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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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erhalten blieben. Und Rohkost beuge den üblichen
Zivilisationskrankheiten vor. »Denk doch nur mal an die Hunzukuc im Hindukusch
oder die Matyodi in Afrika«, klärte sie ihn auf.
    »Ja, ja – an die denke ich fast täglich«, gab Hummel zurück. Diesem
Überfreundlichen, dieser Milde des Besserwissenden konnte man nur mit Ironie
begegnen.
    Andererseits: Wenn er hier etwas zu essen und noch ein paar
Auskünfte haben wollte, sollte er vielleicht doch einen Gang zurückschalten.
Ziemlich sicher war hier ohnehin eine ironiefreie Zone. »Wie wäre es denn mit
Carpaccio?«, erkundigte er sich. »Ist doch auch roh – aber immerhin Fleisch.«
    »Wer Fleisch isst, nimmt schlechtes Karma in sich auf«, widersprach
die Bedienung immer noch sanft. »Lucidus sagt: Das Gebot der Gewaltlosigkeit
gilt gegenüber allen Mitgeschöpfen.«
    Hubertus fühlte sich stark an die Pergel-Bülows erinnert.
    »Ein kluger Mann, dieser Lucidus«, stimmte Hummel ergeben zu, hielt
sich an den Käse und bestellte »den größten Teller, den ihr davon habt«. Er
beschloss, auf das demonstrative »Sie« zu verzichten. Vielleicht kam man so
leichter an Informationen.
    Die Bedienung schenkte ihm ein noch netteres Lächeln, sagte »Lucidus
ist der Erleuchtete: Du musst dich unbedingt draußen genauer über ihn
informieren« und verschwand.
    Als sie mit einem zugegebenermaßen ebenso großen wie fein
aussehenden Käseteller und einer Salatbeilage zurückkam, ging Hubertus zum
Angriff über: »Ich wollte meine Frau besuchen: Elke. Elke Hummel.«
    »Bei uns zählt der frühere Name nicht: Lucidus schenkt uns einen
neuen«, strahlte sie. »Ich bin Andromeda.«
    »Freut mich«, nickte Hummel. »Hubertus. Einen Namen von Lucidus habe
ich leider nicht.«
    »Vielleicht bald«, strahlte Andromeda weiter.
    Hubertus nickte. Ja, das fehlte ihm gerade noch. »Meine Frau ist
    Mitte 40, brünette Haare, eher zierlich. Sie müsste
seit vier Tagen hier sein.«
    Jetzt nickte Andromeda. »Ah – die karmische Verbindung von Brindur.«
    Hubertus haute mit der Faust auf den Tisch, dass die Käseplatte
hüpfte und die anderen Gäste sich umschauten: »Ja verdammt! Genau die«, zischte
er dann.
    Andromeda sah ihn überrascht, dann durchdringend an und beugte sich
zu ihm, sodass ihre regenbogenfarbene Kette nach vorne fiel: »Du musst zu dir
selbst finden.«
    Eigentlich wäre dies Grund genug für einen neuerlichen
Tobsuchtsanfall gewesen. Doch Hubertus hielt sich gut. Er nickte: »Natürlich.
Ich werde mich gleich draußen informieren.«
    Dann machte er sich über die Käseplatte her und fragte mit
halbvollem Mund: »Wie komme ich denn jetzt zu meiner Frau?«
    »Unsere neuen Brüder und Schwestern benötigen meist erst einmal
einige Tage der völligen Konzentration und Meditation«, meinte sie.
    Er aß rasch, nahm sich aber dennoch die Zeit für einen aus Beeren
bestehenden Nachtisch und zahlte dann einen erstaunlich günstigen Preis.
    Durch ein Fenster des Restaurants konnte er mehrere Gebäude sehen.
Sie bildeten den Auftakt zu einem fast herrschaftlich anmutenden Anwesen.
    Hinter dem Haus war schemenhaft ein beeindruckender Park zu
erkennen, in dem sich mehrere Weißgekleidete tummelten. Das Ganze wirkte so
herausgeputzt wie in den besten Kurorten.
    Freien Zutritt hatte man dorthin aber nicht. Es war der
Privatbereich der Sonnenkinder, wie Andromeda ihn aufklärte. Die einzige
Möglichkeit, dorthin zu kommen, schien die Pforte zu sein.
    Der weiß gekleidete Portier erklärte Hummel mit gütiger Miene
ebenfalls, dass die neuen Mitglieder zunächst einmal Ruhe bräuchten. Hubertus’
Einwand, dass seine Tochter und ebenso sein Enkel da drin zu Besuch seien,
überzeugte den Mann nicht. »Das ist dann aber mit dem Erleuchteten
abgesprochen. In deinem Fall auch?«
    Hubertus ging auf die Frage gar nicht ein. Er wurde allmählich
sauer: »Ist das hier eine Art Gefängnis?«, sagte er.
    Der Mann, etwa einen halben Kopf größer als Hummel, wenngleich auch
deutlich schlaksiger, ließ sich nicht provozieren. »Im Gegenteil. Wir führen
zur Freiheit hin.«
    Hubertus schaute betont skeptisch. »Was dagegen, wenn ich hier auf
meine Tochter und meinen Enkel warte?« Irgendwann mussten sie ja wieder
herauskommen.
    Der Aufseher deutete auf eine weiße Bank, über der ein Porträt von
Lucidus zu sehen war. Die Konturen waren so weich und sein Lächeln so verklärt,
dass es ihn an ein Heiligenbild erinnerte. Auf dem weißen Tisch lagen jede
Menge Materialien der Sekte, vom Heft bis zum

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