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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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darin anlernte, war noch
nicht so weit.
    Doch verstanden seine Brüder und Schwestern ihn auch wirklich?
Konnten sie seine gelegentlichen Zweifel an der Lehre der »Kinder der Sonne«
nachvollziehen?
    Zu Lucidus, dem Oberhaupt ihrer religiösen Gemeinschaft, hatte er
ein zunehmend distanziertes Verhältnis. Auch ihn liebte er in gewisser
Hinsicht. Und er war überzeugt, dass dieser nur das Beste wollte. Aber war das
Beste wirklich auch etwas Gutes?
    Mellitus befand sich mitten in einer Glaubenskrise. Vor ein paar
Jahren hatte er Lucidus noch bedingungslos verehrt. Aber mittlerweile …
    Doch darüber wollte er jetzt nicht nachdenken. Er nahm den
amerikanischen Stockmeißel zur Hand. Ein flaches, rötlich schimmerndes Stück
Metall, das an einem Ende um 90 Grad gebogen war.
Es wirkte fast wie ein länglicher Schmetterling, dessen Flügel mit
messerscharfen Kanten versehen waren. Vorsichtig begann er mit diesem, den
nächsten Rahmen mit Bienenwaben herauszulösen. Die dunkle Farbe der Waben
verriet, dass sich darunter ein erstklassiger Honig verbarg. Er legte den
Stockmeißel beiseite, griff zur Entdeckelungsgabel und machte sich daran, die
Zellen zu öffnen. Behutsam, ja fast liebevoll widmete er sich jeder einzelnen
Wabe und schabte das Bienenwachs in einen großen Behälter, der in einer weiß
gekachelten Ecke des Imkerhäuschens stand. Das dauerte einige Minuten, wenn man
es wirklich vorsichtig anstellte. Dann legte er die Gabel beiseite, nahm den
Rahmen und stellte ihn in die elektrische Schleuder. Ein Honigbehälter wartete
bereits auf die Ernte.
    Als Mellitus sich umdrehte, um sich den nächsten Bienenwaben zu
widmen, sah er gerade noch die scharfe Klinge des Stockmeißels, die sich seinem
Körper unaufhaltsam näherte.
    Einen Sekundenbruchteil später bohrte sich der Gegenstand bereits so
tief in seinen Körper, dass er kraftlos zu Boden sank. Mellitus’ Kopf schlug
auf den weißen Fliesen auf. Seine letzten Gedanken auf dem den EU -Hygienevorschriften genügenden Boden galten Lucidus, seinen
Bienenvölkern und dem edlen Weißtannenhonig, dessen Geschmack er noch auf der
Zunge hatte.

6. »Speckveschper«
    Klaus Riesle hatte zu seinem Polizeifunkgerät ein ganz
besonderes Verhältnis. Er nahm es fast überallhin mit, und ihre Beziehung
währte schon länger als zu jeder Frau in seinem bisherigen Leben. Ob er im Auto
unterwegs war oder in seiner schmucklosen Einzimmerwohnung in dem noch
schmuckloseren Villinger Neubaugebiet: Riesle hatte den eckigen, kleinen
Apparat immer bei sich. Das nervte seine Mitmenschen mitunter.
    Immerhin: Die Polizeiberichterstattung des »Schwarzwälder Kurier«
war stets vollständig. So vollständig, dass der für die Öffentlichkeitsarbeit
zuständige Polizeibeamte, kurz Ö genannt, auf der
Hut war. Vor allem, wenn Meldungen in der Zeitung standen, die er eigentlich
noch gar nicht herausgegeben hatte. Er ahnte den Grund und nahm sich vor, das
Ding bald möglichst zu finden und zu konfiszieren. Zu dumm, dass Deutschland
neben Albanien das einzige Land Europas war, in dem der Polizeifunk immer noch
nicht auf digital umgestellt war. Sobald das der Fall war, würden die
Möglichkeiten des Journalisten Riesle drastisch beschnitten sein.
    Dieser fuhr gerade von der Redaktion nach Hause, als eine Leiche auf
dem Großbiberbacher Sonnenhof vermeldet wurde. »Friedrich 531
für Friedrich 5187, bitte kommen«, verlangte eine
männliche Stimme im Funk. Riesle wusste Bescheid. Eine Streifenbesatzung
versuchte gerade, mit dem Villinger Polizeirevier Kontakt aufzunehmen. »Hier 531, 5187 bitte sprechen.« Die
Beamten sprachen, und zwar von einem »nicht natürlichen Todesfall«. Die Person
sei durch »spitze Gewalt« zu Tode gekommen. Man solle die Kripo
benachrichtigen. »Ende mit 531.« Mehr gaben sie zu
Riesles Leidwesen nicht preis.
    Er reagierte schnell: Redaktionsschluss war um 0 Uhr, also erst in drei Stunden. Geschätzte Fahrzeit zum Sonnenhof: etwa 40 Minuten. Ein Fall für seinen Laptop. Er schwor schon
mal via Handy den Chef vom Dienst auf eine »Wahnsinns-Story« ein.
    Riesle beschloss, sich dieser gemeinsam mit seinem Kumpel Hummel zu
widmen. Zum Glück war er gerade auf Höhe der Südstadt. Er raste vor das Haus
des Freundes und ließ die Autotür offen, sodass das Polizeifunkgerät fast wie
ein Megafon die Straße beschallte. Eigentlich wäre es gar nicht mehr nötig
gewesen, die Klingel zu drücken.
    »Sag mal, bist du irrsinnig?«, waren Hubertus’ erste
Worte. »Stell

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