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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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seinem Diktat unterworfen.
    Mary war die Ruhe selbst. „Brian, wir haben ja noch Zeit, bis du zu Tobias gehst. Wir sollten bis dahin versuchen herauszufinden, ab wann Tobias aktiv wurde, ob es besondere Ereignisse gab, dann kannst du ihn nachher gezielter fragen.“
    „Von mir aus, aber wie stellst du dir das vor?“, brummte Brian.
    „Du erzählst von Anfang an, was ihr gemacht habt, und ich frage bei Bedarf nach. Am besten machst du bei dem Hackerangriff auf die Chinesische Botschaft weiter.“
    Brian nickte, ein Lächeln zog über sein Gesicht. „In Ordnung. Sinnvoller können wir die Zeit wohl nicht totschlagen. Also, wir hatten uns mit Tobias’ Hilfe Zugang zur Chinesischen Botschaft verschafft und die Falle, die sie uns stellten, umschifft. In den folgenden Jahren hat sich das für unsere Arbeit zu einer wahren Goldgrube entwickelt.“
    „Hatte Tobias anschließend noch etwas damit zu tun?“
    „Nein, zumindest nicht offiziell. Weißt du, es war ja so, dass sich Tobias quasi frei im Netz bewegte, wir wussten nie, wo er gerade war. Ich glaube, er hat sich an unsere Vereinbarung gehalten und mich informiert, wenn er in einem besonders kritischen Bereich unterwegs war. Aber ich weiß nicht, ob er das Material aus der Chinesischen Botschaft gelesen hat, wahrscheinlich hat er es.“
    „Hatte er denn Zugang dazu?“
    „Mary, Tobias hatte Zugang, wenn er wollte.“
    „Verstehe.“
    „Entschuldige, aber nein, ich glaube nicht, dass du verstehst. Ich meine: Er hat unter Garantie alle Berichte, die über ihn verfasst wurden, gelesen. Deine ebenso wie meine und all die anderen, die es noch gab. Wenn er wollte, konnte er sich Zugang zu den größten militärischen Topsecret-Angelegenheiten verschaffen. Einmal hat er sich im Weißen Haus in eine Videokonferenz zwischen dem amerikanischen Präsidenten und seinem Verteidigungsminister eingehackt! Einfach so zum Spaß, um zu sehen, wie das Sicherheitssystem funktioniert.
    Die Wahrheit ist, und das macht mir heute Angst, wir wissen nicht, wo er überall seine Nase drin hatte und was er wo angestellt hat. Ich habe immer geglaubt, ich hätte ihn im Griff, ich könne ihn steuern. Ich hätte ihn bremsen können, ich hätte es verhindern können.“
    „Stopp, Brian. Nein, du hast keine Schuld. Wir wussten alle, dass Tobias eine wertvolle und gefährliche Waffe ist. Wir haben ihn eingesetzt, und dass der Schuss nun nach hinten losgegangen ist, ist nicht deine Schuld. Also weiter, was hat Tobias eigentlich genau gemacht? Du hast dich ja früher immer davor gedrückt, konkret zu werden.“
    „Ja, aus Gründen der Geheimhaltung natürlich, aber das spielt ja jetzt keine Rolle mehr. Er hat alle Jobs gemacht, mit denen wir zu ihm gekommen sind. Besonders gern hat er Jagd auf Hacker gemacht, die sich mit uns anlegten. Er hat sie alle erwischt, ausnahmslos. Die meisten ließ er allerdings laufen.“
    „Moment, wiederhol den letzten Satz noch mal.“ Mary beugte sich gespannt nach vorne.
    „Die meisten ließ er laufen, hab ich gesagt. Warum?“
    „Genau, warum? Warum hat er sie laufen lassen? Du sagst, er hat sie geschnappt, sie identifiziert und dann hat er sie laufen gelassen?“
    „Ja, am Anfang hatten wir einen Streit deswegen. Tobias wollte uns die professionellen Hacker, andere Geheimdienste und Kriminelle ausliefern, aber keine Tüftler. Für die wären die Konsequenzen zu hart, meinte er. Ich sagte ihm, er müsse alle ausliefern, und er antwortete, dass er dann eben unsere Netze nicht mehr schützen werde.“
    „Wie lange habt ihr es ohne ihn ausgehalten?“
    „Etwa vier Monate, dann hatten wir wieder mal eine Cyberattacke, die wir nicht abwehren konnten. Dann mussten wir ihn für die Aufgabe reaktivieren.“
    Mary lächelte. „Jetzt verstehe ich, warum du es so lustig fandest, als ich dir von seinem Deal mit Bob Bloth erzählte, dass sein Haus an das Rechenzentrum des MI6 angeschlossen wurde. Du hast also die gleiche Erfahrung gemacht.“ Brian wollte antworten, doch sie hob die Hand, damit er schwieg.
    „Aus meiner Sicht ist das ein wichtiger Punkt. Wir haben ihn damit zum Polizisten und Richter gemacht und ihm die Möglichkeit gegeben, eine Privatarmee aus talentierten Hackern aufzubauen.“ Brian schaute sie fragend an.
    „Zum Polizisten haben wir ihn gemacht, indem wir ihn im Netz nach Straftätern jagen ließen. Wir haben ihm gestattet zu entscheiden, wen er ans Messer liefert, damit wurde er zum Richter. Er hat die Wertmaßstäbe gesetzt, nicht wir, nicht

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