Honeymoon
sehr zufrieden war. Aber ich war vollkommen schockiert, als ich hörte, dass er es mir vermacht hatte.«
Sie kam auf mich zu und schlang die Arme um meinen Hals. Wie immer duftete sie fantastisch und fühlte sich noch fantastischer an. »Genug jetzt von der Vergangenheit. Lass uns über die Zukunft reden – also darüber, was wir als Erstes tun wollen. Liebe oder Essen machen?«
»Hmm, schwierige Entscheidung«, sagte ich mit unbewegter Miene.
Sollte es natürlich nicht sein. Sie wusste es, und ich wusste es auch. Was sie nicht wusste, war, dass ich tatsächlich die Wahrheit sagte. Früher oder später musste mit dem Sex Schluss sein.
Du kannst nicht ewig so weitermachen, O'Hara. Es reicht!
Leichter gesagt als getan. Sie schmiegte sich an mich. Meine Gedanken rasten, die Versuchung war unerträglich.
»Das klingt jetzt vielleicht verrückt, aber ich habe seit heute früh nichts mehr gegessen«, sagte ich.
»Okay, es ist auch verrückt, aber gut, lass uns zuerst essen. Es gibt da nur ein klitzekleines Problem.«
»Was denn?«
Sie drehte sich um, und ich folgte ihrem Blick zum Herd. Er wurde mit Holz befeuert, und es war weit und breit kein Holz zu sehen. »Hinterm Haus ist ein Schuppen, ungefähr fünfzig Meter geradeaus. Wärst du so nett?«
Am Kleiderständer neben dem Eingang fand ich eine Taschenlampe. Ich nahm sie und machte mich auf den Weg zum Schuppen. Selbst mit der Lampe war es noch verdammt finster da draußen. Ich war nun wirklich nicht der Typ, der sich gleich in die Hosen machte, aber auf halbem Weg hörte ich plötzlich ein lautes Rascheln im Unterholz, und das war ganz bestimmt nicht Bambi.
Wo ist denn nun der verdammte Schuppen?
Was habe ich hier draußen eigentlich verloren?
Schließlich fand ich den Schuppen und lud mir genug Holzscheite für die ganze Nacht auf. Dann machte ich mich auf den Weg zurück zur Blockhütte. Wie ich bereits sagte – ein bisschen unheimlich war es schon. Ob es an dem alten Mann lag, den ich an der Tankstelle in der Stadt gesehen hatte? Ich weiß es nicht, jedenfalls musste ich plötzlich wieder an meinen Vater denken. Es ist nicht immer alles so, wie es scheint.
96
Ich kam mit meinem Arm voll Holz zurück und brachte das Herdfeuer in Gang. Dann fragte ich Nora, was ich sonst noch tun könne.
»Gar nichts«, antwortete sie und küsste mich auf die Wange. »Den Rest übernehme ich.«
Also überließ ich Nora in der kleinen Küche ihrem Schicksal und machte es mir auf dem Sofa im Wohnzimmer mit der einzigen dort vorhandenen Lektüre bequem, einer vier Jahre alten Nummer einer Jagd- und Angelzeitschrift. Ich war gerade mitten in einem tödlich langweiligen Artikel über das Lachsfischen bei Sheen Falls Lodge in Irland, als Nora rief: »Essen ist fertig!«
Ich ging zurück in die Küche und setzte mich an die gedeckte Tafel. Es gab in der Pfanne angebratene Jakobsmuscheln, Wildreis und einen Romana-Radicchio-Salat. Dazu eine Flasche Pinot Grigio. Ein Menü wie aus einem Gourmetmagazin.
Nora hob ihr Glas und brachte einen Trinkspruch aus. »Auf einen unvergesslichen Abend.«
»Auf einen unvergesslichen Abend«, echote ich.
Wir stießen an und begannen zu essen. Sie fragte mich, was ich gerade gelesen hätte, und ich erzählte ihr von dem Artikel über das Lachsfischen.
»Angelst du gerne?«, wollte sie wissen.
»Für mein Leben gern«, log ich. Eine recht harmlose Lüge, aber dann begann ich sie doch tatsächlich auszuschmücken. Das war irgendwie typisch für meine Beziehung zu Nora. »Ich sag dir, wenn du dann irgendwann diesen einen großen Fisch an Land ziehst, auf den du so lange gewartet hast – dann wirst du für alle Mühen entlohnt.«
»Wo angelst du am liebsten?«
»Hmmm. Hier in der Gegend gibt es ein paar ganz gute Seen und Flüsse. Aber mit den Inseln können die bei weitem nicht mithalten. Jamaika, St. Thomas, die Caymans. Ich nehme an, du bist schon mal dort gewesen?«
»Stimmt. Ich war sogar vor kurzem erst auf den Caymans«
»Urlaub?«
»Nein, ich hatte da geschäftlich zu tun.«
»Ach?«
»Ich habe dort für irgend so einen Finanzmenschen ein Strandhaus eingerichtet. Fantastische Hütte, direkt am Wasser.«
»Interessant«, sagte ich und nickte. Ich nahm noch eine Gabel voll Muscheln. »Übrigens, es schmeckt einfach köstlich«
»Das freut mich.« Sie streckte die Hand aus und legte sie auf meine. »Also, macht es dir doch ein bisschen Spaß?«
»Ja, klar.«
»Gut. Ich habe mir nämlich schon ein bisschen Sorgen gemacht –
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