis aus der Gegend hier, das von einem unserer besseren Schnapsbrenner hergestellt wird.«
    »Unversteuert, wie ich annehme?«
    »Gänzlich unversteuert und eindeutig illegal.« Er trinkt noch einen Schluck.
    »Ich dachte immer, schwarzgebrannter Schnaps macht blind und schädigt die Leber.«
    »Diese Folgen kann er haben. Man muss die Quelle kennen. Das Zeug hier ist gut – leicht, aromatisch, so gut wie harmlos.«
    Harmlos? Meine Zehen stehen in Flammen. Als Sohn eines gewalttätigen Alkoholikers hatte ich noch nie viel für Hochprozentiges übrig, und nach einem Abend mit Lemon Gin und schwarzgebranntem Whiskey wird mir klar, dass das eine weise Entscheidung war.
    »Der zweite Schluck ist einfacher, und der dritte ist der beste«, sagt er. Ich nehme einen etwas kleineren Schluck als beim ersten Mal, und es brennt wirklich nicht mehr so stark, was aber wohl an dem Narbengewebe liegt, das der erste hinterlassen hat.
    »Paul, woher haben Sie eigentlich gewusst, dass Ihr Vater Joe einen Beanball verpassen würde?«, fragt Clarence, während er nach Pfeife und Tabakbeutel greift.
    »Das ist eine lange Geschichte.« Ich versuche, meine Zunge wiederzufinden.
    Er lächelt und breitet die Arme aus. »Wir haben die ganze Nacht Zeit. Normalerweise lese ich bis Mitternacht und schlafe bis acht.«
    Ich nehme noch einen dritten Schluck, der tatsächlich leicht nach Pfirsich schmeckt. »Mein Vater war von der alten Schule. Wenn ein Batter einen Home Run schlägt, gewinnt der Batter das Duell. Und mehr als seine Belohnung bekommt er nicht. Es ist eine Sünde, den Pitcher zu beleidigen, indem man auf irgendeine Art angibt. An der Plate stehen und bewundernd dem Ball hinterhersehen, den Schläger hochwerfen, im Schneckentempo um die Bases laufen, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu genießen. Das tut man nicht. Wenn der Batter gewinnt, hat er zügig die Bases zu umrunden und dann sofort im Dugout zu verschwinden. Andernfalls muss er dafür bezahlen. Wenn ein Batter eine Show abzieht, hat der Pitcher das Recht, einen Ball auf ihn zu werfen. Das stammt direkt aus dem alten Verhaltenskodex, auf den mein Vater einen Eid abgelegt hat.«
    »So, wie heute gespielt wird, würde das nicht mehr funktionieren«, meint Clarence, während er eine Rauchwolke ausstößt.
    »Keine Ahnung. Ich habe seit dreißig Jahren kein Spiel mehr gesehen.«
    »Hat Joe irgendetwas getan, um Warren Tracey schlecht aussehen zu lassen? Sie waren dabei. Vince Lloyd und Lou Boudreau sagten wiederholt, Joe habe nichts falsch gemacht.«
    »Nach Warrens offizieller Aussage lautet die Antwort: Nein. Nein, weil er kurz darauf anfing zu behaupten, es sei ein Versehen gewesen, er habe nicht auf Joe gezielt, der Pitch sei lediglich etwas zu hoch gekommen. Ich vermute mal, dass Warren seine Version geändert und zu lügen angefangen hat, nachdem klar war, dass Joe schwer verletzt war.«
    »Sie scheinen sich da sehr sicher zu sein.«
    »Als ich ein kleiner Junge war, so mit fünf oder sechs,

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