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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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gesehen?«
    Der Wirt schien mit sich zu ringen.
    Winterhalter war schon einen Schritt weiter: »Hören Sie, wenn Ihnen
für einen Teil der potenziellen Tatzeit ein Alibi fehlt, dann möchte ich auch
Sie fragen, ob Sie etwas gegen eine freiwillige DNA -Probe
einzuwenden hätten?«
    Nun schien der Wirt ausgerungen zu haben. »Ich hab’ diesen Mellitus
e’ paar Stunde’ vor seinem Tod no’ g’sehe’.«
    »Aha. Und wo?«
    Winterhalter war bass erstaunt, als er von Mellitus’ Beichte hörte.
»Ha, dann sollt mer aber sofort de’ Herr Pfarrer frage’ …«
    Blieb nur das Problem, wie mit den beiden weiteren Zeugen zu
verfahren war, von denen einer schon im Büro des Bürgermeisters wartete, wie
der Dorfpolizist diensteifrig vermeldete.
    Winterhalter überlegte: Sollte er den einheimischen Beamten hier die
weiteren Befragungen durchführen lassen und selbst zum Pfarrer fahren? Oder war
der gute Mann befangen, weil er die Leute hier so gut kannte? Vielleicht doch
ein ganz anderes Soko-Mitglied? Auswahl gab’s eigentlich genug. Einige Kollegen
rauchten stundenlang vor dem Rathaus und schienen nur darauf zu warten, dass
man sie endlich benötigte. Dafür waren manche Spuren doppelt abgeglichen
worden. Winterhalter hatte den Eindruck, dass die Struktur in der Soko
suboptimal war.
    Er kam zum Schluss, das hier lieber alleine zu Ende zu bringen. Der
Pfarrer würde ja wohl kaum weglaufen.
    »Herr Kommissar Winterhalter?«, kam die Sekretärin auf ihn zu. »Sie
werden am Telefon verlangt.« Er tappte ihr ins Vorzimmer hinterher. Thomsen
wollte wissen, was es Neues gab. Winterhalter rapportierte brav.
    »Der Tote war zuvor beim Pfarrer?«, staunte auch Thomsen nicht
schlecht. »Dann nehme ich mir den vor. Ich bin ohnehin auf dem Weg zu Ihnen.«
    »Jo, gut, Chef«, sagte Winterhalter unbegeistert. »Aber, wenn der
wirklich da gebeichtet hat – Sie wissen, was ein Beichtgeheimnis ist?«
    »Ersparen Sie mir Ratschläge, und vernehmen Sie die beiden weiteren
Zeugen«, befahl Thomsen, der wie immer, wenn er nicht ganz sattelfest war, auf
seine Autorität pochte.

16. Im Beichtstuhl
    Die Kirche von Großbiberbach war nicht zu übersehen.
Majestätisch wachte sie über das Dorf und vermittelte das katholische
Selbstbewusstsein, dass hier seit vielen Jahrhunderten ausschließlich der eine
Glaube zählte. Die beiden barocken Türmchen waren nicht sehr hoch, dennoch fand
sich im Ort kein Gebäude, das es in dieser Hinsicht mit dem Gotteshaus hätte
aufnehmen können.
    Vielleicht würde der geplante Mobilfunkmast höher werden, überlegte
Thomsen. Schon das dürfte dem Pfarrer nicht gefallen.
    Obwohl Kirchen außerhalb der Gottesdienste doch eigentlich Oasen der
Stille waren, fühlte sich Thomsen von ihnen keineswegs angezogen. Sie rochen
für ihn nach vorgestern. Der in Villingen omnipräsente Dekan des Münsters hatte
ihm im vergangenen Dezember großzügig versichert, er freue sich auch, wenn ein
»norddeutscher Protestant« einen seiner Weihnachtsgottesdienste besuche.
Thomsen hatte freundlich genickt, war aber natürlich nicht hingegangen. Er
hatte ohnehin verschwiegen, dass er gar nicht getauft war.
    Der Rasen vor der dem heiligen Benedikt geweihten Kirche war schön
grün und frisch gemäht. Einen Parkplatz fand der Soko-Chef ohne Probleme. Die
große Glocke schlug gerade einmal, und die Sonne brannte heiß auf den Asphalt
des Kirchplatzes.
    Wenigstens das war ein Vorteil von Kirchen, dachte sich Thomsen.
Wenn er sich richtig erinnerte, war es dort drinnen stets angenehm kühl, was an
einem solchen Sommertag sehr gelegen kam.
    »Beichte: Mo 15–16, Mi 13–14 Uhr«,
informierte ein mit einer Kordel befestigtes Schild an der schweren braunen
Kirchenpforte.
    Thomsen schaute auf seine Uhr. Kurz nach eins – daher die Glocke.
Der Pfarrer war also gerade bereit zum Beichtgespräch.
    Mit großer Anstrengung öffnete er einen der beiden schweren Türflügel.
Beichtete heutzutage wirklich noch jemand? War das nicht ein Relikt aus dem
Mittelalter?
    Er betrat das Halbdunkel der Kirche und musterte das mächtige, aus
Stein gemeißelte Weihwasserbecken mit einem skeptischen Blick. Seine Hände mit
diesem bakterienverseuchten Wasser zu benetzen – ein Unding.
    Vorne sah er den Altar, auf der rechten Seite ein größeres
schrankartiges Möbelstück, vor dem drei ältere Frauen saßen. Zwei von ihnen
knieten und murmelten irgendetwas vor sich hin. Ihre Hände waren gefaltet.
    Unschlüssig nahm Thomsen ein paar Reihen hinter den

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