Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
der gleichen erlauchten Kategorie gelandet wäre, würde ich mich in eurer Gesellschaft vermutlich minderwertig fühlen.«
»Ganz bestimmt«, entgegnete Honor trocken, blickte aber nach wie vor ihre Mutter mit aufgerissenem Auge an, während sie über die Bedeutung dessen nachdachte, was sie soeben erfahren hatte – besonders über die unerwünschte hohe Aggressivität.
»Auf jeden Fall«, fuhr Allison lebhafter fort, »vermute ich nun, dass der IQ-Enhancer sowohl bei den Harringtons als auch bei den Wintons eine andere unbeabsichtigte Folge nach sich gezogen hat. Worin auch immer diese besteht: Ihr seid, als Gruppe gesehen, für die Baumkatzen attraktiver als andere Menschen. Wir wissen, dass die Katzen Empathen sind, und deshalb vermute ich, dass euer IQ-Enhancer euch für die Katzen auffälliger oder meinetwegen schmackhafter macht. Als wäre eure emotionale Aura stärker oder irgendwie ausgeprägter. Möglicherweise ist sie auch stabiler.« Sie zuckte mit den Schultern. »Besser kann ich es nicht erklären, denn ich ziele mit verbundenen Augen. Auf diesem Gebiet existiert überhaupt kein Datenbestand, soviel ich weiß, und wir können nichts erklären oder auch nur definieren. Mir kommt es vor, als sollte ich beschreiben, wie ein Geräusch schmeckt oder eine Farbe sich anfühlt.
In den letzten Jahren bin ich zu der Ansicht gelangt, dass auch die Veränderung, die dein Link zu Nimitz durchmacht, mit den Meyerdahl-Beta-Modifikationen zusammenhängt. Was auch immer alle Harringtons für die Katzen so viel attraktiver macht, in dir tritt es am deutlichsten hervor. Vielleicht besitzt auch Nimitz ganz besondere Fähigkeiten. Zum ersten Mal in der gemeinsamen Geschichte von Menschen und Baumkatzen scheint es jedenfalls gelungen zu sein, eine echte Zweiwegverbindung aufzubauen. Zumindest glaube ich, dass es das erste Mal ist. Selbst wenn es bei dir auf die Meyerdahl-Beta-Modifikation zurückzuführen ist, besteht immer die Möglichkeit, dass der eine oder andere völlig unmodifizierte Mensch die gleiche Fähigkeit entwickelt hat. Aber für Nimitz und dich existiert sie definitiv«, sagte sie leise, »und mein Gott, wie ich dich darum beneide.«
Die Augen hinter der Sonnenbrille verborgen, starrte sie eine Weile in jene Tiefen von Raum, Zeit und Fantasie, die nur sie sehen konnte. Schließlich riss sie sich zusammen.
»Ich beneide dich«, wiederholte sie gleichmütiger, »aber verrate mir eins: Gehe ich auch recht in der Annahme, dass dein Link zu Nimitz von dem Schaden unberührt geblieben ist, der ihn daran hindert, zu Samantha zu ›sprechen‹?«
»Das glaube ich schon«, sagte Honor vorsichtig.
»Und du spürst wirklich nur Gefühle?«, fragte Allison eindringlich. »Worauf ich hinaus will: Könnt ihr euch mehr als Empfindungen oder allgemeine Eindrücke übermitteln?«
»Ja, das können wir«, gab Honor leise zu. »Was immer geschieht, es ist im Umbruch begriffen, und wir scheinen in Momenten mit hohem Stress die größten Fortschritte zu erzielen.« Sie grinste freudlos. »Wenn Stress also ein Faktor ist, der die Entwicklung beschleunigt, dann ist es kein Wunder, dass wir in den letzten zehn, zwölf Jahren so weit gekommen sind!«
»Ich würde sagen, das war gerade eine zwei- oder dreitausendprozentige Untertreibung«, entgegnete Allison ironisch.
»Mindestens«, stimmte Honor ihr zu. »Ich wollte damit sagen: Unsere Verständigung begann mit einfachen, groben Gefühlen, aber wir scheinen gelernt zu haben, diese Gefühle als Träger von komplizierteren Aussagen zu benutzen. Wir sind noch immer entsetzlich weit von den Ausdrucksmöglichkeiten entfernt, die zwo Katzen haben. Das weiß ich, weil ich Untertöne mitbekomme, wenn Nimitz sich mit einer anderen Katz unterhält. Das konnte ich wenigstens«, fügte sie bitter hinzu, »bevor dieser Hundesohn ihn verkrüppelt hat.«
Sie atmete tief durch, straffte die Schultern und widmete sich weiter der Frage, die ihre Mutter ihr gestellt hatte.
»Was wir uns neben den Emotionen am deutlichsten vermitteln können, sind geistige Bilder. Daran arbeiten wir noch und machen gute Fortschritte. Echte Wörter lassen sich wohl wirklich nicht übermitteln, aber Bilder schon, und wir können immer besser interpretieren, was der andere mit den Bildern sagen möchte.«
»Aha! Genau das wollte ich hören – glaube ich wenigstens!«, rief Allison aus und krauste die Nase, als Honor erneut den Kopf neigte. »Tschuldigung. Ich wollte nicht geheimnisvoll klingen. Ich will
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