Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
der Gewissheit, dass sie ihm nachkommen würden, lief er mit weit ausholenden Schritten auf einen offenen Lift zu. Er zog einen Schlüssel heraus, steckte ihn in das Bedienungspanel des Liftes, drückte den Knopf für das oberste Stockwerk und trat zurück. „Man wird Sie oben in Empfang nehmen. Auf Wiedersehen.“
Die Türe schloss sich und der Lift setzte sich in Bewegung. „Na also, geht doch“, brummte Jakob.
Die Spurensicherung bearbeitete die Unterlagen, die Jakob am frühen Morgen in den noch leeren Eingangskorb gelegt hatte.
Der erste Arbeitsschritt war das Einscannen der Unterlagen und deren Ablage auf dem Server. Genau 8:23 Uhr wurde das gescannte Material in Form von PDF-Dateien in einem geschützten Bereich des Abteilungsservers unter dem Ordner Fall_II abgespeichert.
Zu diesem Zeitpunkt lief Tobias auf das BKA-Gebäude zu, um es wenige Minuten später zu betreten. Jakob und Lisa saßen im Auto nach Frankfurt. Von Bösental beendete gerade die erste Sitzung des Tages und machte sich auf den Weg zur nächsten. Martin Polinski war im Krankenhaus, wo er die nächsten Stunden am Dialysegerät verbringen würde, und Fridolin Albig saß in seinem Stammcafé, in dem er jeden Montag bis Freitag sein Frühstück einnahm.
In Kapstadt lag ein Arzt, der schon lange nicht mehr praktizierte, nach einer durchspielten Nacht in einem tiefen, traumlosen Schlaf. Sieben Menschen, deren Leben und Schicksal in diesem Moment miteinander verknüpft wurden – mit tödlichen Konsequenzen.
Seit einer Viertelstunde warteten Jakob und Lisa im Büro von Bösentals. Am Lift hatte sie eine Assistentin in Empfang genommen, circa vierzig und dunkelhaarig. Sie hatte sie in von Bösentals Büro gebracht und mit Kaffee versorgt.
Das Büro machte einen spartanischen, aber äußerst edlen Eindruck. Drei Bilder an der Wand, ein Vasarely und ein Miró, das dritte, ein sehr farbenfrohes, konnten sie nicht zuordnen. Sie waren sich einig, dass es sich um Originale handelte.
Auf dem Schreibtisch lagen keinerlei Unterlagen, es wirkte alles steril, als ob das Büro nicht benutzt würde.
Jakob hatte sich gerade erhoben, um zur Fensterfront zu gehen, als die Tür sich langsam öffnete und von Bösental in den Raum trat.
„Guten Tag. Beatus von Bösental.“ Der Banker sah Jakob an, streckte jedoch zuerst Lisa seine Hand entgegen, die ebenfalls aufgestanden war. Jakob merkte erstaunt, dass sie eingeschüchtert wirkte.
Von Bösental war eine Respektperson, was er wusste und auch ausstrahlte. Ein Mann, der gewohnt war, dass die Dinge so liefen, wie er es wollte. Jakob kannte solche Typen: hart gegen andere, aber auch gegen sich selbst. Eine Kämpfernatur.
Die beiden Männer gaben sich die Hand und musterten einander.
„Nehmen Sie doch Platz. Danke, dass Sie gekommen sind“, sagte von Bösental.
„Sie haben uns erwartet?“ Obwohl der Informant es angedeutet hatte, war Jakob doch überrascht.
„Ja, allerdings bin ich ein wenig erstaunt, dass Sie schon da sind. Sie dürften die Unterlagen ja erst vor einigen Stunden erhalten haben?“
Jakob nickte nur und schwieg. Sein Gegenüber wollte jetzt reden, er musste nicht fragen.
„Ich erzähle Ihnen am besten die ganze Geschichte. Wissen Sie, ich gebe das alles hier auf. Es macht für mich keinen Sinn mehr. Nicht nach dem, was vorgefallen ist. Nicht nachdem ich weiß, dass ich …“ Er zögerte. „Es war ein Fehler, aber lassen Sie mich ganz von vorne anfangen.“
„Ist es für Sie in Ordnung, wenn ich unser Gespräch aufnehme?“, fragte Lisa und stellte das bereits laufende Tonbandgerät auf den Tisch. Jakob nickte ihr anerkennend zu, das hatte er vollkommen vergessen.
„Ja, natürlich, machen Sie nur.“ Von Bösental erzählte vom Unfalltod seiner Frau, von der Diagnose seines Sohnes und schließlich von dem Angebot, dem er nicht widerstehen konnte. Er ließ nichts aus, sein Bericht deckte sich mit dem des Informanten. Neue Hinweise oder Erkenntnisse gab es nicht.
Sie stellten nur wenige Fragen, und nach rund zwei Stunden war von Bösental mit seinem Bericht fertig.
„Die Unterlagen, die ich heute Morgen in meinem Briefkasten fand, wurden also von einem Detektiv, den Sie damit beauftragt haben, erstellt. Könnten Sie uns seinen Namen und seine Adresse geben?“, bat Jakob.
„Er hat mir gesagt, dass Sie danach fragen würden. Er hat mir eine Visitenkarte für Sie dagelassen. Ich werde ihn nachher darüber informieren, dass Sie mit ihm Kontakt aufnehmen.“
Jakob nahm
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