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Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Titel: Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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vermied es, Pausen zu machen, wenn er schlafen musste. Und während er gleichmäßig die Wellen durchpflügte, zog er die Angelleinen hinter sich her, die ihn mit Fisch versorgten. Den aß er roh. Trinkwasser destillierte er am Tag, nachts sammelte er frischen Tau, und um die vom Sitzen steifen Glieder geschmeidig zu halten oder zu dehnen, knotete er die Taue des Segels an den Bug, nahm ein anderes Seil, sprang mit ihm ins Wasser und surfte auf nackten Sohlen hinter dem Drachenboot her. Oder er tauchte ins Meer, ließ sich so ziehen und schwebte zusammen mit Walen, Schildkröten oder Thunfischschwärmen durch ein endloses Blau. Er genoss die Gegenwart von Delfinen, die ihn vor riesigen Haien schützten. Er sah blutigen Kämpfen zu: Kraken, die Jagd auf Pottwale machten, Orkas, die weiße Haie fraßen. Er fand schlafende Buckelwale, die im Golfstrom träumten, und erreichte nach zwei Wochen die Insel vor der irischen Küste, die sein Ziel gewesen war: Rum Bottle Bottom.
    Doch dort herrschte wie an allen Tagen des Jahres ein wilder Sturm. Die Brandung donnerte gegen die Insel. Haushohe Wellen warfen Jos Drachenboot in die Luft, schüttelten den Jungen aus ihm heraus und schleuderten ihn dann auf die Insel. Jo schrie vor Schmerz auf, als er gegen die Klippen prallte. Er spürte das Bersten der Rippen und wie sein Oberschenkel wie ein Streichholz zerbrach. Dann schlug er mit dem Hinterkopf auf den steinigen Grund, verlor das Bewusstsein und der Rest verlor sich in Dunkelheit.
    Er schluckte Wasser und glaubte fast schon, ertrinken zu müssen. Da wurde er auf einen Felsen gespült und dort blieb er liegen. Es war, als schwebte er über sich. Er sah, wie die Giermaden näher kamen. Die milchigen Würmer mit den knallroten Köpfen teilten sich, wie Bakterien sich teilen, und krochen auf sein verletztes Bein. Sein Bein und die Rippen. Sie gierten nach Blut und er konnte sich nicht gegen ihre Übermacht wehren. Er war wie gelähmt. Da sah er die Flederkatzen, die die Maden zerfleischten, und diese merkwürdigen Tiere zerrten ihn danach in den Berg. Die spitzen Steine schnitten tiefe Wunden in seine Haut. Kiesel schürften den Rücken auf, die Ellenbogen, die Stirn und die linke Wange. Jo hörte sich stöhnen und vor Schmerzen schreien. Doch er spürte nichts und dann wurde es wieder dunkel. Es wurde still, ja, und als er endlich in sich zurückkehren durfte, als ihm bewusst wurde, dass er nicht gestorben war, hörte er ihre lallende Stimme.
    »Ich weiß, wer du bist, also binde mir keinen Bären auf. Erzähl mir nicht, dass du mit Absicht hier bist, und wage es nicht, mich zu belügen. Sonst schick ich die Mau-Maus sofort nach draußen und lass die rotköpfigen Bakten rein.«
    Ein Streichholz flammte in der Dunkelheit auf. Sein Licht stach Jo die Augen aus. Es machte ihn blind. Doch als die Hexe zum dritten Mal genüsslich an der Zigarette zog, erkannte er im schwachen Schein der glimmenden Tabakspitze ihr von der Giermadenpisse entstelltes Gesicht.
    »Wie du siehst, durchlebe ich gerade eine madige Phase.« Sie lachte über das Wortspiel, das nicht beabsichtigt war. »Ja, sie sind wieder da. Ich meine, die Maden. Und deshalb ist meine Laune eher bekackt als beschissen. Ich bin launisch, jähzornig, unberechenbar und dazu noch betrunken. Ich bin nicht Herr meiner Sinne, das heißt, ich habe kein Gewissen. Ich versinke im Selbstmitleid und denke nur noch an grausame Rache. Also, sag seinen Namen und ich schlage dich tot. Sag, dass du wegen Will gekommen bist, und ich reiße dir die Zunge raus. Komm schon, schieß los. Tu mir den Gefallen, damit ich dich endlich loswerden kann.«
    Sie zog genüsslich an der Zigarette und blitzte ihn an, doch wie durch ein Wunder wurde sie dabei wieder jung. Jünger und schöner.
    »Siehst du, wie gut mir die Gehässigkeit tut. Nein, sie tut dir gut. Denn was du hier siehst, ist das, was du willst, wonach du dich sehnst.«
    Sie stand schwerfällig auf, torkelte zu ihm, fiel und schlug neben ihm auf den Boden.
    »O Shit!«, fluchte sie. »War das jetzt deine Rache? Hast du dir gewünscht, dass ich mir die Nase prelle, weil ich dich so ehrlich empfange habe?«
    »Nein, du bist nur besoffen!«, sagte Jo böse und schrie dann vor Schmerz auf, als sie sich auf seine Rippen legte.
    »Oh, das tut mir so leid. Die sind ja gebrochen.« Sie grinste ihn an. »Aber das hab ich gewusst, und Freunde von Will, das hab ich beschlossen, sind ab jetzt meine Feinde.«
    Sie stützte sich auf seinen Rippen auf, trank

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