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Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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ihres Einfamilienhauses zum Briefkasten am schmiedeeisernen Zaun, der das Grundstück umgab. Er schloss sofort wieder den Mund, als die Kälte hineinströmte.
    Er öffnete den Briefkasten und griff nach der Zeitung. Als er sie herauszog, fiel ein großer gelber Umschlag heraus und landete mit der Vorderseite nach oben auf dem Boden. Auf dem Umschlag stand nur „Jakob Schell, persönlich“.
    Er reagierte automatisch: Er bückte sich, öffnete die Zeitung und schob den Brief dazwischen, um zu verhindern, dass seine Fingerabdrücke auf den Umschlag gerieten.
    Keine Briefmarke, Standardumschlag, kann man in jedem Kaufhaus kaufen, dachte er. Druckschrift, vermutlich schwarzer Filzstift. In den Briefkasten habe ich zuletzt gestern Abend, als ich nach Hause kam, geschaut. Der Umschlag wurde also nach 19 Uhr eingeworfen, und um 5 Uhr kommt normalerweise die Zeitung. Der Umschlag lag unter der Zeitung, das heißt, er war vor der Zeitung im Briefkasten. Er warf einen Blick auf seine Uhr – es war jetzt 5:11 Uhr – und ging zurück ins Haus.
    In der Küche legte er die Zeitung mit dem Brief auf den Tisch und holte aus der Schublade eine Schere. Was ihm fehlte, war eine Pinzette. Gedankenverloren griff er nach dem frisch aufgebrühten Kaffee, nahm einen Schluck und verbrannte sich die Zunge.
    „Oh, verdammt, heiß“, fluchte er, drehte den Wasserhahn in der Spüle auf und hielt seinen Mund unter den kühlen Wasserstrahl. So fiel sein Blick direkt auf die Haushaltshandschuhe seiner Frau. Handschuhe! Er musste etliche Schubladen öffnen und durchsuchen, bis er eine frische Packung Handschuhe fand.
    Er konzentrierte sich wieder auf den Umschlag auf dem Tisch. Er nahm ein Paar Handschuhe und versuchte sie anzuziehen, doch sie waren um einiges zu klein für seine Hände. Mit Gewalt zwängte er sie doch noch hinein, es war weder bequem noch hatte er viel Gefühl in den Fingerspitzen. Es reichte aber aus, um den Briefumschlag zu öffnen und die Dokumente, die sich darin befanden, herauszuziehen. Erst dann fiel ihm ein, dass auch eine Briefbombe im Umschlag hätte sein können. Obwohl, wer sollte ihm eine Briefbombe schicken?
    Bei dem Gedanken zogen einige Gesichter aus seinen Einsätzen im Kosovo und in Afghanistan an seinem inneren Auge vorbei. Da hatte es schon den einen oder anderen gegeben, der ihm nicht unbedingt freundlich gesinnt war. Auch egal, denn es war ja keine Bombe gewesen.
    Es waren nicht viele Papiere: ein Text auf vier Seiten, einige Fotos, Diagramme und ein Name. Das alles war so überraschend, dass Jakob an diesem Morgen vergaß, seinen Kaffee zu trinken.

Als Lisa das BKA-Gebäude betrat, dachte sie, sie sei die Erste, die an diesem Montagmorgen zur Arbeit kam. Jakob war jedoch bereits im Büro, zumindest war dort Licht. Er hatte ihr um 5:35 Uhr eine SMS geschickt: „Brauche dich heute so früh wie möglich im Büro!“ Eben sprang der Zeiger der Uhr im Eingangsbereich auf 6:18 Uhr.
    „Guten Morgen, Lisa, Morgenstund hat Gold im Mund.“ Jakob winkte ihr mit der Hand, näherzukommen.
    „Guten Morgen, Jakob.“ Sie sah auf die Unterlagen, die auf seinem Schreibtisch verteilt waren. Jedes Blatt Papier fein säuberlich in einer Plastiktüte verpackt. „Was hast du denn da?“
    Er lächelte. „Unser Informant hat wieder geliefert, diesmal in Papierform, komm, setz dich, lies selbst.“
    Es dauerte einige Minuten, bis Lisa die Dokumente gelesen hatte. Am längsten hielt sie sich mit den Fotos auf, dann sah sie ihn an. „Wenn das, was hier steht, stimmt, dann ist das einer der größten Fälle der letzten zehn Jahre. Da kommt alles zusammen: Auftragsmord, organisiertes Verbrechen auf höchstem Niveau, illegaler Organhandel – und darin verwickelt die Crème de la Crème der Gesellschaft, Topmanager, Geldadel. Mein Gott, wenn das stimmt und das publik wird! Glaubst du, das ist echt?“
    Jakob nickte und schob einen ausgerissenen Zeitungsartikel über den Tisch. „Das habe ich zufällig Ende Januar im Zug von Hamburg nach Köln gelesen. Hatte ich schon ganz vergessen, bis heute Morgen.“ Nachdem Lisa den Artikel zum Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden der DGB, Beatus von Bösental, überflogen hatte, fuhr er fort: „Unser Informant schreibt, dass von Bösental zu unserer Verfügung steht und unsere Kontaktaufnahme erwartet.“
    „Wie packen wir’s an?“, fragte sie.
    „Ich hab schon die Unterlagen kopiert. Die Originale hier müssen zur Spurensicherung, zur Prüfung auf Fingerabdrücke und

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