Honeymoon
hinweisen, dass das Dienstmädchen gerade streikt«, warnte ich grinsend. »Unerträgliche Arbeitsbedingungen, behauptet sie.«
Nora sah sich in meinen nicht gerade perfekt aufgeräumten Gemächern um. »Das ist schon okay«, sagte sie. »Es verrät mir, dass du keine andere hast. Irgendwie gefällt es mir sogar.«
Ich bot ihr ein Bier an, und sie nahm es dankend an. Als ich es ihr in der Küche in die Hand drückte, beeilte ich mich, über die gelben Resopalarbeitsflächen zu spotten, ehe sie es tun konnte.
Sie nahm einen Schluck und stellte ihre rote Lederhandtasche ab. »Willst du mir nicht den Rest der Wohnung zeigen?«
»Du hast praktisch schon alles gesehen«, erwiderte ich.
»Aber ein Schlafzimmer hast du schon, oder?«
Schluss jetzt, sagte ich mir.
Das muss auf der Stelle aufhören. Natürlich hätte ich gar nicht erst mit ihr in meiner Küche gestanden, wenn es mir damit wirklich ernst gewesen wäre. Dann hätte ich schon im Kino etwas gesagt und vorgegeben, »nichts überstürzen zu wollen«.
Stattdessen fielen wir schon auf dem Weg in mein Schlafzimmer übereinander her. Ich war drauf und dran, wieder mit Nora ins Bett zu hüpfen. Man hätte mir vorwerfen können, dass ich es mit dem Beschatten etwas zu genau nahm.
Aber ich hatte natürlich bei dem Ganzen immer nur den Nutzen im Auge, den ich daraus zu ziehen hoffte. Ich glaubte genau zu wissen, wo ich anfangen musste.
78
»Wie bist du denn an ihre Handtasche rangekommen, ohne dass sie was gemerkt hat?«, fragte Susan.
Also, das war so, Boss: Nachdem Nora und ich es in meiner Junggesellenbude wild und hemmungslos miteinander getrieben hatten, habe ich einfach gewartet, bis sie eingeschlafen war. Dann habe ich mich in die Küche geschlichen und ihre Tasche durchsucht.
Oder, vielleicht besser doch nicht ...
»Ich habe so meine Methoden«, sagte ich nur. »Ist das nicht der Grund, weshalb du mich für den Job ausgewählt hast?«
»Sagen wir einfach, du hast eine gewisse Erfolgsbilanz vorzuweisen, O'Hara. Und außerdem warst du gerade verfügbar«
Es war der nächste Tag; ich saß an meinem Schreibtisch und erstattete Susan telefonisch über das Thema Bericht, das wir beim letzten Mal angesprochen hatten: Mein »Date« mit Nora. Susans Hauptsorge war, dass ich zu scharf rangehen und Nora verschrecken könnte.
Ha.
Nachdem ich Susan versichert hatte, dass das nicht der Fall war, richtete sich ihr Interesse auf das, was ich in Noras Handtasche gefunden hatte.
»Wie heißt dieser Anwalt noch mal?«, fragte sie.
»Steven A. Keppler.«
»Und er ist Steueranwalt in New York?«
»Das steht jedenfalls auf seiner Visitenkarte.«
»Wie bald kannst du ihn dir vorknöpfen?«
»Das ist das Problem. Ich habe angerufen und erfahren, dass Keppler bis nächste Woche im Urlaub ist.«
»Kann natürlich sein, dass er gar nichts weiß.«
»Kann auch sein, dass er alles weiß. Vergiss nicht, ich bin Optimist.«
»Er könnte sich auf das Anwaltsgeheimnis berufen, falls Nora tatsächlich seine Klientin ist.«
»Davon müssen wir ausgehen.«
»Was willst du dann tun?«
»Wie ich schon sagte, ich habe so meine Methoden.«
»Ich weiß – das ist es ja eben, was mir Angst macht«, sagte sie. »Denk dran, bei Anwälten muss man immer besonders vorsichtig sein. Ob du's glaubst oder nicht, manche von denen kennen sich tatsächlich mit den Gesetzen aus.«
»So was aber auch.«
»Du hältst mich auf dem Laufenden? Du
wirst
mich auf dem Laufenden halten.«
»Mach ich doch immer.«
Nachdem ich das Gespräch mit Susan beendet hatte, schob ich meinen Bürostuhl zurück und atmete tief durch. Ich war nervös und gereizt. Auf meinem Computer lief der Bildschirmschoner. Ich ließ den Absatz meines Schuhs auf die Leertaste fallen, und der Monitor leuchtete auf. Ich zog meinen Stuhl heran und öffnete die Datei, die ich über Nora angelegt hatte. Dann begann ich mich durch die Fotos von ihr zu klicken, die ich damals nach Connor Browns Beerdigung mit der Digitalkamera geschossen hatte.
Beim letzten hielt ich inne und studierte es eingehend.
Es war die Aufnahme, die sie im Gespräch mit Connors Schwester Elizabeth vor dem Haus zeigte. Nora war ganz in Schwarz gekleidet und trug dieselbe Sonnenbrille, die sie auch während unseres Picknicks aufgehabt hatte. Elizabeth sah fast so gut aus wie sie, nur dass sie eine kalifornische Blondine war – eine Architektin, sagten meine Unterlagen.
Ich beugte mich vor und sah mir das Foto ganz genau an. Oberflächlich betrachtet
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