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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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zögerte vor dem geräumigen, behaglich aussehenden Nest, das sich auf dem größten Baum im Herzland des Clans vom Hellen Wasser in die höchsten Äste schmiegte, und tief in seinem Innersten erkannte ein sehr junges Kätzchen, dass es seiner eigenen Dreistigkeit am liebsten abgeschworen, sich umgedreht und nach Hause aufgemacht hätte. Doch das Zaudern währte nur kurz. Er war schon viel zu weit gekommen, um nun noch aufzugeben. Er riss sich zusammen und trat zum Eingang des Nestes. Dort blieb er noch einmal stehen und klopfte mit der Echthand respektvoll an das hohle Holzrohr, das neben der Öffnung hing. Generationen von Krallen hatten das Rohr gezeichnet, und unzählige Zusammenstöße mit dem Baumstamm hatten eine Vertiefung in die zähe Rinde des Pfostenholzes gedrückt. Scharfe Ohren aber vermochten mühelos den widerhallenden, klaren Ton zu hören, den es beim Schlag gegen den Stamm von sich gab.
    Im ersten Augenblick glaubte der Jüngling, die Ohren derjenigen, die er aufsuchte, hätten ihre Schärfe schon verloren, denn er bekam keine Antwort. Dann aber ergriff eine Geistesstimme das Wort, und er stellte erstaunt die Ohren auf, als sie ihn grollend durchdrang.
    Also bist du angekommen, junger Traum-Sucher. Ich hatte dich früher erwartet.
    Traum-Sucher – der Baum-Tänzer geheißen hatte, bevor die oberste Sagen-Künderin seines Clans ihn nach seinem jüngsten aggressiven Auftritt vor den Ältesten umbenannte – hockte sich hin und saß reglos da. Er schmeckte den Ernst und das tolerante, amüsierte Lächeln im Geistesleuchten hinter der unglaublich volltönenden, vor Leben sprühenden Geistesstimme. Seit er denken konnte, galt Singt-wahrhaftig als mächtigste und begabteste Sagenkünderin der ganzen Welt. Tatsächlich zählte sie zu den drei oder vier mächtigsten Sagenkünderinnen in den Tausenden von Spannen, an welche die Leute sich erinnerten. Er war sich dessen bewusst gewesen, hatte ihr jedoch bislang noch nicht gegenübergestanden; nun aber durchflossen ihn Kraft und Schönheit ihrer Geistesstimme wie Juwelenklingeln. Die Stimme war so klar wie unbewegtes Wasser, und doch fand sich darin die immense, vereinte Macht jeder einzelnen Geistesstimme, die Singt-wahrhaftig je berührt und weitergegeben hatte, als sie das Gedenken der Leute ins Netz der Zeit einflocht. Sie alle lebten darin, klangen im Timbre ihrer Geistesstimme wie die Glocken und Zimbeln der Zwei-Beine. Traum-Sucher musste all seinen Mut zusammennehmen, um ihr endlich zu antworten.
    Jawohl, o Sagen-Künderin , antwortete er. Ich bin gekommen. Bitte verzeih, dass meine Reise länger dauerte, als du annahmst. Sie war weit, aber ich kam in aller Eile.
    Allerdings. Singt-wahrhaftig verströmte gutmütigen Spott. Nachdem Sang-Weberin mich vor dir und deinem Begehr warnte, rechnete ich fest damit, dass du mit Blitz und Donner einträfst wie ein Himmelswagen der Menschen. Zumindest hatte ich erwartet, dass dein Fell vom rasenden Tempo deiner Reise ein wenig angesengt wäre!
    Traum-Sucher zuckte peinlich berührt mit den Ohren und fühlte sich umso befangener, weil er wusste, dass Singt-wahrhaftig es spüren konnte: Er schmeckte die zunehmende Belustigung, mit der sie reagierte. Gleichzeitig aber spürte er Ermunterung und aufrichtiges Willkommen von ihr.
    Wenn ich ein Himmels-Ei der Zwei-Beine hätte, so hätte ich es benutzt, o Sagen-Künderin , gab er nach kurzem Überlegen zu. Aber ich hatte nur meine Beine und meinen Schweif. Allerdings glaube ich, mir meinen Schweif auf dem letzten Stück tatsächlich ein wenig angesengt zu haben, als ich den ebenen Wald hinter den Bergen durchquerte.
    Gewiss. Nun, komm herein, Junges. Du kommst von sehr weit her und verdienst es nicht, draußen vor meinem Nest zu sitzen und vom Regen durchnässt zu werden.
    Ich danke dir, o Sagen-Künderin , antwortete er mit allem Ernst, den sie für ihre Freundlichkeit verdiente, entrollte seinen geschmeidigen Körper und betrat das dicht geflochtene Nest.
    Die meisten Leute bevorzugten enge Nester, die wenig größer waren, als ihre doppelte Körperlänge betrug, und dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen war es in kleinen Nestern während der kalten Tage beträchtlich wärmer. Zum anderen waren die Erwachsenen für den Zustand ihrer Nester allein verantwortlich, und je kleiner das Dach, desto leichter ließ sich das Flechtwerk in Ordnung halten. Paare vergrößerten oft ihre Nester, besonders wenn sie Junge unterzubringen hatten, doch auch sie kehrten sobald wie

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