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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Letzterem mehr Respekt verschaffen.
    »Herr Bürgermeister«, begann er deshalb in dessen Dienstzimmer mit
gespitzter Zunge, um allzu viele Sch-Laute zu vermeiden. »Was halten Sie von
diesen ›Kindern der Sonne‹?«
    »Nun ja …« Der Bürgermeister suchte erkennbar nach den richtigen
Worten – und versuchte genau wie Winterhalter, den Dialekt zu vermeiden, obwohl
sie sich wahrscheinlich auch im breitesten Schwarzwälderisch hätten miteinander
verständigen können.
    »Sie stören den Ortsfrieden.« Ja, dachte der Bürgermeister, das
hatte er gut gesagt.
    »Warum?«
    Diesmal musste er noch länger überlegen. »Dadurch, dass sie negative
Werbung für unsere Gemeinde machen. Und wissen Sie, was das Beste ist?«
    Winterhalter wusste es nicht.
    »Die haben neulich angekündigt, eine Liste für die Kommunalwahl
nächstes Jahr aufzustellen. Schließlich seien sie auch Bürger dieses Ortes.
Die!« Offenbar hätte er ihnen das Bürgerrecht gerne entzogen.
    »Die halten sich für besonders fortschrittlich mit ihrer
Pseudo-Religion, haben aber keinerlei Verständnis für mich und meine
Bevölkerung.«
    Seine Bevölkerung. Das war nicht schlecht.
    »Jetzt mal ganz konkret, Herr Bürgermeister. Es gibt Knatsch wegen
des Mobilfunks, oder?«
    »Auch«, räumte der ein. »Sie wissen ja vielleicht mittlerweile
selbst, wie mäßig hier die Verbindungen sind. Wir sitzen in einem schönen
Hochtal. Allerdings im Hochtal der Empfangslosen. Zur Attraktivität eines Ortes
gehört heutzutage nun mal auch ein funktionierendes Mobilfunknetz. Übrigens hat
ein durchaus kritischer Fachmann die Unbedenklichkeit des geplanten Standortes
erst jüngst in einer Bürgerversammlung bestätigt.«
    »Aber das Dorf ist gespalten, oder? Und dieser geplante Mast soll in
der Nähe des Sonnenhofes stehen?«
    »Ja, aber nicht, um diese Sektenleute zu ärgern, sondern weil es der
beste Platz ist.«
    »Ach, noch etwas, Herr Bürgermeister: Wo waren Sie vorgestern Abend
    zwischen 17 und 19 Uhr 30?«
    »Wie meinen Sie denn das?«
    »Ein Alibi«, sagte Winterhalter genüsslich, während dem örtlichen
Polizisten fast die Dienstmütze vom Kopf rutschte. »Ein Alibi zur Tatzeit.
Haben Sie eines?«
    »Ist das Ihr Ernst? Sie meinen also wirklich …«
    »Und wenn wir schon dabei sind«, setzte Winterhalter noch einen
drauf, »wären Sie auch zu einem DNA -Test bereit?«
    Der Bürgermeister schwieg perplex.
    Es hatte gutgetan, diesen selbstgefälligen Menschen, der von »seiner
Bevölkerung« sprach, etwas vom hohen Ross herunterzuholen, dachte sich
Winterhalter. Der erinnerte ihn nämlich an den einen oder anderen
Hochwohlgeboren aus seinem eigenen Dorf.
    Na, ja, vielleicht war der nächste potenzielle Verdächtige
sympathischer. Er wartete schon einige Minuten vor dem Ratssaal, wo die
Kollegen von der Soko eifrig telefonierten, protokollierten, recherchierten.
    Rosafarbenes Gesicht, üppige Figur und eine Küchenschürze um: das
musste der Wirt sein. Er hatte schlechte Laune, die seinen Bluthochdruck noch
verstärkte. »Isch Ihne’ klar, dass ich jetzt eigentlich in meiner Küch’ stehe’
müsst’?«, fluchte er. »Wer zahlt mir de’ Verdienschtausfall?«
    »Ich nicht«, bemerkte Winterhalter trocken und weiter auf
Hochdeutsch. »Es geht hier um einen Mord. Aber lassen Sie uns zur Sache kommen:
Sie haben ein Problem mit der Sekte?«
    »Wer sagt des?«, fragte der Wirt aufmüpfig.
    »Der Sektenchef«, parierte Winterhalter unter Verzicht auf jegliche
Diskretion.
    »Die sind doch gege’ alles und jeden. Gege’ Fleisch …«
    »Verstehe. Das Rohkost-Restaurant nimmt Ihnen Kunden weg …«
    Der Wirt nickte, fügte aber hinzu: »Aber au sonscht. Was mer da
alles hört: Da muss ja jeder mit jedem …«
    »Ja, wirklich?« Winterhalter dachte kurz an Elke Hummel. Dann setzte
er die Befragung fort: »Was halten Sie eigentlich von dieser
Mobilfunk-Debatte?«
    »Vo’ dene Sekte’vögel geht e’ größere G’fahr aus als vo’ de’
Handystrahle’.«
    »Letzte Frage: Wo waren Sie am Tatabend zwischen 17 und 19 Uhr 30?«
    »In de’ Linde«, sagte der Wirt.
    »Zeugen?«
    »Gege’ dreiviertelsechs isch die Bedienung komme’, die Gerlinde.
    Weil um 18 Uhr habe mer ja aufg’macht.«
    »Und davor?«
    »Hab ich Kischte g’schleppt, e’ neue Speisekart’ g’schriebe’ und e’
paar andere Sache vorbereitet.«
    »Allein?«
    Der Wirt nickte.
    »Kannten Sie denn das Opfer?«
    »So vom Sehe’.«
    »Vom Sehe’. Und wann haben Sie ihn das letzte Mal

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