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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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vor.
    „Wenn man die Telomerenlänge kennt, kann man also das biologisch maximal erreichbare Lebensalter berechnen. Mittlerweile auf ein Jahr genau. Als man um 2013 begann, die DNA-Datenbanken aufzubauen, waren die Berechnungen noch sehr ungenau. Deswegen einigte man sich auf drei Telomer-Kategorien, kurz T-Werte. T-1 für die Kategorie bis sechzig Lebensjahre, T-2 für eine Lebenserwartung bis achtzig Jahre und T-3 für über achtzig Jahre.
    Dieses System hat man beibehalten. Die tatsächliche Lebenserwartung wird heute nur noch im Ausnahmefall berechnet. Zum Beispiel, wenn eine teure und aufwendige medizinische Behandlung notwendig ist. Läuft deine Zeit demnächst ab, lohnen sich die Kosten nicht mehr, und du machst mit deinem Geld besser noch mal richtig einen drauf. Du kennst das ja.“ Tobias spielte damit auf seinen Fall an.
    Auf einen Schlag war Brian klar, worum es ging.
    „Die Chimären, sie haben verlängerte Telomere?“
    „Ja, das ist eine von zwei möglichen Manipulationen an Telomeren. Eine Verlängerung der Telomere verlängert zumindest theoretisch die zellbiologische Lebenserwartung.“
    „Um wie viel?“
    „Die älteren Chimären der ersten Versuchsreihen, so ab Zeugungsjahr oder besser: Baujahr 2016, lagen bei zweihundertfünfzig bis dreihundert Jahren. Spätere Generationen bei rund vierhundert Jahren. Dann kam es zu einer Stagnation. Es scheint wohl eine natürliche Grenze für die Verlängerung der Telomere zu geben.“
    „Vierhundert Jahre. Das ist …“
    „Unnatürlich? Pervers? Krank? Ob du es glaubst oder nicht, selbst das könnte ich noch akzeptieren. Aber es gibt noch einen zweiten Manipulationsansatz, hast du eine Idee?“
    Brian schüttelte den Kopf. Bereits die Vorstellung, die Lebenserwartung auf vierhundert Jahre hochzuschrauben, brachte ihn an die Grenzen seines Vorstellungsvermögens.
    „Ich hab dir vorhin erklärt, dass bei jeder Zellteilung ein Abschnitt des Telomers quasi abgeschnitten wird. Die erste Möglichkeit ist, die Telomere zu verlängern und damit den Zelltod hinauszuzögern. Fällt dir nicht noch eine zweckmäßigere Variante ein?“ Plötzlich klang Tobias wieder wütend, aggressiv.
    Brian überlegte laut: „Ja, am einfachsten wäre doch, wenn man …“
    „Lass es mich erklären, Brian. Das entscheidende Enzym heißt Telomerase. Es kann, vereinfacht gesagt, die Telomerstruktur wieder reparieren. Die Telomerase ist zum Beispiel in Krebszellen äußerst aktiv und verantwortlich dafür, dass sich Krebszellen unendlich vermehren können.“
    „Nein, das ist unmöglich, das glaub ich nicht. Du willst mir doch nicht sagen, dass das irgendjemand geschafft hat? Sag bitte, dass es nicht wahr ist.“
    Tobias schwieg. Sein Schweigen war Antwort genug. Brians Gedanken machten sich selbstständig. Die Konsequenzen waren unvorstellbar, ihm wurde speiübel, er bekam erst nach einer Weile mit, dass Tobias etwas zu ihm sagte.
    „… später geworden, als ich geplant hatte. Dann muss dein Geburtstagsgeschenk eben bis morgen warten.“ Damit setzte Tobias sich die Haube auf. Brian stemmte sich aus dem Stuhl hoch und lief wie ein Schlafwandler aus dem Zimmer.

Das Geschenk
    Mary erschien ausgeruht und ausgeschlafen zum Frühstück. Im Gegensatz zum vorherigen Tag war ihr Teint jetzt rosig. Brian saß schon am Tisch und stocherte lustlos in einem Teller Rührei, er wirkte mürrisch.
    „Guten Morgen, Brian, schlecht geschlafen? Sieht so aus, als hätte es gestern Abend länger gedauert?“ Er schaute überrascht hoch, er hatte sie gerade erst bemerkt.
    „Guten Morgen, Mary, kannst du dir vorstellen, theoretisch …“ Er stoppte und setzte noch mal neu an. „Kannst du dir vorstellen, biologisch ewig zu leben?“
    „Ewig leben? So, wie ich jetzt bin, alt, gebrechlich und voller Falten? Im ersten Moment hört sich das ziemlich anstrengend an. Wie kommst du denn darauf?“
    Brian berichtete ihr von dem Gespräch mit Tobias. Ihr Lächeln verschwand schnell.
    „Wenn ich nicht hier am Tisch säße und die ganzen Umstände für sich sprächen, würde ich jetzt loslachen, und wie. Chimären! Diese Gerüchte von Supermenschen mit unglaublichen Fähigkeiten, im Labor gezüchtet, mit Kiemen, Ortungsorganen von Fledermäusen … Diese Verschwörungstheorien stehen ja auf einer Stufe wie das Märchen vom Ungeheuer von Loch Ness. Wenn es keine interessanten Nachrichten gibt, blühen die Verschwörungstheorien …“
    „Mary, wir haben zwei Möglichkeiten. Die eine ist: Tobias

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