Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
zuletzt als Lehrer an einer Grundschule gearbeitet und stand zwei Jahre vor der Pensionierung. Er hatte seine DNA abgegeben, um seinen Schülern ein gutes Vorbild zu sein.
Im zweiten Fall war die am Tatort gefundene DNA nicht registriert. Man hatte Teile der DNA sequenziert und diese mit anderen DNA-Sequenzen in der zentralen Datenbank verglichen.
Nach drei Tagen hatte das Suchprogramm mehrere sehr ähnliche DNA-Sequenzen identifiziert. Als Nächstes passte man die weiteren Prüfkriterien einer Vaterschaftsanalyse an, wodurch man das DNA-Muster eines dreijährigen Mädchens fand, das mit einer Wahrscheinlichkeit von achtundneunzig Prozent die Tochter des Täters sein musste. Der Vater des Mädchens war nach der Festnahme sofort geständig, sein DNA-Profil entsprach dem vom Tatort.
Jakob dachte daran, dass sie mit Abschluss des Regensburg-Falls wieder dastanden wie vor einem halben Jahr: kein Verdacht, kein Hinweis auf mögliche Vergehen. Er verdrängte den Gedanken und schlenderte zu dem Raum, in dem der letzte Vortrag stattfinden sollte: über die aktuellen Möglichkeiten der Genmanipulation.
Die Sekretärin musterte den älteren, graumelierten Herrn neben sich im Lift verstohlen, eben hatte sie ihn am Empfang abgeholt. Sie schätzte ihn auf über sechzig Jahre. Er war weder Banker noch Manager noch Politiker und auch keiner der wenigen sehr vermögenden Kunden, die ihr Chef ab und zu persönlich empfing. Dafür war er zu schlecht angezogen. Sie konnte ihn nicht zuordnen. Vermutlich ein früherer Freund oder Bekannter des Chefs. Auf jeden Fall wurde er erwartet.
Als die Lifttür sich öffnete, traten sie unmittelbar in einen weiten, offenen Raum. Durch eine Glasfront blickte man direkt in ein großes Sitzungszimmer mit hellbraunen schweren Ledersesseln. Der warme, edel wirkende Braunton der Sessel wurde sowohl vom Teppichboden als auch den restlichen Möbeln aufgenommen.
Links vom Lift war eine helle Wand mit zwei Türen. Die eine stand offen und führte, wie man sehen konnte, in eine geräumige Küche, die andere Tür gemäß den Piktogrammen zu den Sanitärräumen.
Rechts vom Lift waren drei großzügige Arbeitsplätze, zwei waren besetzt. Die beiden Damen, die daran arbeiteten, schauten auf, als die Sekretärin und der Mann eintraten. Die Tür hinter ihnen war nur angelehnt, in dem dahinterliegenden Raum telefonierte jemand.
„Herr von Bösental erwartet Sie schon. Sie können direkt hineingehen, darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen? Einen Kaffee?“, fragte die Sekretärin.
„Danke, ja, einen Kaffee nehme ich gerne. Schwarz, viel Zucker.“ Er lächelte sie an, nickte den beiden anderen Frauen zu und ging auf die angelehnte Tür zu. Er klopfte – und verschwand gleich darauf im Büro eines der mächtigsten Bankmanager Deutschlands.
„Rufen Sie mich an, wenn Sie seine Meinung wissen.“ Von Bösental legte den Hörer auf und erhob sich.
„Nehmen Sie doch Platz, Herr Albig. Ah, da kommt der Kaffee. Danke, Frau Claasen.“ Er setzte sich und wartete, bis die Sekretärin den Raum verlassen hatte. „Sie haben Ergebnisse?“
Fridolin Albig hatte nicht damit gerechnet, dass der Banker ihm die Hand zur Begrüßung reichen würde. Dass er es tatsächlich nicht machte, störte ihn dennoch. Es war unhöflich und sollte wohl die Rangordnung klarstellen. Er unterdrückte den aufkommenden Ärger und nickte nur. „Ja, ich hoffe, sie helfen Ihnen weiter.“ Er öffnete die Tasche und holte einen dünnen Ordner hervor, dann nahm er Platz.
„Zunächst habe ich mich auf die Telefonnummer konzentriert, die Sie mir gegeben haben. Wie erwartet, landete ich hier zuerst in einer Sackgasse. Es handelte sich um eine Prepaid-Nummer. Das heißt, keine Personendaten oder sonstige Hinweise über den Benutzer. Gekauft wurde die Karte in Österreich, dort müssen keine persönlichen Daten hinterlegt werden. Die Nummer wurde in der Woche in Betrieb genommen, in der man Sie zum ersten Mal anrief. Und sie wurde an dem Tag deaktiviert, an dem Ihr Sohn starb“, er stockte, „Entschuldigung, an dem Tag, an dem Sie das letzte Mal mit dem Mann telefonierten.“
„Nun, ich bin auch nicht davon ausgegangen, dass es einfach wird.“ Von Bösental klang ironisch.
Albig sah den Missmut im Gesicht des anderen Mannes und nahm einen Stadtplan aus dem Ordner. „Aber ich habe mit einigen Beziehungen“, er betonte Beziehungen so, dass klar war, dass er dafür gezahlt hatte, „feststellen können, wo sich das Handy in den letzten
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