Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
Vom Netzwerk:
Erfolges geworden ist.
    Die Nachfrage nach Spenderorganen ist weit höher als das Angebot, und genau das ist die Ursache für kriminelle Machenschaften.“
    Diesen Punkt führte er nicht weiter aus, denn das Prinzip war immer gleich: hohe Nachfrage, geringes Angebot, hoher Preis. Je höher der potenzielle Gewinn, desto mehr wollten daran mitverdienen, gegebenenfalls auch durch illegale Aktivitäten.
    „Wie weit der Handel mit Organen heute bereits geht, zeigt diese kleine Zeitungsnotiz, die ich vorgestern gefunden habe.“ Er projizierte die Kopie des Zeitungsartikels an die Wand: „China – Niere gegen iPad.“
    „Dieser junge Mann hat eine seiner Nieren gegen ein iPad eingetauscht und später versucht, den operierenden Arzt haftbar zu machen“, fasste er zusammen. Der Artikel erzeugte die gewünschte Wirkung: Seine Zuhörer wirkten betroffen.
    „Einige Zahlen: Laut der WHO wurden im Jahr 2008 weltweit 100.528 Organe transplantiert. Davon 69.214 Nieren, 20.280 Lebern, 5.327 Herzen, 3.329 Lungen und 2.378 Bauchspeicheldrüsen. Tendenz weiter stark steigend.
    In Deutschland wurden 2009 exakt 2.772 Nieren transplantiert, auf der Warteliste stehen derzeit rund 8.000 Patienten. Sie müssen vier bis acht Jahre warten, bis eine Niere für sie zur Verfügung steht – soweit sie diesen Glücksfall erleben.
    Weitere 4.000 Patienten warten auf andere Organe. Die Anzahl der Organspenden in 2011 lag mit 1.200 unter der des Vorjahres, wo 1.296 Spenden erfolgten. Man geht davon aus, dass in Deutschland pro Tag drei Menschen sterben, weil das passende Spenderorgan fehlt.
    Gemäß einer Studie des Europarates gab es allein in Indien seit Mitte der achtziger Jahre über 100.000 illegale Organentnahmen, und das ist nur eine grobe Schätzung! Die Nachfrage ist also außerordentlich hoch.“
    Martin Polinski, ein Kollege, mit dem er noch nichts weiter zu tun gehabt hatte, hob die Hand. Jakob nickte ihm auffordernd zu.
    „Wie erklärt sich die Diskrepanz zwischen dem“, Polinski räusperte sich, „hohen Bedarf und dem geringen Angebot? Gibt es nicht genug Tote pro Jahr, um den Bedarf zu decken?“
    Jakob nickte und schaltete die Präsentation aus.
    „Also, eine Gegenüberstellung von theoretisch verfügbaren Organen und tatsächlich benötigten Organen haben wir nicht gefunden, allerdings existiert eine Reihe von Rahmenbedingungen, die die Nutzung verfügbarer Organe einschränken.
    Erstens, nicht jeder potenzielle Spender ist geeignet, so müssen zum Beispiel die Organe eine gewisse Qualität haben. Das heißt, viele Spender fallen wegen Krankheit aus. Heute stammen in Deutschland bereits ein Drittel der Organe von Spendern, die älter als fünfundsechzig Jahre sind. Paradoxerweise gibt es aufgrund der gestiegenen Verkehrssicherheit immer weniger jüngere Spender.
    Zweitens, und das ist wohl einer der entscheidenden Punkte, zumindest in Deutschland kann man nicht einfach ein Organ entnehmen. Bei uns gilt die sogenannte Entscheidungslösung. Das heißt, jeder ab dem vollendeten sechzehnten Lebensjahr wird regelmäßig, zumeist durch ein Anschreiben der Krankenkasse, mit der Frage konfrontiert, ob er bereit ist, Organe zu spenden. Der Anfrage sind jeweils detaillierte Informationen sowie ein Organspenderausweis beigefügt. Es muss sich aber niemand zwingend entscheiden. Durch diese Entscheidungslösung soll die Anzahl der potenziellen Organspender erhöht werden.
    Unabhängig davon gilt bei uns, wie in vielen anderen europäischen Ländern, die sogenannte Zustimmungsregelung . Das heißt, jeder, der bereit ist, im Todesfalle seine Organe zu spenden, muss einen Organspenderausweis haben. Mit dem Ausweis stimmt er einer Organentnahme zu.
    In einigen anderen Staaten, zum Beispiel in Luxemburg, Österreich und Spanien, gilt die sogenannte Widerspruchsregelung. Das heißt, dass jeder ein potenzieller Organspender ist, solange er sich nicht schriftlich dagegen ausspricht.
    Drittens spielt auch der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. So makaber es klingt, aber als Organspender am besten geeignet sind Menschen, die hirntot sind und noch eine Weile am Leben gehalten werden können. Es steht dann mehr Zeit zur Verfügung, um mit der Familie des Hirntoten die Organspende zu regeln, alle medizinischen Abklärungen zu treffen und die passenden Empfänger auszuwählen. Diese Zeit haben die Ärzte leider oft nicht. Noch Fragen?“
    „Ja, wie funktioniert die Verteilung der Spenderorgane?“ Wieder war es Martin Polinski, der

Weitere Kostenlose Bücher