Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
Vom Netzwerk:
Beweise zur Manipulation von Krankenakten bezogen sich auf zwölf frühere Organtransplantationen und einen aktuellen Fall, bei allen konnte die Manipulation nachgewiesen werden. Zehn der betroffenen Patienten waren Privatpatienten. In acht Fällen war die Transplantation über das sogenannte beschleunigte Vermittlungsverfahren gelaufen.
    Bei diesem Verfahren konnten Organe von älteren oder kranken Spendern, für die es nur wenige geeignete Empfänger gab, direkt einem Patienten zugewiesen werden. Voraussetzung war, dass mindestens drei Kliniken aus medizinischen Gründen das verfügbare Organ ablehnten – weil es zu alt war oder der Spender an einer Virus- oder Tumorerkrankung litt. Waren diese Bedingungen erfüllt, konnte das Organ direkt von der Klinik vergeben werden.
    Dieses System war mittlerweilen weiter verbreitet als vom Gesetzgeber ursprünglich vorgesehen. Die aktuell vorliegenden Zahlen sprachen für sich: Der Anteil der beschleunigten Vermittlung bei der Leber stieg in den vergangenen zehn Jahren von 9,1 auf 37,1 Prozent, beim Herz von 8,4 auf 25,8 Prozent, bei der Lunge von 10,6 auf 30,3 Prozent. Die größte Steigerung gab es bei der Bauchspeicheldrüse: von 6,3 Prozent im Jahre 2002 auf 43,7 Prozent in 2012.
    Sie nahmen den beschuldigten Chirurgen direkt in Empfang, als er aus dem Operationssaal kam. Zuerst gab er sich distanziert, fast herrisch, als Jakob jedoch erwähnte, wofür ihre BKA-Abteilung zuständig war, brach der Arzt zusammen. Er redete, und zwei Stunden später hatten sie ihren ersten Ermittlungserfolg.
    Der Chirurg hatte die strengen Gesetze für die Weitergabe von Spenderorganen bewusst umgangen, und wie sich schnell herausstellte, war er nicht der Einzige. Über die Jahre hatte sich ein weitverzweigtes System von Absprachen etabliert.
    Vermutlich wäre die Sache nie ans Licht gekommen, wenn der verhaftete Arzt nicht den Fehler gemacht hätte, auch bei Lebendspende-Transplantationen zu manipulieren.
    Gemäß Transplantationsgesetz waren Lebendspenden wie die zweite Niere oder ein Teil der Leber unter nahen Verwandten oder eng verbundenen Personen, Ehepartnern beispielsweise, gestattet.
    Der Ablauf war immer der gleiche: Ein Patient benötigte eine Niere, kam auf die Warteliste und musste in der Regel circa drei bis fünf Jahre warten, falls nicht ein Verwandter eine Niere spendete.
    Dann meldete sich der Patient mit einem potenziellen Spender, von dem er behauptete, es sei ein naher Verwandter. Diese Verwandten kamen aus Osteuropa, Asien oder Nordafrika.
    Die Vernehmung ehemaliger Patienten des Chirurgen bestätigte, dass die Organe tatsächlich gekauft waren. Einer der Patienten gab ihnen weitere Informationen, die über Interpol zur Verhaftung eines Vermittlers in Ägypten führte.
    Für den Chirurgen war es ein einträgliches Geschäft, da alle Operationen – sowohl die Entnahme als auch die Transplantation – als Privatleistung abgerechnet wurden. Eine direkte Beteiligung am Organhandel konnten sie ihm allerdings nicht nachweisen.
    Sie hatten zwar Hinweise, dass eine Organisation die Lebendspender beschaffte, fanden aber bis auf den ägyptischen Vermittler keine Anhaltspunkte. Im Rahmen ihrer Ermittlungen deckten sie und dann die Staatsanwaltschaft weitere Straftaten auf. Das Ganze wurde schnell ein Politikum und zog weite Kreise. Ein Erfolg, der dem Ansehen ihrer Abteilung zugutekam.
    Für Lisa war der Fall „Universitätsklinikum Regensburg“ jetzt abgeschlossen. Die elektronische Fallakte konnte archiviert, die Dokumente und Beweismittel auf Papier ins Archiv gebracht werden. Die Staatsanwaltschaft würde die Ermittlungen fortsetzen und sicherlich noch einiges zutage fördern.
    Zufrieden saß Lisa vor dem Bildschirm. Sie zögerte einen Moment, dann legte sie ein neues Verzeichnis für ihren nächsten Fall an. Sie nannte es schlicht „Fall_II“. Es sollte sich schon bald mit Daten füllen und am Ende doch leer sein.

Jakob nutzte die Mittagspause, um seine Mails zu lesen, wie fast alle Teilnehmer des FBI-Seminars. Eine Mail von Lisa war da: Ihr Abschlussbericht und damit die formelle Übergabe ihres Ermittlungserfolgs an die Staatsanwaltschaft erfüllte ihn mit Genugtuung. Er hatte nicht geglaubt, dieses Gefühl in seinem Arbeitsleben noch einmal erleben zu dürfen.
    Seit Wochen fühlte er sich gut. Seine Albträume und die damit verbundene psychische Erschöpfung lagen weit hinter ihm. Die Woche in den USA mit seiner Familie war der schönste Kurzurlaub, an den

Weitere Kostenlose Bücher