Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
ihm zu tauschen. Gibst du mir bitte die Visitenkarte von diesem Albig?“ Er zog sein Handy aus der Jackentasche.
„Du willst ihn jetzt gleich anrufen?“
„Albig hat sein Büro in Bad Homburg, das liegt auf der Strecke. Wir könnten ihn gleich mal besuchen.“ Er gab Albigs Nummer ein und reichte Lisa die Visitenkarte. „Gibst du bitte die Adresse ins Navi ein?“
Albig ging sofort ran. „Herr Albig? Ja, Schell vom BKA. Herr von Bösental hat Sie gerade angerufen? 14 Uhr, das passt. Ja, wir finden Sie. Danke.“
Jakob ließ den Motor an. „Es ist jetzt kurz vor 12 Uhr und wir brauchen knapp eine halbe Stunde bis Bad Homburg. Vor der letzten Ausfahrt gibt es eine Raststätte, die Zeit reicht, um noch etwas zu essen – mir knurrt der Magen.“
„Jetzt, wo du es sagst, kriege ich auch Hunger.“ Sie lächelte ihn an und er war mit einem Schlag in Hochstimmung. Bevor er das Gefühl richtig fassen konnte, wandte sie sich ab und zog ihr Blackberry aus der Tasche. „Mal sehen, ob uns die Spusi was geschickt hat. Ich schick mir die Aufnahme des Gespräches mit von Bösental noch per Mail, sicher ist sicher“, sagte sie.
„Okay“, murmelte er, „und schreib eine Mail an den Staatsanwalt, wir brauchen einen Termin.“ Dann hielt er den Mund und versuchte, an den Fall zu denken und Lisa wieder aus dem Kopf zu bekommen.
Dérúgo Feng stand auf der Besucherterrasse im Terminal 2 des Frankfurter Flughafens, die im März für normale Besucher noch gesperrt war. Er beobachtete die Maschine der Air China, die auf die Bahn rollte, stoppte, sich exakt ausrichtete und dann wieder losrollte. Er sah auf die Uhr, 14:45 Uhr, Montag, der 4. März 2013. Der Flug Frankfurt–Peking mit der Flugnummer LH7322 startete pünktlich. Er wartete noch, bis die Maschine abhob und sich in den Himmel schraubte.
Er wagte es nicht, früher die Terrasse zu verlassen, auch wenn er sich sicher war, dass man ihn aus der Maschine nicht sehen konnte. Es war eine Frage des Respekts – und die Delegation, die er gerade verabschiedet hatte, verdiente den höchsten Respekt.
Die vier älteren Männer und zwei Frauen hatten ihn in den vergangenen drei Wochen auf Trab gehalten. Die sechs hatten wichtige Positionen innerhalb des chinesischen Regierungsapparates inne. Sie waren inkognito da, selbst die Chinesische Botschaft wusste nichts, und sie hatten bewusst auf die Annehmlichkeiten verzichtet, die ihr diplomatischer Status mit sich brachte.
Ihre offiziellen Posten und Titel waren respekteinflößend, ihren inoffiziellen Aufgaben und den damit verbundenen Machtbefugnissen nach gehörten sie zu den Top fünfzig der chinesischen Führungsspitze.
Ihre Fragen in diesen drei Wochen waren unglaublich präzise und betrafen einzelne Unternehmen, lokale Politik, bestimmte Politiker, Parteien, Gesetzesentwürfe auf EU-Ebene, rechtliche und gesellschaftliche Belange in allen europäischen Ländern. Er musste mehr als einmal um Zeit bitten und in mühsamer Nachtarbeit Daten und Informationen studieren, um zufriedenstellend antworten zu können. Auch für seine sechs Assistenten und einige Personen mehr waren die drei Wochen arbeitsintensiv.
Er konnte nicht einschätzen, wie zufrieden die Delegation mit ihm war. Erst vor vier Tagen hatte der Leiter der Delegation am frühen Nachmittag in die Hände geklatscht, gelacht und dann mehr an die Mitglieder der Delegation als an ihn gerichtet gesagt: „Nun, es ist genug. Unsere Fragen, auch die, die wir nicht gestellt haben“, Dérúgo Feng war sich an dieser Stelle nicht sicher, ob es sich um ein Lob oder einen Tadel handelte, „wurden ausführlich und zu unserer Zufriedenheit beantwortet. Wir können zu Hause berichten, dass das Vermögen der Volksrepublik China in Europa nicht nur umsichtig und gewinnbringend investiert wird, sondern uns auch unseren langfristigen Zielen näherbringt. Die nächsten Tage wollen wir nicht mehr prüfen, sondern verstehen, wie Dérúgo Feng vorgeht und was er plant zu tun.“
Dérúgo Feng hatte die Botschaft verstanden. Der erste Teil war die Revision gewesen, im zweiten Teil ging es um die Zukunft, um die langfristigen Ziele. Einfacher war es nicht geworden.
Doch jetzt hatte er die Prüfung überstanden und eine Belohnung verdient, fand er. Er wusste schon, wie diese aussehen sollte – er lächelte und überlegte, bei welcher Agentur er anrufen würde.
Dérúgo Fengs Chauffeur stand vor dem Terminal. Er öffnete ihm die Tür zum Wagen, wartete, bis Feng Platz
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