Home Run (German Edition)
Paul Tracey, alles Gute« eingeklebt hatte.
Neben dem Scrapbook stand die orangefarbene Mets-Tasse, seine Tasse, die einzige Tasse, aus der er exakt sechs Stunden vor seinem ersten Pitch den Bananen-Milchshake trank. Einmal hatte er einen Wutanfall bekommen und in der Küche Geschirr zerschlagen, weil er die verdammte Tasse nicht finden konnte.
Ich erstarrte, als mir klar wurde, was ich da entdeckt hatte. Es war, als wäre ich an einen Tatort gekommen und würde verzögert reagieren, während ich alles begriff. Der Verbrecher hatte allein im Halbdunkel gesessen, in aller Ruhe seine Tat geplant und dann versehentlich die Beweise zurückgelassen.
Ich verließ das Spielzimmer und machte mich auf die Suche nach meiner Mutter.
Verunsichert, verängstigt und müde, wie wir waren, beschlossen wir wegzufahren. Wir packten schnell ein paar Sachen, sperrten das Haus ab und fuhren nach Hagerstown, Maryland, um ein paar Tage bei den Eltern meiner Mutter zu bleiben. Das Haus, die Morddrohungen und den ganzen anderen Mist konnte mein Vater haben. Er hatte es mehr als verdient. Damals war mir das noch nicht klar – und ich bin mir nicht sicher, ob es meiner Mutter bewusst war –, aber wir hatten unseren ersten großen Schritt in Richtung Trennung gemacht.
An dem Samstag gewannen die Mets das zweite Spiel der Serie, und sie mussten nicht einmal richtig dafür kämpfen. Zwei Pitcher wurden vom Platz gestellt, weil sie auf Batter geworfen hatten, und beide Mannschaften konnten die nächste Schlägerei kaum erwarten. Doch da so viele Spieler gesperrt waren, wurde das Gewinnen von Spielen wichtiger als das Gewinnen von Beanball-Kriegen.
Die Baseballwelt wartete darauf, dass Joe aufwachte, die Augen öffnete, sich einen Eisbeutel auf seine Wunden legte, ins Stadion zurückkehrte und damit weitermachte, die Zuschauer zu verblüffen und Rekorde aufzustellen. Doch am Sonntagmorgen lag er immer noch im Koma.
Die Mets triumphierten auch am Sonntag, und am Montag hatten sie alle vier Spiele gewonnen. Die Cubs waren mit einem Vorsprung von zehn Spielen nach New York gekommen, verließen die Stadt aber schwer angeschlagen und unter dem Druck eines erneuten Scheiterns gegen Ende der Spielzeit. Von den achtunddreißig Partien, in denen Joe gespielt hatte, hatten sie achtundzwanzig gewonnen, doch ohne ihn waren sie offensichtlich ein völlig anderes Team.
Am 30 . August stand Warren Tracey im Shea Stadium gegen die Pirates auf dem Wurfhügel. Er gab einen Single an den Lead-off-Hitter ab, dann folgten zwei Walks. Bei geladenen Bases traf sein Ball Willie Stargell in die Rippen. Es war keine Absicht gewesen, trotzdem war der Batter nicht besonders glücklich darüber, vor allem, weil der Pitcher inzwischen der berüchtigtste Kopfjäger der ganzen Liga war. Als Stargell langsam zur ersten Base ging, sagte er etwas zu meinem Vater, und für einen Moment herrschte Hochspannung. Die Schiedsrichter, die in höchster Alarmbereitschaft waren, mischten sich ein und verhinderten, dass es zum Streit kam. Der nächste Pitch war ein Fastball mitten in die Strike Zone, den Richie Hebner einhundertzwanzig Meter weit zu einem Grand Slam schlug. Als Yogi ihn endlich aus dem Spiel nehmen konnte, stand es 7 : 0 für die Pirates, ohne ein einziges Out.
Vier Tage später, am 3 . September, Labor Day, ging mein Vater im Busch Stadium in St. Louis unter Pfiffen und Buhrufen zum Wurfhügel. Er hielt es zwei Innings lang aus, gab vier Walks ab, erzielte keinen Strikeout, gab fünf Runs ab, traf niemanden mit dem Ball und pitchte sich zügig aus der Rotation. Die New Yorker Sportreporter forderten lautstark, ihn aus der Mannschaft zu nehmen.
Während Joe Castle immer noch bewusstlos in einem New Yorker Krankenhaus lag, wurde Warren Tracey mit Inbrunst gehasst. Sein Name war Gift. Sein Pitching war ein Desaster. Seine Mannschaftskameraden gewannen zwar, doch sie waren es leid, dass es bei einem Spiel mit ihm immer irgendwelche Zwischenfälle gab. Es war offensichtlich, dass er den Ärger, den er verursacht hatte, nicht wert war.
15
Nach seinen ersten zwei oder drei Frauen fing Warren an, mehr Wert auf Geld als auf gutes Aussehen zu legen. Eine seiner späteren Frauen, Florence, starb an einem Hitzschlag und hinterließ ihm ein hübsches Haus und ein gut gefülltes Bankkonto. Er ist nicht reich, hat aber so viel Geld, dass er nicht zu arbeiten braucht und seine Tage im Klub verbringen kann, wo er Gin Rommé und Golf spielt und trinkt. Als er etwa
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