Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
genommen hatte und sagte dann: „Herr Feng, Sie sollen bitte Ihren Vater, den ehrenwerten Wei Feng, anrufen, sobald die Delegation abgereist ist.“
„Wir fahren ins Büro.“ Feng schaute auf die Uhr. Je nachdem wo sich sein Vater gerade in China aufhielt, müsste es bei ihm etwa 22 Uhr sein. Er wusste, sein Vater würde auf den Anruf warten. Als der Wagen auf die Autobahn Richtung Frankfurter City fuhr, griff er zum Telefon und wählte die Nummer seines Vaters. Er hörte nur zweimal den Signalton, bevor sein Vater das Gespräch annahm.
„Dérúgo, sie sind abgereist?“
„Ja, Vater, die Maschine ist vor einer halben Stunde gestartet. Wir sind gerade vom Flughafen losgefahren.“
„Mein Sohn, wir sind stolz auf dich. Du hast die Delegation beeindruckt. Ich habe einen Ausschnitt aus dem ersten Bericht der Delegation gelesen. Wer den alten Deng kennt, würde sagen, er war zufrieden. Dass Deng zufrieden ist, ist selten. Ich kann mich an keinen derartigen Fall erinnern. Ein großes Lob und äußerst wertvoll für deine Karriere.“
„Danke, Vater, es freut mich, wenn ich der Familie Ehre machen kann.“
„Wie lief der zweite Teil, Dérúgo?“
„Sie waren freundlich, haben viel gefragt und sich zum Schluss höflich bedankt, aber sonst kein Kommentar.“
„Kein Kommentar, kein Hinweis darauf, dass man etwas anders machen könnte oder Beispiele, wie andere es in ähnlichen Situationen gemacht haben?“
„Nein, gar nichts, es gab keinen Zuspruch und auch keinen Widerspruch.“
„Erstaunlich, was hast du ihnen erzählt? Es reicht mir, wenn du es kurz zusammenfasst.“
„Es waren drei intensive Tage. Sie wollten vor allem die verschiedenen Strategien verstehen. Ich habe das Gespräch so aufgebaut, wie ich ein laufendes Go-Spiel erklären würde. Zuerst die einzelnen Bereiche, die ich gewinnen will, und dann die jeweiligen Strategien, um diese auszubauen und zu sichern.“
„Deng ist einer der besten Go-Spieler, die ich kenne, dein Ansatz wird ihm gefallen haben.“
„Ich bin auf die drei Bereiche Wirtschaft, Gesellschaft und Ressourcen eingegangen. Im Bereich Wirtschaft habe ich ihm unsere Beteiligungsstrategien erläutert. Am meisten interessierte ihn dabei unser Ziel, die Marktanteile chinesischer Firmen in Europa auszubauen. Diese Strategie hat aus meiner Sicht wesentlich dazu beigetragen, eine Reihe von Firmen in Deutschland während der Finanzkrise am Leben zu halten.“
„Im gesellschaftlichen Bereich ist eine Schwächung unser Ziel, ist es nicht kontraproduktiv, wenn wir die Wirtschaft stärken?“
„Das hat Deng auch gefragt, Vater, aber es ist nur auf den ersten Blick ein Nachteil, ich komme später noch dazu. Die zweite Strategie im Wirtschaftsbereich ist, dass wir uns überall, wo es um Ressourcengewinnung, -handel und -zulieferung geht, intensiv einbringen. Je mehr wir kontrollieren, umso mehr können wir unsere Konkurrenten unter Druck setzen. Das Ganze hat Deng gut gefallen.“
„Das kann ich mir vorstellen.“ Dérúgo Feng hörte der Stimme seines Vaters an, dass dieser erfreut war.
„Im Bereich Energie sind uns die Russen noch voraus. Doch es gibt auch hier hoffnungsvolle Entwicklungen, vor allem im Solarbereich.“
„Nicht jeder Spielzug kann Erfolg haben“, merkte sein Vater an.
„Zum Bereich Ressourcen: Wir haben in den letzten Jahren Hunderte von Firmen gegründet, die landwirtschaftliche Flächen und Wälder erworben und diese in den meisten Fällen anschließend an Einheimische verpachtet haben. Hier hat der Delegation besonders gut gefallen, dass wir relativ wenig Eigenkapital einsetzen mussten und EU-Finanzmittel der öffentlichen Hand einsetzen konnten.
Derzeit gewinnen wir fast jedes zweite Angebot, das auf den Markt kommt. Die Schuldenlast der europäischen Kommunen ist so groß, dass wir nur anklopfen müssen. Vor allem in den Regionen, in denen die Landflucht sehr groß ist, dominieren unsere Einkäufer den Markt. Der Anteil der Nutzflächen unter unserer Kontrolle liegt aktuell weit über den ursprünglich gesetzten Planzahlen.“
„Hat Deng gesagt, ab wann die Produktion für China beginnen soll?“, fragte sein Vater.
„Nein, er hat keinen Termin genannt. Primäres Ziel ist, dass die Bewirtschaftung der Flächen mittelfristig durch chinesische Arbeitskräfte erfolgen soll. Allerdings kann die Menge an Personal, die wir benötigen, derzeit nicht in die EU einreisen. Deng hat sich hierzu ausführlich Notizen gemacht.“
„Man denkt in
Weitere Kostenlose Bücher