Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
er sich erinnern konnte. Der Abschied von Frau und Tochter, die ohne ihn zurück nach Deutschland geflogen waren, war ihm schwergefallen.
Zunächst hatte er gedacht, dass es keine gute Idee gewesen war, sich für diesen internationalen Fortbildungskurs für Forensische Analyse anzumelden. Aber es hatte sich doch gelohnt. Der Kurs war gut organisiert und spannend, und vor allem hatte er in den vergangenen Tagen viele Kollegen aus aller Welt kennengelernt.
Das FBI hatte in den letzten Jahren unvorstellbar viele Erfolge eingeholt, die jedoch, ganz untypisch für Amerika, nicht medienwirksam vermarktet wurden. Basis dieser Erfolge war die Durchsetzung des biometrischen Passes, den die USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 stark vorangetrieben hatten.
Begonnen hatte es mit der UN-Resolution 1373 vom 28. September 2001, in der sich die Mitgliedsstaaten verpflichteten, im Bereich der Grenzkontrollen und Reisedokumente Maßnahmen zu ergreifen, um Terroristen und Personen, die als solche verdächtigt oder die mit Terroristen in Verbindung gebracht wurden, in ihrer Reisefreiheit einzuschränken.
Anfang 2002 wurde in Deutschland das Passgesetz angepasst, die Einführung biometrischer Daten wurde erlaubt. Dies führte zur Entwicklung des in den Pass integrierten RFID-Chips, auf welchem biometrische Daten wie Fingerabdrücke und das Irismuster der Augen gespeichert wurden und dessen Informationen mit einem Lesegerät selbst aus einigen Metern Entfernung eingelesen werden konnten.
Auch die Speicherung des genetischen Fingerabdrucks, des DNA-Profils, hatte sich als zusätzliches biometrisches Merkmal in die Praxis eingeschlichen. Seit rund drei Jahren wurde weltweit systematisch von jeder Person das DNA-Profil ermittelt und in zentralen nationalen Datenbanken gespeichert.
Ursprünglich war die Idee gewesen, nur das DNA-Profil zu erfassen, welches sich auf die Auswertung von zehn bis fünfzehn standardisierten Genabschnitten beschränkte. Es wurde jedoch üblich, zusätzlich ganze DNA-Sequenzen und – wenn immer möglich – das gesamte Genom einer Person zu erfassen.
Begünstigt wurde dies durch den technologischen Fortschritt und die automatisierte Analyse, die Kosten und Aufwand erheblich reduzierte. Aktuell ging man von dreißig US-Dollar pro Genom aus.
In den alten Industriestaaten und den Schwellenländern wurden diese Forderungen, die allen voran die USA mit Vehemenz vertraten, mit Nachdruck umgesetzt. Die Registration bei der Geburt und die systematische Erfassung in den Schulen war in vielen Staaten bereits Standard.
Vor rund einem Jahr wurden verschiedene Systeme eingeführt, um die Daten von Erwachsenen zu erfassen. So war in allen beteiligten Staaten kein Reisepass mehr zu bekommen, ohne zugleich eine DNA-Probe abzugeben. In Europa musste bei einem Arztbesuch ein DNA-Profil erstellt werden, falls noch keines vorhanden war.
Datenschützer auf der ganzen Welt waren am Anfang gegen die biometrischen Pässe Sturm gelaufen. Die Ängste und Befürchtungen hatten die beteiligten Regierungen durchaus ernst genommen. Es wurde versprochen, die biometrischen Daten äußerst sorgfältig zu verwalten und ausschließlich für die Terroristenbekämpfung und zur Identifizierung der Opfer von Naturkatastrophen zu nutzen.
Die spätere Erfassung und Speicherung von DNA-Profilen war erstaunlicherweise kaum beachtet worden, die Erfassung von ganzen DNA-Sequenzen bis zum gesamten Genom ging vollständig an der Öffentlichkeit vorbei. Die Menschen hatten zu dieser Zeit mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun.
In den USA war bereits der Beginn der systematischen Erfassung der DNA-Profile ein voller Erfolg, vor allem für das FBI.
Alle ungelösten oder auch fraglichen Fälle der letzten fünfzig Jahre, in welchen DNA-Material vorhanden war, wurden neu aufgerollt. Zuerst wurden Fälle von verurteilten und inhaftierten Personen überprüft, die ihre Schuld bestritten. Bei vielen kam es anschließend zur Entlassung – und zu entsprechenden Schlagzeilen in den Medien. Noch interessanter fand Jakob die zum Teil nach langer Zeit endlich aufgeklärten Verbrechen.
Vor allem zwei Fälle beeindruckten ihn. Im ersten wurde ein in den achtziger Jahren international tätiger Auftragskiller identifiziert. Das FBI hatte sichergestellte Haare von damals auf seine DNA hin untersucht. So wurde die DNA des Killers an den Tatorten von acht Morden in sieben US-Staaten nachgewiesen. In seinem Heimatstaat Costa Rica hatte er
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