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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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der Staat, sondern nur er. Das macht ihn gefährlich und unberechenbar. Es würde mich nicht wundern, wenn das der Knackpunkt ist: Tobias Feist, die letzte moralische Instanz.“
    „Das ist eigentlich nichts Neues, Mary. Nur mit der Tragweite, die wir diesmal haben, haben wir nicht gerechnet. Und was meinst du noch mal mit dem Aufbau einer Privatarmee?“
    „Damit meine ich: Was hat er mit denen gemacht, die er erwischte, aber nicht auslieferte? Ich nehme an, er hat sie an die Leine genommen, sie verwarnt, sie auf einen Gefallen verpflichtet, etwas in der Art. Das, was er vor reichlich einer Woche angestellt hat, hat er nicht alleine getan. Ich wette 100 zu 1, dass er aus diesem Hackerkreis seine Unterstützer rekrutiert hat.“

Kurz nach 14 Uhr ging Brian in Tobias’ Arbeitszimmer. Tobias lauschte mit geschlossenen Augen Edvard Griegs Morgenstimmung .
    Brian traute sich nicht, ihn anzusprechen, und so setzte er sich leise in den Stuhl vom Vorabend und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. Nach einer Weile fiel ihm auf, dass die Projektionsflächen nicht mehr die DNA-Helixstruktur anzeigten. Er rollte mit seinem Stuhl näher. Eindeutig ein Datenbankverzeichnis.
    „Das ausgewählte Wissen der Menschheit. Verteilt auf zweihundertsechsundfünfzig Standorte. Zweihundertsechsundfünfzig oder zwei hoch acht, die magische Zahl aus der Anfangszeit der Informatik.“ Brian drehte sich um, Tobias beobachtete ihn. „Das ist mein Vermächtnis“, sagte er müde.
    „Es ist nicht dein Wissen, Tobias, es ist das Wissen der Menschheit. Du kannst nicht einfach so darüber verfügen. Und was heißt ausgewählt, wer hat es ausgewählt, du alleine? Nach welchen Kriterien?“ Brian konnte jetzt den Mund nicht halten, wenige Sekunden hatten gereicht, um ihn wieder wütend werden zu lassen.
    „Sieht so aus, als könnte ich drüber verfügen, sonst würden wir ja nicht hier sitzen. Lass uns nicht streiten. Und nein, ich habe es nicht alleine ausgewählt, die klügsten Köpfe der Menschheit waren daran beteiligt. Ich habe nur ganz bescheiden einige Dinge zensiert. Ja, das ist das passende Wort: zensiert. Gibt es schon eine Nachricht von Feng?“
    Brian schüttelte den Kopf. „Glaubst du wirklich, er wird kommen? Was meinst du mit zensiert?“
    „Ja, er wird kommen. Ob rechtzeitig, das weiß ich nicht, aber er wird kommen. Zensiert? Ich habe sämtliches Wissen zur molekularen Genetik aus der Zeit nach 2000 gelöscht. Aber sei nicht ungeduldig, du wirst alles erfahren. Jetzt erst mal zu deinem Geschenk.“
    Tobias legte die rechte Hand auf das Bedienfeld auf der Arbeitsfläche. Kurz darauf summte etwas. Brian schaute nach oben und sah zwei Head Mounted Displays, die sich auf die Höhe der Arbeitsfläche senkten.
    „Ultramoderne HMDs, der letzte Schrei, allerdings etwas modifiziert. Die wären bestimmt der Renner, wenn sie auf den Markt kämen. Ich habe zwanzig Stück produziert. Die Einzelteile stelle ich mit dem 3D-Drucker her und muss sie dann nur noch zusammenstecken. Komm, setz es auf.“ Tobias nahm eines der HMDs, dabei löste es sich aus der Befestigung. Brian tat es ihm nach, er ließ das andere HMD auf seinen Kopf gleiten und war angenehm überrascht.
    Er fühlte das System und dessen Gewicht gar nicht. Sein Gesichtsfeld war dunkel, vollständig abgeschirmt. Er spürte ein leichtes Kräuseln auf seiner Kopfhaut, als die Kontakte sich sanft andrückten. Vor seinen Augen formte sich eine Landschaft. Unvermittelt saß er im Garten vor Tobias’ Haus und schaute hinaus aufs Meer. Eine Möwe flog hoch auf und schrie, der Wind strich über seine Haut, es roch nach Sommerwiese.
    „Toll, was? Ohne Haare geht es übrigens noch besser.“ Tobias saß neben ihm, in einem Gartenstuhl, er lächelte. Er sah aus wie vor fünfundzwanzig Jahren: dünn, schlaksig, ein wenig melancholisch, aber doch lebensfroh und gesund. Ein Avatar.
    „Fantastisch, was? Das HMD nutzt deine Erinnerungen, du siehst die Dinge und Menschen so, wie du sie kennst. Da vorne im Garten sind Rosen, welche Farbe haben deine Rosen?“
    Brian schaute kurz hin. „Rot“, antwortete er. „Bei mir sind sie gelb“, sagte Tobias, „und jetzt rot, wenn ich deine Information übernehme. Schau mal, welche Farbe ich jetzt sehe.“
    „Rosa?“, fragte Brian.
    „Ja, rosa. Das Prinzip ist genial. Ich musste die Software noch ein wenig modifizieren und größtenteils neu programmieren. Das meiste hat allerdings Confidence gemacht. Wir nutzten als Basis eine Software,

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