Home Run (German Edition)
City. Nachdem er sich das Filmmaterial angesehen und mit Augenzeugen geredet hatte, sperrte er Razor Ruffin und Whitey Lockman für zehn Spiele, Warren Tracey für fünf Spiele und acht andere Spieler für jeweils drei Spiele. Die Geschäftsstelle gab eine banale Pressemitteilung heraus, in der sie Joe Castle eine schnelle Genesung wünschte.
Für das Spiel am Samstag war das Shea Stadium erneut ausverkauft, und es waren noch mehr Fans der Cubs gekommen, die Ärger suchten. Kurz nachdem Tom Seaver den ersten Pitch geworfen hatte, landete eine Rauchbombe in der Nähe der Home Plate. Das Spiel wurde für fünfzehn Minuten unterbrochen, während man wartete, dass sich der Rauch verzog. Die Fans der Mets buhten, die der Cubs fluchten, die Atmosphäre im Stadion war angespannt. Das Wachpersonal war erheblich verstärkt worden, und Polizisten in Uniform standen fast Schulter an Schulter entlang des Warning Track. Joe war von dem dritten Pitch des dritten Pitchers im dritten Inning getroffen worden, und prompt regnete es Rauchbomben auf das Spielfeld, als Tom Seaver in der ersten Hälfte des dritten Innings den dritten Pitch zu Burt Hooton, dem Starter der Cubs, warf. Schlägereien brachen aus, als Mets-Fans die Werfer der Rauchbomben angriffen. Es kam zu Festnahmen. Das Spiel wurde für eine halbe Stunde unterbrochen, während pausenlos Warnhinweise aus den Lautsprechern plärrten. Die hässliche Situation verschärfte sich immer mehr.
Ich versuchte, mir das Spiel anzusehen, konnte es aber nicht. Ich wollte das Haus verlassen und mich für ein paar Stunden oder ein paar Tage bei den Sabbatinis verstecken, doch dann wäre meine Mutter allein gewesen. Also blieb ich in meinem Zimmer, schaltete das Radio ein und aus und schlug die Zeit tot.
Wenn die Mets Heimspiele hatten und mein Vater zu Hause war, wartete ich in der Regel ein paar Tage, bis ich die Artikel aus dem Sportteil der Zeitungen ausschnitt und in meine Scrapbooks klebte. Aber mir war langweilig, und er war nicht zu Hause, und im Grunde genommen war es mir egal, was er dachte. Am Küchentisch sitzend, schnitt ich die Artikel aus der Times aus, dann ging ich zu meinem Schrank, wo ich ein Dutzend Scrapbooks, Fotoalben und Baseballkartensammlungen aufbewahrte. Bei diesen Sachen herrschte eine mustergültige Ordnung, und soweit ich wusste, fasste sie außer mir niemand an. Da es so viele Artikel und Fotos von Joe Castle und seinem historischen Debüt gab, hatte ich das gesamte Material, das ihn betraf, neu geordnet und in ein Scrapbook übertragen, das nur ihm gewidmet war. Die einzigen anderen Spieler, denen diese Ehre zuteilgeworden war, waren Tom Seaver, Willie Mays, Hank Aaron und Catfish Hunter. Die restlichen Scrapbooks enthielt Souvenirs, Artikel und Fotos, die eine ganze Mannschaft betrafen – die Mets 1973 , die Mets 1972 , die Cincinnatti Reds, die Oakland A’s 1972 und so weiter. Vor zwei Jahren hatte ich ein Scrapbook angefangen, das meinem Vater gewidmet war, doch es gab einfach nicht genug Material, um es zu füllen.
Mein Joe-Castle-Scrapbook war verschwunden. Ich suchte jeden Zentimeter meines Schranks und meines Zimmers ab. Als ich sicher war, dass es nicht mehr da war, legte ich mich auf mein Bett und starrte an die Decke. Jill war im Ferienlager, außerdem würde sie nichts anfassen, was auch nur im Entferntesten mit Baseball zu tun hatte. Und meine Mutter auch nicht.
Unser Haus hatte einen Keller mit einer kleinen Waschküche, einem noch kleineren Hauswirtschaftsraum und einem großen Spielzimmer mit Fernseher und Billardtisch. Vom Spielzimmer führte eine Tür in den Garten hinter dem Haus. Da mein Vater manchmal erst in den frühen Morgenstunden nach Hause kam, schlich er sich oft ins Spielzimmer und schlief auf dem schmalen Sofa seinen Rausch aus. Manchmal, wenn meine Eltern sich gestritten hatten, übernachtete er ebenfalls dort. Hin und wieder stritten sie sich auch da unten, damit Jill und ich nichts davon mitbekamen. An Tagen, an denen mein Vater pitchte, verbrachte er oft Stunden dort, allein, bei heruntergelassenen Jalousien und im Halbdunkel, völlig versunken in seiner eigenen Welt. Er betrachtete das Spielzimmer als sein privates Refugium, was uns nur recht war. Wenn er für sich sein wollte, blieben wir gern weg.
Ich schlich mich die Treppe hinunter und schaltete das Licht ein. Mein Scrapbook war im Spielzimmer, auf einem Beistelltisch neben dem Sofa. Es lag aufgeschlagen da, auf der Seite, wo ich das Foto mit der Widmung »Für
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